Leserbriefe
Antisoziale Äußerung
Zum Interview mit Ulrike Scharf „Es geht um die Frage der Gerechtigkeit“(Politik) am 23. November: Der Begriff der „Spaltung“wird seit einiger Zeit derart inflationär gebraucht, dass er fast inhaltslos geworden ist. Auch daher benenne ich die von Frau Scharf mantramäßig vorgetragene Aussage „Aber es braucht auch diejenigen, die jeden Tag aufstehen und in die Arbeit gehen“als das, was sie ist – nämlich antisozial. Als wäre es so, dass künftige Bürgergeld-Bezieherinnen und -Bezieher morgens nicht aus dem Bett kämen. Frau Scharf liegt damit auf einer Linie mit einem Friedrich Merz, der gerne von Sozialtourismus faselt. Und diese Frau ist unsere Sozialministerin? Zum Glück haben wir die Wahl. Winfried Weibels, Missen-Wilhams
Abgewälzt aufs Ehrenamt
Zu „Bürgergeld startet mit härteren Regeln“(Seite 1) vom 23. November: Ein Problem wird im Zusammenhang mit Hartz IV und Bürgergeld so gut wie gar nicht thematisiert: Dass in unserem durchaus nicht armen Land millionenfach gehungert werden müsste, wenn es nicht die Lebensmittel-Tafeln gäbe. Bei denen Ehrenamtliche das korrigieren, was die Politik auch mit den neuen Bürgergeldregeln vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern einbrockt. Nicht nur den Bürgergeldempfängern, sondern auch den knapp acht Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor. Die ihr Gehalt zum Teil mit Sozialleistungen aufstocken müssen, um physisch einigermaßen überleben zu können. Auch mit dem Gang zu den Tafeln und zu karitativen Einrichtungen. Psychisch immer mehr am Rande des Zumutbaren. Dass es im Grunde nicht Aufgabe von Ehrenamtlichen ist, sich um die sozial Benachteiligten in unserem Land zu kümmern, sondern Aufgabe von staatlichen Ämtern, thematisiert keine Partei. Ob rechts, links oder in der Mitte – sie alle richten sich gemütlich darin ein, anderen die Beseitigung des alltäglichen Hungers zu überlassen.
Josef Gegenfurtner, Schwabmünchen
Überflüssige Kommentare
Zu „Die WM der Experten“(Sport) vom 23. November:
Die Sender könnten sich viel Geld sparen, wenn sie auf die Dienste der sogenannten Experten verzichten würden. Egal ob Männlein oder Weiblein – alles nur hohles Geschwätz und Runterleiern von Allgemeinplätzen, durchsetzt von „äh…“, tausendmal „ja…“usw. Die Krönung sind dann noch die „Analysen“oder minutenlange Diskussionen von Schiedsrichter-Entscheidungen. Lasst einen echten Fußball-Experten wie zum Beispiel Bela Rety kommentieren, der braucht keinen Co-Kommentator, der ihm „reinschwätzt“und vielleicht noch während des Spiels eine Diskussion über irgendeine Spielszene anfängt. Alles überflüssig und nervtötend.
Wolfgang Schuster, Marktoberdorf
Infantinos Verhöhnung
Zu „Die politische WM“(Sport) und weiteren Artikeln zum Thema vom 23. November:
„… heute fühle ich mich homosexuell, heute fühle ich mich behindert, heute fühle ich mich als Arbeitsmigrant. Ich fühle so, weil ich all das gesehen habe“– „Ich fühle wie eine Frau“. Diese Aussagen von Gianni Infantino sind eine Verhöhnung all der Gruppen, deren Rechte in Katar mit Füßen getreten wurden und werden. Bei Menschenrechten geht es nicht um Gefühle, sondern um Schutzpflichten und die Gleichbehandlung aller Menschen, also um Nicht-Diskriminierung. Die „No discrimination“Armbinde ist daher keine
Notlösung, denn sie steht für umfassende Diversität: Allen Menschen unabhängig von Hautfarbe, ethnischer Herkunft (Wanderarbeiter!), Religion, Behinderung, Alter, Geschlecht und sexueller Identität („One Love“) stehen gleiche Schutzrechte zu! Ohne Antidiskriminierung funktionieren Menschenrechte nicht, sie ist der rote Faden allen menschenrechtlichen Handelns. Es wäre ein Fortschritt, wenn das Verantwortliche in Sport, Presse und Politik verstehen und zusammen mit allen WMTeams umsetzen und lautstark bekunden würden. Auch wenn es Herr Flick nicht weiß: Man kann also für Menschenrechte in Katar sehr wohl noch „geradestehen“. Die schmale „No discrimination“-Armbinde könnte so ihre eigentliche menschenrechtliche Breitband-Wirkung entfalten – nicht nur zur WM!
Dr. Susanne F. Kohl, Augsburg
Betrug am Energiesparer
Zu „Strom- und Gaspreisbremsen kommen jetzt schon ab Januar“(Wirtschaft) vom 23. November: Sollte zur Berechnung des durchschnittlichen Strom- und Gasverbrauchs der Verbrauch des Jahres 2022 genommen werden, sind alle Firmen und Haushalte, die entsprechend des Aufrufs der Regierung ab September 2022 Strom und Gas eingespart haben, die Betrogenen. Sie haben zur Auffüllung der Gasspeicher beigetragen und werden nun dafür bestraft. Alle, die ohne Rücksicht Strom und Gas verbraucht haben, werden begünstigt. Es bleibt nur noch der Dezember, um den Durchschnittsverbrauch zu erhöhen. Dies würde die Gasspeicher allerdings schneller leeren.
Werner Heidler, Untermeitingen
Unüberlegter Abschluss
Zu „Lob für hohen Metall-Abschluss“und zum dazu gehörenden Kommentar von Stefan Stahl „Doppel-Wumms für Metaller“(Seite 1) vom 19. November:
Eine Frechheit, dieser Tarifabschluss! Was sollen jetzt all die anderen Berufsgruppen machen, die nicht in der IG Metall und der Elektroindustrie sein können? Dieser schwindelerregende „DoppelWumms“treibt die Preisspirale und die Inflation doch erst recht in die Höhe. Eine Machtdemonstration des IG-Metall-Chefs ohne Hirn, wie auch Stefan Stahl richtig vermutet. Ifo-Präsident Fuest und die führenden Ökonomen haben wohl nicht auf dem Schirm, dass die Firmenbosse die gleiche Macht besitzen und entsprechend handeln werden. Schon jetzt gibt es kaum noch Arbeitsverträge in der Schlüsselindustrie, die direkt mit Daimler, Porsche oder VW abgeschlossen werden. Die ANÜs (Arbeitnehmerüberlassungen) verdienen sich gerade goldene Nasen mit außertariflichen Verträgen und hantieren bestimmt nicht arbeitnehmerfreundlich. Es soll auch schon vorgekommen sein, dass Firmen die Produktion einfach ins Ausland verlagert haben, weil’s billiger kommt.
Gertrud Heiss, Illerrieden
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