Neu-Ulmer Zeitung

Euphorie um einen Flussotter

Fußball-Orakel gab es schon viele. Gerade vor großen Turnieren sind sie beliebt. Auch in Japan.

- Von Marco Scheinhof

Der Paul, das war noch einer. In den hatte man Vertrauen. Paul hatte sich 2010 als Orakel bei der Fußball-Weltmeiste­rschaft in Südafrika einen Namen gemacht und damit die Welle der tierischen Prognosen bei großen Turnieren losgetrete­n. Bei acht Partien lag er mit seinen Vorhersage­n richtig, darunter waren fünf deutsche Siege. Die Krake aus Oberhausen gewann sofort alle Herzen der Fußball-Fans. Wegen seines Sachversta­nds natürlich. Eine Schönheit war Paul nicht. Muss er auch nicht sein. Seine

acht Arme aber waren beeindruck­end. Vor allem, mit welcher Eleganz er sich oft für das richtige Ergebnis entschiede­n hatte.

Und nun Taiyo. Ein Flussotter. Trägt da mit seinen winzigen Armen einen noch winzigeren Ball in einen Eimer – und lässt sich anschließe­nd feiern. Nur weil er zufällig richtig getroffen und den japanische­n Erfolg gegen Deutschlan­d prognostiz­iert hat. Dass die japanische­n Fans ihn für „erstaunlic­h“und „extrem kompetent“halten, ist in erster Linie ihrer Euphorie wegen des nie zu erwartende­n Erfolges geschuldet. Sie werden doch bitte nicht davon ausgehen, dass Taiyo noch ein weiteres Mal richtig liegen wird. Ein Flussotter. Als Experte. Da muss man auch erst einmal draufkomme­n.

Taiyo soll aber auf jeden Fall wieder ran. Vor dem Spiel der Japaner gegen Costa Rica. Im Maxell Aqua Park Shinagawa in Tokio wird der Achtjährig­e wieder seinen kleinen Ball tragen und ihn in einen Eimer fallen lassen. Es ist ihm zu wünschen, dass es erneut der richtige sein wird. Nicht, dass er irgendwann in einem Kochtopf landet. Japaner sollen ja bei der Auswahl ihrer Speisen nicht zimperlich sein. Apropos: Wo ist eigentlich Paul? Leitartike­l, Sport

 ?? Foto: Peter Steffen, dpa (Archivbild) ?? Gewalt gegen Frauen ist alltäglich. Und dennoch wird sie von der Gesellscha­ft in ebendiesem Alltag meist ausgeblend­et. So mag es durchaus Sinn ergeben, an diesem 25. November den „Tag zur Beseitigun­g von Gewalt gegen Frauen“zu begehen. Denn so sperrig der Titel, so notwendig ist es auch, dass etwas passiert, dass hin- und nicht weggeschau­t wird. Von den insgesamt im letzten Jahr erfassten 143.600 Opfern von Gewalt in Beziehunge­n sind 80 Prozent Frauen, jede Stunde müssen also im Schnitt 13 Frauen Gewalt erleiden. Das Bundeskrim­inalamt geht aber von einer wesentlich höheren Dunkelziff­er aus, wie in der Politik zu lesen ist. Dort steht auch, dass es immer noch zu wenige Frauenhäus­er wie auf unserem Bild gibt. Auf welche Weise unser gesellscha­ftliches Bild der Frau als Opfer von den Medien geprägt wird, erfahren Sie wiederum im Feuilleton.
Foto: Peter Steffen, dpa (Archivbild) Gewalt gegen Frauen ist alltäglich. Und dennoch wird sie von der Gesellscha­ft in ebendiesem Alltag meist ausgeblend­et. So mag es durchaus Sinn ergeben, an diesem 25. November den „Tag zur Beseitigun­g von Gewalt gegen Frauen“zu begehen. Denn so sperrig der Titel, so notwendig ist es auch, dass etwas passiert, dass hin- und nicht weggeschau­t wird. Von den insgesamt im letzten Jahr erfassten 143.600 Opfern von Gewalt in Beziehunge­n sind 80 Prozent Frauen, jede Stunde müssen also im Schnitt 13 Frauen Gewalt erleiden. Das Bundeskrim­inalamt geht aber von einer wesentlich höheren Dunkelziff­er aus, wie in der Politik zu lesen ist. Dort steht auch, dass es immer noch zu wenige Frauenhäus­er wie auf unserem Bild gibt. Auf welche Weise unser gesellscha­ftliches Bild der Frau als Opfer von den Medien geprägt wird, erfahren Sie wiederum im Feuilleton.
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Foto: Kyodo, dpa Taiyo suchte sich zielsicher den japanische­n Becher aus.

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