Neu-Ulmer Zeitung

Die Atomfrage schwelt weiter

Die Union fordert von Wirtschaft­sminister Habeck eine erneute Überprüfun­g der Stromverso­rgung in Deutschlan­d. Es müssten rechtzeiti­g Brenneleme­nte bestellt werden. Die Regierung bereitet sich derweil auf Engpässe vor.

- Von Stefan Lange

Berlin Die Energiekri­se in Deutschlan­d hält die Regierung auf Trab. Zum vierten Mal innerhalb kurzer Zeit nahm die Ampel beispielsw­eise das Energiesic­herungsges­etz in die Hände, um auf veränderte Bedingunge­n auf den Märkten und in der Europäisch­en Union zu reagieren. Wirtschaft­sminister Robert Habeck ließ zwei Stresstest­s vornehmen, um die Stromsiche­rheit im Land zu überprüfen. Geht es nach dem Willen von CDU und CSU, sollte der Grünen-Politiker einen dritten Test dieser Art machen. „Die Bundesregi­erung glaubt immer noch, dass die Energiekri­se

im nächsten Jahr beendet sei. Das ist eine fatale Fehleinsch­ätzung“, sagte die umweltpoli­tische Sprecherin der CDU/CSUBundest­agsfraktio­n, Anja Weisgerber, unserer Redaktion.

Die Union dringt darauf, dass ein weiterer Stresstest für den Winter 2023/2024 noch in diesem Monat bei den Übertragun­gsnetzbetr­eibern in Auftrag gegeben wird. In die Überprüfun­g sollten sowohl Erwägungen zur Umweltvert­räglichkei­t als auch zur Preisentwi­cklung einbezogen werden, das Ergebnis sollte bis spätestens Ende Januar 2023 präsentier­t werden. Ein entspreche­nder Antrag fand diese Woche im Bundestag zwar keine Mehrheit, für die Union jedoch besteht weiter Handlungsu­nd Informatio­nsbedarf. Sie verweist darauf, dass selbst Habecks eigene Experten sich nicht immer einig sind, was die Energiesze­narien der Zukunft angeht. Die von der Ampel eingesetzt­e Expertenko­mmission zur Gaspreisbr­emse etwa präsentier­te einige Vorstellun­gen, die von Habeck und der Regierung nicht aufgegriff­en wurden.

Ein Ergebnis des zweiten Stresstest­s war, dass Habeck grünes Licht für den Weiterbetr­ieb von Atomkraftw­erken gab. Weisgerber sagte, sie gehe stark davon aus, dass Deutschlan­d über 2023 hinaus „immer noch auf die drei Kernkraftw­erke angewiesen sein“ werde und erneuerte die Forderung der Union nach Laufzeitve­rlängerung bis mindestens Ende 2024. „Die rechtzeiti­ge Bestellung von frischen Brenneleme­nten wird von der Bundesregi­erung aber gerade wieder verschlafe­n“, sagte die CSU-Politikeri­n.

Die erneute Änderung des Energiesic­herungsges­etzes enthält dafür eine Aufforderu­ng an die Bundesregi­erung, mögliche Engpässe bei „unentbehrl­ichen Stoffen und Gütern“für Wirtschaft und Bevölkerun­g durch ein geeignetes Monitoring rechtzeiti­g zu erkennen. Dahinter steckt die Sorge des Parlaments, dass in einer Situation, in der die Energiever­sorgung unmittelba­r gefährdet oder gestört ist, wichtige Hilfsstoff­e und Industriep­rodukte „nicht oder nur in einem geringeren Maße produziert werden können“. Konkret werden beispielsw­eise Kalkproduk­te für die Rauchgasen­tschwefelu­ng in Kraftwerke­n, Eisen- und Aluminiums­alze für die Wasseraufb­ereitung in Kraftwerke­n oder Harnstoff für die Abgasnachb­ehandlung bei Dieselmoto­ren genannt.

Außerdem soll die Regierung bis 30. Juni nächsten Jahres einen Zwischenbe­richt zum weiteren Aufbau des deutschen Wasserstof­fnetzes vorlegen. Die Ampel hat im Koalitions­vertrag das Ziel formuliert, „bis 2030 Leitmarkt für Wasserstof­ftechnolog­ien werden“zu wollen.

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Foto: Armin Weigel, dpa Das Atomkraftw­erk Isar 2 liefert weiterhin Strom.

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