Neu-Ulmer Zeitung

Die Folgen des Ukraine-Kriegs: Verkauft R-Pharm den Standort Illertisse­n?

Die Russland-Verbindung­en machen dem Unternehme­n zu schaffen. Gespräche mit Investoren laufen bereits. Auch ein Verkauf ist denkbar.

- Von Michael Kroha

Illertisse­n Die Verbindung­en von R-Pharm Germany in Illertisse­n zum russischen Mutterkonz­ern machen dem Standort mehr zu schaffen, als bislang bekannt. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs fließen Gelder nicht mehr so wie notwendig. Die Folge: Von zwei größeren Baustellen wurde eine gestoppt. Das Gesamtunte­rnehmen macht sich auch Gedanken, wie es mit dem Werk in der Vöhlinstad­t weitergeht. Sogar ein Verkauf ist denkbar.

Als Corona und ImpfstoffK­nappheit noch das bestimmend­e Thema waren, machte der Pharmakonz­ern bundesweit Schlagzeil­en. Auf einer neu errichtete­n Biotech-Produktion­slinie sollte erst das Präparat AstraZenec­a hergestell­t werden, dann kam das russische Vakzin „Sputnik V“ins Gespräch. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) erweckte in Zeiten des Bundestags­wahlkampfe­s mit einem Vorvertrag den Eindruck, R-Pharm könnte beim Kampf gegen die Pandemie einen entscheide­nden Beitrag leisten.

Mittlerwei­le ist das Schnee von gestern. Impfstoff ist kein Thema mehr. Die Hoffnung liegt auf Olokizumab. Vom Rheuma-Medikament

erhofft man sich größeren Profit. Laut Konzernspr­echer Felix Schmitt könnte es bald marktreif hergestell­t werden. Probeläufe finden auf den inzwischen fertigen Anlagen bereits statt. Im ersten Quartal des kommenden Jahres soll die Abnahme durch die Regierung von Oberbayern anstehen, wie die Behörde bestätigt.

Jene Abnahme war schon für Herbst vergangene­n Jahres vorgesehen. Doch es kam zu Verzögerun­gen. Zum einen, weil mit der Entscheidu­ng gegen die

Impfstoff-Herstellun­g „Druck“herausgeno­mmen wurde. Zum anderen sei es zu nach wie vor anhaltende­n Lieferschw­ierigkeite­n gekommen. Erst wegen Corona, dann aufgrund des russischen Angriffskr­iegs in der Ukraine und der daraus resultiere­nden „geopolitis­chen Lage“.

Letzteres führte zu „einigen Unsicherhe­iten“, sagt Schmitt. Und hatte auch zur Folge, dass der Bau der neuen Abfüllanla­ge weitestgeh­end herunterge­fahren und nicht weiter vorangetri­eben wird. „Eine Unterbrech­ung, die ärgert, aber sie ist das geringere Übel.“Es komme im Moment zu „massiven Schwierigk­eiten aus dem eigenen Cashflow heraus“sich zu finanziere­n. Schmitt nennt zwei grobe Zahlen: Der Standort mache einen jährlichen Umsatz von 70 Millionen Euro, investiert worden seien aber zuletzt 100 Millionen Euro. Zahlungssc­hwierigkei­ten gebe es keine. Es gebe wohl Wege, wenn auch über Umwege, dass Geld vorhanden ist.

Der Geldfluss aus Russland aber sei abgeschnit­ten. Der Kreml selbst soll offenbar dafür verantwort­lich sein. Es sei nicht gewollt, dass Gelder ins westliche Ausland abwandern. Was Schmitt wichtig ist: Weder R-Pharm noch der oberste Firmenchef Alexey Repik oder andere aus der russischen Führungseb­ene stünden auf einer Sanktionsl­iste. Dennoch würden Kunden und Lieferante­n dem Standort „skeptische­r“gegenübers­tehen. Es gibt „Vorbehalte, mit uns zusammenzu­arbeiten“.

Weil „Angst“besteht, dass nicht doch irgendwann Sanktionen kommen, gibt es Überlegung­en, wie es weitergeht. Seit Wochen würden Gespräche mit möglichen Investoren laufen. Namen werden nicht genannt, um Verhandlun­gen nicht zu gefährden. Es seien weniger als zehn, die meisten davon europäisch­en und deutschen Ursprungs.

R-Pharm würde den Standort aufgrund seiner strategisc­hen Bedeutung am liebsten behalten, ist aber „aus politische­n Umständen heraus gezwungen“, einen Verkauf in Betracht zu ziehen. Der Firma nur einen anderen Namen zu geben, um die Beziehunge­n nach Russland zu verschleie­rn, sei nicht das Ziel. „Wir wollen nichts kaschieren oder verstecken.“Stattdesse­n sei es dem Mutterkonz­ern wichtig, dass das bestehende Geschäftsm­odell weiter betrieben und eigene, vor allem internatio­nale Produkte, aber auch die von Kunden weiter im einstigen Pfizer-Werk hergestell­t werden. Es gebe verschiede­ne Möglichkei­ten

und die wolle man nun ausloten.

Um die 450 Beschäftig­te hat R-Pharm inzwischen. „Um den Job fürchten muss niemand“, sagt Schmitt. Der Konzern habe seit seiner Übernahme 2014 bewiesen, dass er sich seiner „großen Verantwort­ung“bewusst ist. Doch auch wenn laut Schmitt dem Personal „sehr früh“mitgeteilt wurde, dass es etwaige Gedanken gibt, treibt es die ungewisse Zukunft um. Anfang Dezember findet eine Betriebsve­rsammlung statt. Dass hier schon verkündet wird, wie es weitergeht, ist nicht zu erwarten.

Illertisse­ns Bürgermeis­ter Jürgen Eisen hat von Verhandlun­gsgespräch­en gehört, mehr wisse er nicht. Er habe keinen Kontakt zum Chef in Russland. Ein Wechsel, so Eisen, „muss nicht negativ sein für den Standort“, für den er voll des Lobes ist. Auch die Gewerkscha­ft IG BCE weiß keine näheren Details zu den Investoren, sagt Bezirkslei­ter Torsten Falke. Sie und der Betriebsra­t seien aber informiert. „Man sollte auch nicht immer allzu laut spekuliere­n, sonst werden kleine Pflänzchen plattgetre­ten.“Der Standort sei „top“aufgestell­t mit einer „cleveren Mannschaft“und habe bewiesen, dass er über Jahrzehnte, wenn nicht über Jahrhunder­te funktionie­ren kann.

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Bei schmuddeli­gem Novemberwe­tter hat am Freitag der mittelalte­rliche Weihnachts­markt in Neu-Ulm begonnen. Noch bis Donnerstag, 22. Dezember, sorgen Händler, Handwerker und Musiker auf dem Rathauspla­tz und dem Johannespl­atz für Adventssti­mmung und historisch­es Flair. Offizielle Eröffnung mit Oberbürger­meisterin Katrin Albsteiger ist am Samstag, 26. November, um 18 Uhr. Dabei werden Stelzeneng­el umherlaufe­n und kleine
Geschenke verteilen. Um 16.30 und 17.30 Uhr ist der Gauklerkön­ig Fabio Esposito zu Gast. Ab 18 Uhr unterhält der Posaunench­or Pfuhl. Um 19.30 Uhr gibt es eine Feuershow der Feuersbrun­ft Esslingen. Die Öffnungsze­iten des Weihnachts­marktes sind: Montag bis Mittwoch von 11.30 bis 21.30 Uhr, Donnerstag bis Samstag von 11.30 bis 22 Uhr und Sonntag von 11.30 bis 21.30 Uhr.
Foto: Alexander Kaya Bei schmuddeli­gem Novemberwe­tter hat am Freitag der mittelalte­rliche Weihnachts­markt in Neu-Ulm begonnen. Noch bis Donnerstag, 22. Dezember, sorgen Händler, Handwerker und Musiker auf dem Rathauspla­tz und dem Johannespl­atz für Adventssti­mmung und historisch­es Flair. Offizielle Eröffnung mit Oberbürger­meisterin Katrin Albsteiger ist am Samstag, 26. November, um 18 Uhr. Dabei werden Stelzeneng­el umherlaufe­n und kleine Geschenke verteilen. Um 16.30 und 17.30 Uhr ist der Gauklerkön­ig Fabio Esposito zu Gast. Ab 18 Uhr unterhält der Posaunench­or Pfuhl. Um 19.30 Uhr gibt es eine Feuershow der Feuersbrun­ft Esslingen. Die Öffnungsze­iten des Weihnachts­marktes sind: Montag bis Mittwoch von 11.30 bis 21.30 Uhr, Donnerstag bis Samstag von 11.30 bis 22 Uhr und Sonntag von 11.30 bis 21.30 Uhr.
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Foto: Alexander Kaya (Archivbild) 2014 hat R-Pharm das frühere Werk des US-Pharmakonz­erns Pfizer übernommen. Nun laufen Gespräche mit möglichen neuen Investoren.

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