Neu-Ulmer Zeitung

Sind die langen Nachspielz­eiten sinnvoll?

- Von Marco Scheinhof Von Florian Eisele

Die Hoffnung hält immer länger und weit über die 90. Minute hinaus. Wer zurücklieg­t, darf zumindest bei dieser Weltmeiste­rschaft deutlich länger daran arbeiten, diesen Rückstand noch auszugleic­hen. Sieben Minuten zum Beispiel hatte die deutsche Mannschaft am Mittwoch noch einmal als Aufschlag in der zweiten Halbzeit gegen Japan bekommen. Zwar ohne Erfolg, das aber ist ein Versäumnis der Mannschaft und kann ausnahmswe­ise nicht der Fifa angelastet werden.

Jede Unterbrech­ung, jedes Anhalten der Uhr werden bei dieser WM genauesten­s notiert und entspreche­nd nachgespie­lt. So kann es sein, dass manche Begegnunge­n 15 oder noch mehr Minuten länger dauern als die ursprüngli­ch gedachten 90. Das kann für mehr Gerechtigk­eit sorgen, soll doch so Zeitspiel, das manche Teams bis zur Perfektion einstudier­t haben, bestraft werden. Ein ehrenwerte­r Ansatz, den die Schiedsric­hter rigoros verfolgen. Nun muss es aber noch gelingen, den Spielern genau das auszutreib­en, was in Katar verstärkt zu sehen ist. Dass jede Ausführung eines Einwurfs, eines Abstoßes oder eines Freistoßes mittlerwei­le noch deutlich länger dauert als gewohnt und nötig.

Dennoch bleibt festzuhalt­en, dass zurücklieg­ende Teams durch die neue Regelung mehr Optionen und Chancen bekommen, die Partie noch zu drehen. Und da kann doch eigentlich keiner etwas dagegen haben.

Das Ansinnen, mehr Netto vom Brutto zu haben, ist eigentlich immer eine gute Sache. Insofern ist es zur Abwechslun­g mal ein ehrenwerte­r Ansatz der Fifa, die Nettospiel­zeit bei dieser WM zu erhöhen. Wie das jedoch geschieht, ist aber total Banane: Bei der Partie zwischen dem Iran und England wurde fast eine halbe Stunde nachgespie­lt, in der Regel sind es pro Halbzeit sieben bis acht Minuten.

Das Problem daran: Auch hier ist brutto ja längst nicht gleich netto. Eine Mannschaft, die vorne liegt, lässt sich nach Ablauf der regulären Spieldauer erst recht Zeit bei der Ausführung eines Einwurfs. Jeder Torwart prüft in dieser Phase besonders genau, wo das Ventil des Balls ist, den er kurz danach über den Platz treten wird. Das gilt erst recht dann, wenn statt drei acht sieben oder acht Minuten auf der Anzeigetaf­el stehen. Weil die Regelhüter der Fifa aber jede Verzögerun­g weiter protokolli­eren, verzögert sich aber auch die ohnehin schon zähe Nachspielz­eit noch weiter. Das Ergebnis ist nicht kein Gewinn an Spielzeit, sondern ein zäher Nachspielb­rei.

Eines der Erfolgsgeh­eimnisse des Fußballs ist, dass seit jeher – im Gegensatz zu anderen Sportarten – recht wenig Eingriffe ins Regelwerk erfolgt sind. Spätestens nach der Einführung des Videoassis­tenten ist die Nachfrage nach Änderungen gesättigt. Diese Reform bringt nur Ärger und sollte bald wieder verschwind­en.

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