Neu-Ulmer Zeitung

CSU stellt sich gegen Einbürgeru­ngspläne

In der Migrations­politik will die SPD den Schalter umlegen: Ausländeri­nnen und Ausländer sollen einfacher an die deutsche Staatsbürg­erschaft kommen. Die Union kritisiert das Vorhaben massiv – doch wird sie es auch stoppen?

- Von Margit Hufnagel

Berlin Es ist eines der größten Vorhaben der Koalition – und eines der umstritten­sten: SPD-Innenminis­terin Nancy Faeser will das Einbürgeru­ngsrecht in Deutschlan­d massiv reformiere­n. Gemeinsam mit Bundeskanz­ler Olaf Scholz präsentier­te sie am Montag ihre Pläne. Doch obwohl diese bereits im Koalitions­vertrag festgehalt­en sind, stoßen sie nun, da sie in die heiße Phase treten sollen, auf heftige Gegenwehr – sowohl bei der Union als auch beim eigenen Koalitions­partner FDP. Entspreche­nd gereizt reagierten die Sozialdemo­kraten auf die Kritik. Man wolle „den konservati­ven Muff von diesem Land abschüttel­n“, sagte SPDChefin Saskia Esken, deshalb sei es nur logisch, dass der größte Widerstand von dort komme.

Das Modell, für das sich Faeser einsetzt, fußt auf mehreren Säulen. Zum einen soll es künftig einfacher werden, mehrere Staatsbürg­erschaften zu besitzen. „Der bisherige Grundsatz im deutschen Staatsange­hörigkeits­recht, Mehrstaati­gkeit zu vermeiden, verhindert die Einbürgeru­ng von vielen Menschen, die seit Jahrzehnte­n in Deutschlan­d leben und hier zuhause sind“, so die Ministerin. Aktuell ist die doppelte Staatsbürg­erschaft nur in strengen Ausnahmefä­llen erlaubt.

Eine zweite Säule des neuen Einbürgeru­ngsrechts ist, dass Ausländer, die bereits fünf Jahre in Deutschlan­d leben, die Staatsbürg­erschaft erhalten können. Bisher gilt eine Frist von acht Jahren. Bei „besonderen Integratio­nsleistung­en“soll dies sogar schon nach drei Jahren möglich werden – etwa, wenn Einwandere­r besondere schulische oder berufliche Leistungen oder ehrenamtli­ches Engagement gezeigt haben oder über besonders gute Sprachkenn­tnisse verfügen. Auch die Generation der ehemaligen Gastarbeit­er, die bereits seit Jahrzehnte­n in Deutschlan­d lebt, soll einfacher an einen deutschen Pass kommen können. Bei allen ab 67 Jahren will Faeser auf einen schriftlic­hen Sprachnach­weis und auf den Einbürgeru­ngstest verzichten. „Denn sie haben für unser Land Herausrage­ndes

geleistet und damit die Anerkennun­g der gesamten Gesellscha­ft verdient“, sagte die Ministerin. Eine weitere Säule des Plans ist, dass alle in Deutschlan­d geborenen Kinder ausländisc­her Eltern künftig vorbehaltl­os die deutsche Staatsange­hörigkeit erhalten sollen, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschlan­d lebt.

Voraussetz­ung für die Einbürgeru­ng ist jeweils ein qualifizie­rter Aufenthalt­stitel, das heißt, Asylbewerb­er oder geduldete Ausländer fallen nicht in den Kreis der Berechtigt­en. Schwerwieg­ende Gründe, die gegen eine Einbürgeru­ng sprechen, sollen auch künftig gelten: Straftaten oder frühere verfassung­sfeindlich­e Überzeugun­gen zählen unter anderem dazu. Ausländer

müssen ihren Lebensunte­rhalt finanziere­n können, ausreichen­d Sprachkenn­tnisse haben und Grundlagen der Rechts- und Gesellscha­ftsordnung sowie Lebensverh­ältnisse in Deutschlan­d kennen. Letzteres wird durch einen Einbürgeru­ngstest geprüft.

Trotzdem will die FDP die Themen Einbürgeru­ng und illegale Migration miteinande­r verknüpfen. Zwar sei richtig, dass diejenigen, die in Deutschlan­d lange leben und arbeiten, schneller integriert werden sollten, sagte die FDP-Politikeri­n Marie-Agnes Strack-Zimmermann in der Sendung „Frühstart“von RTL/ntv. „Aber bevor Frau Faeser das zur Chefinnen-Sache macht, sollte sie erst mal dafür Sorge tragen, dass die, die hier illegal sind, die, die möglicherw­eise auch gesetzlich aufgefalle­n sind, dass die erst mal ordentlich zurückgefü­hrt werden.“

Mit der Reform will die SPD der Erkenntnis Rechnung tragen, dass sich Deutschlan­d zu einem Einwanderu­ngsland entwickelt hat. Die Staatsbürg­erschaft sei ein Bekenntnis zu den Werten und Regeln Deutschlan­ds, so das Argument. Unter anderem Frankreich agiert heute schon nach ähnlichen Vorgaben. Ein Antrag auf Einbürgeru­ng kann nach fünf Jahren gestellt werden, die Mehrstaati­gkeit wird akzeptiert. In den USA können sich Greencard-Besitzer, also Menschen mit Aufenthalt­srecht, nach fünf Jahren auf die Staatsbürg­erschaft bewerben.

Besonders heftig ist die Kritik, die aus der Union kommt. Die stellt sich klar gegen das Vorhaben des Bundesinne­nministeri­ums. „Die Pläne des Bundesinne­nministeri­ums, Einbürgeru­ngen in Deutschlan­d zu erleichter­n und Doppelstaa­tsbürgersc­haften zur Regel zu machen sind völlig inakzeptab­el“, sagte Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) unserer Redaktion. „Ich sehe derzeit keinen Grund, beim aktuell geltenden Staatsbürg­erschaftsr­echt etwas zu ändern.“Die Regelungen hätten sich bewährt, wie auch die Einbürgeru­ngszahlen in Bayern zeigen würden.

Diese sind auch im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr wieder deutlich gestiegen, nämlich um 14,7 Prozent auf 23.158 Fälle. Jede vierte Person hatte vorher die Staatsange­hörigkeit eines EU-Mitgliedst­aates. Ein starker Anstieg bei den Einbürgeru­ngen war bei den Syrerinnen und Syrern zu verzeichne­n.

Bayern sieht keinen Grund, das Recht zu ändern

„Alle neuen Staatsbürg­erinnen und Staatsbürg­er haben Kenntnisse der deutschen Sprache erworben, sich lange in Deutschlan­d eingelebt und wirtschaft­lich integriert“, sagte Herrmann. Dies zeige, dass Integratio­n in Deutschlan­d funktionie­re, weil die neuen Staatsbürg­er am Integratio­nsprozess mitgewirkt hätten.

Mit der Regierung geht der CSU-Mann hart ins Gericht. „Wöchentlic­h senden vor allem SPD und Grüne Signale einer grenzenlos­en Aufnahmebe­reitschaft in die ganze Welt – und das in einer Zeit, in der die Zugangszah­len dramatisch steigen und unsere Landkreise und Städte zunehmend ans Limit bringen: Chancenauf­enthalt, Bürgergeld, umfangreic­he zusätzlich­e Aufnahmepr­ogramme, schnellere Einbürgeru­ngen“, kritisiert­e Herrmann.

Wie schon bei der Reform von Hartz IV kann die Union die Pläne von Faeser blockieren und Änderungen erzwingen. Im Bundesrat haben die Regierungs­parteien keine Mehrheit, doch den müssen Gesetze passieren, ehe sie in Kraft treten.

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Foto: Fabian Sommer, dpa Ausländeri­nnen und Ausländer in Deutschlan­d sollen nach Plänen der Bundesregi­erung bald leichter eine deutsche Staatsange­hörigkeit erhalten können.

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