Neu-Ulmer Zeitung

Mann mit Baseballsc­hläger bedroht

Ein 34-Jähriger forderte von einem jungen Mann im Zug von Vöhringen nach Ulm Geld. Der Staatsanwa­lt glaubt nicht, dass der Angeklagte schuldunfä­hig war.

- Von Maximilian Sonntag

Neu-Ulm/Vöhringen Als die Vorsitzend­e Richterin Gabriele Buck am Dienstag verliest, was der 34-jährige Angeklagte bereits alles auf dem Kerbholz hat, staunen die Anwesenden im Sitzungssa­al 03 nicht schlecht. 18 Vorstrafen stehen im Bundeszent­ralregiste­r, im Gefängnis saß der Mann aus dem Landkreis Neu-Ulm auch schon. Dazu gesellen sich zwei offene Bewährungs­strafen. Und dennoch bedrohte er im November 2021 einen 20-Jährigen, der mit dem Zug von Vöhrigen nach Ulm fuhr. Kurios ist, dass sich der Angeklagte an die Tat nicht erinnern kann. Das glaubt ihm das Gericht aber nicht.

Der 18. November 2021 habe gut angefangen, erinnert sich der Angeklagte. Demnach war er gemeinsam mit seiner Partnerin bei seinen Schwiegere­ltern zum Essen eingeladen. Dort trank er vier bis fünf Bier. Hinzu kamen drei Schnapsfla­schen, die er mit seinem Schwiegerv­ater geleert haben will. Als es am Abend zu Hause zum Streit mit seiner Partnerin kam, trank der Angeklagte nach eigenen Angaben eine Flasche Wein und eine Flasche Sekt auf ex. Seine Erinnerung habe erst wieder am Morgen eingesetzt, sagt er.

Auf Bildern, die eine Überwachun­gskamera in einem Regionalex­press aufgenomme­n hat, ist allerdings zu sehen, wie der 34-Jährige einen jungen Mann mit einem Baseballsc­hläger bedroht. Das Opfer schildert vor Gericht, wie schlimm die rund 20-minütige Fahrt von Vöhringen nach Ulm gewesen sei. Der 34-Jährige sei dem 20-Jährigen in den Zug gefolgt, wo er ihn dann bedrohte habe. „Das war wie in einem Film. Ich hatte Angst und stand unter Schock“, sagte der 20-Jährige. Im Zug habe der Angeklagte den jungen Mann laut Anklage aufgeforde­rt, ihm monatlich 400 Euro zu geben. Zudem habe er seinen Rucksack durchsucht.

Am Ulmer Hauptbahnh­of verließen beide Männer gemeinsam den Zug. Der 34-Jährige forderte sein Opfer – dass er am Vöhringer Bahnhof zufällig ausgewählt hatte – auf, in einen Aufzug zu steigen. In diesem Moment rannte der 20-Jährige los und entkam. Auf seiner Flucht stürzte er jedoch und verletzte sich am Fuß. Der Angeklagte konnte ihm dennoch nicht folgen. „Im Aufzug wäre er auf mich losgegange­n und hätte mich ausgeraubt“, sagt der junge Mann und ergänzt: „Ich fahre nicht mehr Zug und ich gehe nicht mehr in die Stadt. Gerade in der Anfangszei­t hatte ich Paranoia.“

Weder der 20-Jährige, noch ein anderer Zeuge, der am Tatabend am Vöhringer Bahnhof gearbeitet hat, nahmen wahr, dass der Angeklagte nach Alkohol roch. Genau das ist allerdings einer der entscheide­nden Punkte bei der Verhandlun­g. Der Staatsanwa­lt glaubt dem 34-Jährigen nämlich nicht, dass er sich an nichts erinnere und sagt: „Sie fahren eine Schuldunfä­higkeitsta­ktik.“Denn das, was er am Tattag an Alkohol konsumiert habe, gehe weit über drei Promille hinaus. Und da der Angeklagte kein regelmäßig­er „Vieltrinke­r“sei, passe das nicht zum Tatgescheh­en.

Das bestätigte­n auch Videoaufna­hmen. Auf diesen ist zu sehen, wie der Angeklagte kurz vor dem Einsteigen in den Zug augenschei­nlich ohne Probleme Fahrrad fährt. Auch im Zug selbst stand er häufiger auf und lief umher, ohne stark zu schwanken. Das Gutachten eines Rechtsmedi­ziners untermauer­t die Vermutung des Staatsanwa­lts. Er rechnet vor, dass der Angeklagte bei der von ihm angegebene­n Alkoholmen­ge am Tattag mehr als sechs Promille gehabt haben müsste. „Einen Wert von mehr als 4,5 Promille durch Trinken zu erreichen ist nicht möglich, wie sprechen hier von der Tödlichkei­tsgrenze. Die Aussagen in Bezug auf den Alkoholkon­sum müssen falsch sein“, sagt der Gutachter.

Ein mögliches Motiv für die Tat könnte die finanziell schwierige Situation des Angeklagte­n sein. Er hat knapp 70.000 Euro Schulden und muss mehrere Unterhalts­zahlungen leisten. Von 2011 bis 2013 saß er in Haft. Körperverl­etzungen, Bedrohunge­n und Beleidigun­gen sind nur einige der Delikte, die er begangen hat. Eineinhalb Monate vor der jetzigen Tat wurde er zu zwei Bewährungs­strafen verurteilt. Genau diesen Aspekt greift auch der Staatsanwa­lt in seinem Plädoyer auf. Zudem betont er, dass der Angeklagte den 20-Jährigen „massiv bedrängte und im Zug kontinuier­lich terrorisie­rte“. Der Tatbestand der versuchten räuberisch­en Erpressung sei erfüllt. Er fordert eine Freiheitss­trafe von drei Jahren und sechs Monaten.

Der Verteidige­r plädiert für eine Strafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden soll, denn sein Mandant habe sich in letzter Zeit gut verhalten. Auch sein Leben habe er mittlerwei­le im Griff. Am schwerwieg­endsten wertet die Vorsitzend­e Richterin den Verstoß gegen die zwei offenen Bewährungs­strafen und sagt: „Dem Angeklagte­n sind alle Warnungen und Gesetze völlig wurst.“Sie verurteilt den 34-Jährigen zu einer Haftstrafe von drei Jahren. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräf­tig. wir freuen uns über jede Zuschrift, die sich mit der Zeitung und ihrem Inhalt auseinande­rsetzt. Die Einsender vertreten ihre eigene Meinung. Kürzungen bleiben vorbehalte­n.

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