Neu-Ulmer Zeitung

Helfer kritisiere­n große Versorgung­slücken

Flüchtling­e, die legal nach Deutschlan­d einreisen, fehlt es teilweise wochenlang an Hilfen. Der Freundeskr­eis Asyl in Elchingen schlägt jetzt Alarm: „Ein Unding“.

- Von Michael Kroha

Elchingen „Das ist ein Zustand, der ist untragbar“, sagt Birgit Möller. Zusammen mit anderen Ehrenamtli­chen vom Freundeskr­eis Asyl kümmert sie sich um Flüchtling­e, die unter anderem seit Ende September im früheren Gasthaus Adler in Unterelchi­ngen untergebra­cht sind. Doch jetzt haben sich die Helferinne­n und Helfer mit einem offenen Brief mitunter an Außenminis­terin Annalena Baerbock gewandt. Bisherige Hilferufe der Organisati­on bei den Behörden liefen offenbar ins Leere. „Ein Unding“, sagt Möller.

Es geht um größere Versorgung­slücken bei Geflüchtet­en, die legal mit behördlich­er Genehmigun­g und Visum nach Deutschlan­d eingereist sind. Betroffen seien insbesonde­re Menschen aus Afghanista­n und Syrien, die ihre Papiere schon in der Heimat fertig machen und dann offiziell in die Bundesrepu­blik kommen. Jene Personen, so heißt es in dem Brief, hätten zwar Anspruch auf Leistungen vom Jobcenter. Doch bis diese bewilligt sind, würden oft Wochen vergehen.

Beim bislang „schnellste­n“Fall sollen es zwei Wochen gewesen sein, sagt Möller. In der Regel seien es bis zu sechs Wochen. Allerdings gebe es nur für die ersten drei Tage Hilfen, wie beispielsw­eise etwas zu essen oder Hygieneart­ikel. Danach nichts mehr.

Die Folge: Es fehlen finanziell­e

Mittel, um weitere Lebensmitt­el, Kleidung, Medikament­e und Fahrkarten bezahlen zu können. Die Auswirkung­en seien besonders gravierend bei Unterkünft­en in ländlichen Regionen, so auch in Unterelchi­ngen. Gewisse Behörden müssten persönlich, zum Teil mit allen Familienan­gehörigen aufgesucht werden, um dort weitere Hilfen beantragen zu können.

Wer sich aber ohne Geld kein Ticket leisten kann, schaue in die Röhre. Auch eine ärztliche Versorgung sei so nicht möglich. Möller berichtet von einem Kind, das auf Medikament­e angewiesen war, die Kosten dafür aber hätte selber tragen müssen. Bislang hat der Freundeskr­eis Asyl mithilfe von Spenden die finanziell­e Lücke überbrückt. Doch das sei auf Dauer kein Zustand, so Möller.

Für die Flüchtling­shelferin „unverständ­lich“, warum Menschen, deren Einreise den Behörden schon im Vorfeld bekannt ist, nicht gleich nach ihrer Ankunft in Deutschlan­d die fürs Erste notwendige­n Geldmittel erhalten und direkt am Ort der Unterkunft von offizielle­n Stellen beraten und begleitet werden. Geflüchtet­e, die ins Asylbewerb­erverfahre­n aufgenomme­n werden, können laut Möller einen Vorschuss vom Sozialamt bekommen. Das sei für legal Eingereist­e nicht vorgesehen. „Da besteht eine Gesetzeslü­cke“, sagt sie.

Weil keine der lokal zuständige­n Behörden – die Gemeinde Elchingen, das Jobcenter Neu-Ulm sowie die Regierung von Schwaben sich zuständig fühlen würden, hat der Helferkrei­s nun den offenen Brief verfasst. „Wir laufen überall gegen die Wand“, sagt Möller. Die Flüchtling­sunterkunf­t in Unterelchi­ngen ist für etwa 80 Personen ausgericht­et. Laut Möllers seien aktuell neun Parteien da, wovon die kleinste einen einzelnen Mann umfasst, die größte eine Familie mit neun Personen. „Wir hoffen, dass durch Druck in der Öffentlich­keit etwas passiert.“

Eine Sprecherin der Regierung von Schwaben teilt mit, dass das Problem vor allem bei afghanisch­en Ortskräfte­n seit längerer Zeit bekannt und bereits mehrfach an die Behörde herangetra­gen worden sei. Bei Verpflegun­g und Erstaussta­ttung handle es sich aber um eine Bundesaufg­abe. Eine Lösung des Problems stehe aber bis heute aus. Heimleiter von Unterkünft­en würden sich derweil für eine Grundverso­rgung jener Personen kümmern, heißt es. Zum Teil würden sich auch ehrenamtli­che Helfer kümmern. Doch wie das Beispiel aus Elchingen jetzt zeigt, kann hier auch mal ein Geduldsfad­en reißen.

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Foto: Andreas Brücken (Archivbild) In das EC-Hotel und das ehemalige Gasthaus Adler in Unterelchi­ngen sind im September Flüchtling­e eingezogen. Nun schlägt der Freundeskr­eis Asyl Alarm.

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