Die nächste Blamage ist perfekt
Die deutsche Nationalmannschaft startet zum dritten Mal in Folge mit einer Niederlage ins Turnier. Dabei führte die DFB-Auswahl lange und vergab beste Chancen. Vor Anpfiff setzt die Mannschaft ein Zeichen: Geste statt Binde.
Doha Thomas Müller sprach von einem „Horrorszenario“nach einer Niederlage, die das deutsche Nationalteam schon früh unter Druck setzt. Es ist das gleiche Szenario, dass die Mannschaft schon von den vergangenen beiden Turnieren kennt. 2018 verlor man gegen Mexiko, drei Jahre später bei der EM gegen Frankreich und nun in Doha gegen Japan. Die Niederlage in Katar unterscheidet sich von den vorangegangenen insofern, als dass die Elf diesmal über weite Strecken eine gute Leistung zeigte. An der Ausgangssituation aber ändert das nicht. „Diesen Puffer, dass mal was schief gehen kann, haben wir schon aufgebraucht“, fuhr Müller fort und rechnete geschwind aus, dass man nun „vermutlich zwei Siege zum Weiterkommen“brauche. Einer dieser beiden Siege müsste am kommenden Sonntag gegen Spanien geholt werden und nach dem Auftritt im ersten Gruppenspiel ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass das Aus der deutschen Mannschaft dann feststeht.
Im nicht ganz ausverkauften Khalifa-International-Stadium hat sich die deutsche Mannschaft am Mittwoch selbst in diese schwierige Situation gebracht. Obwohl sie weite Teile des Spiels dominierte, stand am Ende eine 1:2-Niederlage. Danach sah es lange Zeit nicht aus. In der ersten Halbzeit hatte Ilkay Gündogan die Deutschen mit einem verwandelten Foulelfmeter noch verdient in Führung gebracht (33.). Doch der für Freiburg in der Bundesliga spielende Ritsu Doan (76.) und der für Bochum auflaufende Takuma Asano (83.) drehten die Partie in der zweiten Halbzeit.
Vor allem der zweite Treffer legte nahe, wo es der Mannschaft an Qualität fehlt. „Ich glaube, es ist noch nie einfacheres Tor bei einer Weltmeisterschaft erzielt worden“, fasste es Gündogan nach dem Spiel zusammen. Die Japaner schlugen einen Freistoß aus der eigenen Hälfte recht fantasielos nach vorne. Niklas Süle hob das Abseits mit einem plumpen Stellungsfehler auf, Nico Schlotterbeck verpasste es, Asano in einem Zweikampf zu verwickeln und Manuel Neuer schließlich gab keine gute Figur ab beim Schuss ins kurze Eck. Die letzten 20 Minuten des Spiels überlagerten letztlich den guten Eindruck, den die deutsche Mannschaft zuvor hinterlassen hatte. Sie überlagerten sogar die erneute Debatte um Symbole, Motive und Werte, die noch nie in der WM-Geschichte so beherzt geführt worden ist, wie in Katar. Nachdem die Fifa dem deutschen Verband mit Sanktionen gedroht hatte, falls Kapitän Manuel Neuer mit der „One Love“-Binde auflaufen sollte, verzichtete man auf das Symbol – verwies aber darauf, weiter zu Werten wie Diversität zu stehen. Um ihre Meinung zu unterstreichen, hielten sich die Spieler beim offiziellen Mannschaftsbild vor der Partie gegen Japan allesamt die Hand vor den Mund. Motto: Wir lassen uns den Mund nicht verbieten. Letztlich fand die verbotene Binde dann doch noch den Weg ins Khalifa International Stadium. Und weil sie sich um Oberarm der deutschen Innenministerin Nancy Faeser formte, kam auch kein FifaDelegierter auf die Idee, einzuschreiten.
Möglich, dass die deutsche Mannschaft bereits in einer Woche keine Möglichkeit mehr hat, in Katar für ihre Werte einzustehen. Immerhin kann die DFB-Auswahl darauf verweisen, dass sie nach den vergangenen beiden Auftaktniederlagen gegen Mexiko und Frankreich die folgende Partie gewonnen hat. Ein derart starker Gegner wie Spanien stand ihnen damals aber nicht gegenüber. Oder, wie es Thomas Müller sagt: „Die K.o.-Runde hat schon früher begonnen.“
Deutschland: Neuer - Süle, Rüdiger, Schlotterbeck, Raum - Kimmich, Gündogan (67. Goretzka) - Gnabry (90. Moukoko), Müller (67. J. Hofmann), Musiala ( 79. M. Götze) - Havertz (79. Füllkrug)
Japan: Gonda - H. Sakai (75. Minamino), Itakura, Yoshida, Nagatomo (57. Mitoma) Endo, Tanaka (71. Doan) - J. Ito, Kamada, Kubo (46. Tomiyasu) - Maeda (57. Asano) Tore: 1:0 Gündogan (33./Foulelfmeter), 1:1 Doan (75.), 1:2 Asano (83.)
Zuschauer: 42.608
Schiedsrichter: Ivan Barton (El Salvador)