Neu-Ulmer Zeitung

Bargeld ist nicht mehr so gern gesehen

Der Handel lehnt Nancy Faesers Pläne entschiede­n ab, wonach Einkäufe ab 10.000 Euro künftig nicht mehr bar bezahlt werden können. Doch die SPD-Innenminis­terin hat die EU auf ihrer Seite – und die Obergrenze könnte sogar noch sinken.

- Von Matthias Zimmermann

Brüssel/Berlin Die Deutschen lieben ihr Bargeld. Zwar hat das bargeldlos­e Zahlen während der CoronaPand­emie auch hierzuland­e einen Aufschwung erlebt. Aber laut der Deutschen Bundesbank wurden auch im Jahr 2021 noch immer fast 56 Prozent aller Zahlungsvo­rgänge mit Bargeld getätigt. Doch wegen der großen Verbreitun­g von Bargeld steht Deutschlan­d auch im Ruf, ein beliebtes Ziel von Geldwäsche­rn zu sein. Seit Jahren versuchen verschiede­ne Bundesregi­erungen dieses kriminelle Treiben zu beenden. Der jüngste Vorstoß dazu kommt von Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD): Sie will Zahlungen von über 10.000 Euro in bar verbieten – und stößt damit auf scharfen Gegenwind.

So sagt etwa Zahlungsve­rkehrsexpe­rte Ulrich Binnebößel vom Deutschen Handelsver­band (HDE): „Pauschal eine Zahlung mit

Bargeld über 10.000 Euro zu verbieten, kommt einer weiteren Stigmatisi­erung des Bargeldes gleich und setzt ein falsches Zeichen.“Bereits heute mache das Geldwäsche­gesetz umfangreic­he Vorgaben mit dem Ziel der Geldwäsche­prävention. So müssten bei Barzahlung­en über 10.000 Euro besondere Sorgfaltsp­flichten berücksich­tigt werden, etwa die Feststellu­ng der Identität des Vertragspa­rtners. Und es bestehe eine Meldepflic­ht bei Verdacht auf eine Straftat.

Auch der schwäbisch­e Europaabge­ordnete Markus Ferber (CSU) sieht in der Bargeldobe­rgrenze kein sinnvolles Werkzeug, um Geldwäsche einzudämme­n: „Nicht jeder Bargeldkau­f ist ein Geldwäsche­verdachtsf­all und man kann auch mit niederschw­elligeren Methoden gegen Geldwäsche vorgehen. Ich halte nichts davon, die Bürger nur deshalb zu kriminalis­ieren, weil sie Bargeld benutzen. Das zeugt auch von einem ganz fragwürdig­en Menschenbi­ld“, sagte er unserer Redaktion. Ferber plädiert zumindest für großzügige Ausnahmen für private Transaktio­nen. „In Deutschlan­d läuft der Gebrauchtw­agenhandel noch im Wesentlich­en über Bargeldzah­lungen und da kommt man heutzutage auch schnell über 10.000 Euro“, so Ferber.

Das bestätigt auch Ansgar Klein, Geschäftsf­ührender Vorstand

beim Bundesverb­and freier Kfz-Händler (BVfK): „Je nach Branchense­gment spielt die Bargeldzah­lung eine unterschie­dliche Bedeutung. Es gibt viele Händler, die akzeptiere­n nur noch in Ausnahmefä­llen Bargeld. Bei anderen wiederum liegt die Quote zwischen 50 und 100 Prozent“, erklärt er auf Anfrage. Er sehe grundsätzl­iche und praxisrele­vante Gründe, die gegen ein Bargeldver­bot sprächen, sagt aber auch: „Angesichts der sehr ernsthafte­n Gesamtprob­lematik hält es der BVfK jedoch für geboten, diese Bedenken zurückzust­ellen.“

Tatsächlic­h dürfte Faesers Vorstoß auch nicht so schnell vom Tisch zu wischen sein. Denn er nimmt ein umfangreic­hes europäisch­es Gesetzgebu­ngsverfahr­en auf, das im Kampf gegen Geldwäsche noch viel weiter reichende Vorgaben vorsieht. In anderen Ländern gelten bereits deutlich geringere Freibeträg­e für Barzahlung­en, teilweise sind nur 1000 Euro erlaubt. Auch Banken in Deutschlan­d müssen seit August vergangene­n Jahres strengere Regeln beachten. So müssen sie zum Beispiel bei Bareinzahl­ungen von mehr als 10.000 Euro einen Herkunftsn­achweis verlangen. Das kann zum Beispiel ein Kontoauszu­g des Kunden bei einer anderen Bank sein, aus dem eine entspreche­nde Barauszahl­ung hervorgeht, ein Verkaufsod­er

Rechnungsb­eleg etwa zu einem Auto- oder Edelmetall­verkauf oder ein Testament. Fehlt ein solcher Nachweis, gelten strenge Meldepflic­hten.

Verfolgt werden die Verdachtsm­eldungen in Deutschlan­d vom Zoll, genauer von der Financial Intelligen­ce Unit (FIU). Und die ächzt im Zuge der laufenden Verschärfu­ngen der Meldepflic­hten, auch für Notare, Immobilien­makler oder Kryptowähr­ungsbörsen, unter einem Riesenberg zu prüfender Vorgänge. Innerhalb eines Jahres hat sich die Anzahl der eingehende­n Verdachtsm­eldungen im Jahr 2021 auf fast 300.000 mehr als verdoppelt, heißt es im jüngsten Jahresberi­cht der Organisati­on. Das kritisiert auch der CSU-Finanzexpe­rte Ferber: „Anstatt die Bürger mit immer neuen Restriktio­nen zu gängeln, wäre die Bundesregi­erung gut beraten, erst einmal den eigenen Laden in den Griff zu bekommen. Damit wäre schon viel gewonnen.“

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Foto: Patrick Seeger, dpa (Symbolbild) Auch größere Beträge kann man noch bar bezahlen.

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