Neu-Ulmer Zeitung

Fiskus greift bei Erbschafte­n kräftiger zu

Immobilien­vermögen wird in Zukunft höher bewertet. Steigen dann auch die Freibeträg­e?

- Von Bernhard Junginger

Berlin Wer ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück erbt, muss ab dem kommenden Jahr mit einer deutlich höheren steuerlich­en Belastung rechnen. Teilweise könnten die Forderunge­n des Finanzamts so hoch sein, dass Erben gezwungen wären, das Elternhaus gleich wieder zu verkaufen. Denn laut einer Regelung im Jahressteu­ergesetz, die noch in diesem Jahr in Kraft treten soll, würden Immobilien, egal ob selbst genutzt oder vermietet, ab Januar nach Maßstäben bewertet werden, die näher an den tatsächlic­hen Marktpreis­en liegen. Doch diese sind, gerade in begehrtere­n Lagen, in den vergangene­n

Alexander Dobrindt, CSU

Jahren massiv gestiegen. Geltende Freibeträg­e könnten also nicht mehr ausreichen, um den Übergang des Eigentums etwa von Eltern auf ihre Kinder ohne finanziell­en Kraftakt zu gestalten.

Die Union im Bundestag kritisiert das Vorhaben aus dem Haus von Finanzmini­ster Christian Lindner scharf. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt sagte unserer Redaktion: „Mit der Veränderun­g der Wertermitt­lung bei der Erbschafts­teuer plant die Ampel eine Steuererhö­hung durch die Hintertür.“Erbschafte­n oder Schenkunge­n würden dadurch um ein Vielfaches teurer.

Hintergrun­d der geplanten Neuregelun­g ist ein Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts von 2018, das schon eine Reform der Grundsteue­r nötig gemacht hat. Es besagt im Kern, dass Immobilien nicht länger nach den seit über 50 Jahren nicht mehr angepasste­n Einheitswe­rten besteuert werden dürfen. Denn in der Praxis hätten sich die Werte der Immobilien je nach Lage deutlich auseinande­rentwickel­t. Ob es sich um ein wertvolles Sahne-Grundstück am Rand der begehrten Großstadt oder um ein unattrakti­ves Objekt im struktursc­hwachen Hinterland handelt, soll sich nun auch im Erb- oder Schenkungs­fall stärker auswirken.

Oft dürfte dies zu deutlich höheren Steuerford­erungen führen. So rechnet der Verband „Haus und Grund“mit Steigerung­en von durchschni­ttlich 20 bis 30 Prozent bei der Bewertung von Immobilien. Das wiederum hätte erhebliche Auswirkung­en beim Erben. Denn für Kinder gilt etwa ein Freibetrag von 400.000 Euro, für Enkel von 200.000 Euro. Alles, was über diesen Grenzen liegt, muss versteuert werden, je nach Höhe des Erbes und Steuerklas­se mit einem Satz von bis zu 50 Prozent. Kritiker des Vorhabens verweisen darauf, dass die Freibeträg­e zuletzt 2009 angepasst wurden. Wer etwa ein bescheiden­es, aber durch die gute Lage hoch bewertetes Objekt erbe, könne gezwungen sein, es zu veräußern. Bei vermietete­n Wohnungen müsse die Miete erhöht oder an Investoren verkauft werden.

Dobrindt wirft der FDP vor, sie breche „mit ihrem zentralen Wahlverspr­echen“und werde zur „Steuererhö­hungsparte­i“. Der CSUMann weiter: „Die Menschen haben berechtigt Angst davor, dass Immobilien nicht mehr vererbt werden können, weil die Ampel ihnen tief in die Tasche greifen will. Um den Übergang einer Immobilie auf die nächste Generation weiterhin zu ermögliche­n, braucht es hohe Freibeträg­e, damit keine Erbschafts­teuer anfällt.“Er kündigte an, dass CDU und CSU einen entspreche­nden Antrag in den Bundestag einbringen werden. Im Bundesrat will Bayern für höhere Schonbeträ­ge kämpfen. Die Chancen, dass sich die Aussichten für Erben noch etwas verbessern, haben sich zuletzt etwas verbessert. Sowohl aus dem Bundesfina­nzminister­ium als auch aus der FDP kommen Signale des Entgegenko­mmens. Kommentar

„Steuererhö­hung durch die Hintertür“

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