Kartellamt: Hohe Preise allein sind noch kein Indiz
Geht auf dem Kraftstoffmarkt alles mit rechten Dingen zu oder gibt es unzulässige Absprachen der Ölkonzerne?
Bonn Das Bundeskartellamt hat bei einer Untersuchung des Raffineriegeschäfts in Deutschland bislang keine Anzeichen für verbotene Preisabsprachen der Mineralölgesellschaften entdeckt. Dies geht aus einem am Montag veröffentlichten Zwischenbericht hervor. Anlass der im Frühjahr gestarteten Untersuchung war eine laut Behörde „nachhaltige Entkopplung“der Tankstellenpreise von der Entwicklung des Rohölpreises in den Wochen und Monaten nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine.
„Unsere Untersuchung zeigt, dass sich diese Entwicklung nicht allein auf Kostensteigerungen zurückführen lässt“, sagte Behördenpräsident
Andreas Mundt laut einer Mitteilung. Dem widerspreche vor allem die Tatsache, dass die meisten Mineralölkonzerne in dieser Zeit mit ihren Raffinerien sehr große Gewinne erwirtschaftet hätten. Er sagte allerdings auch: „Wir sehen nach wie vor strukturelle Probleme im Markt, wie zum Beispiel die Tatsache, dass viele Gesellschaften vom Bohrloch bis zum Zapfhahn auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette aktiv sind.“Man könne aber nur einschreiten, wenn ein Anfangsverdacht auf ein kartellrechtswidriges Verhalten vorliege. „Dafür sind hohe Preise und hohe Unternehmensgewinne für sich genommen aber noch kein ausreichendes Indiz“, betonte Mundt. Ein Missbrauch von Marktmacht komme nur dann in Betracht, wenn die Unternehmen tatsächlich marktbeherrschend seien. Eine abschließende Bewertung könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorgenommen werden.
Die Untersuchung nahm auch den dreimonatigen Tankrabatt vom Sommer unter die Lupe. Ergebnis: Die Mineralölindustrie hat den Rabatt „überwiegend“weitergegeben. Das Kartellamt verwies in diesem Zusammenhang auf andere Studien, die ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen waren, dass die Steuerentlastung überwiegend weitergegeben worden war.
Der Automobilklub ADAC indes sieht sich durch die Untersuchung in seiner Auffassung bestätigt, dass sich die hohen Kraftstoffpreise der vergangenen Monate nicht allein aus der Entwicklung des Ölpreises und der Raffineriekosten erklären lassen. „Die Verbraucher wurden in höherem Maße als erforderlich zur Kasse gebeten“, teilte der Verein in München mit. Zur Weitergabe des Tankrabatts wiederholte der ADAC seine Kritik, dass dieser nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben worden sei. „Zusätzlich kam es bereits vor der Einführung des Tankrabatts zu nicht erklärbaren Preiserhöhungen“, hieß es. Das Kartellamt kündigte an, die Untersuchung fortsetzen zu wollen. So würden die Ermittlungen vor allem auf die Wettbewerbsverhältnisse auf der Kraftstoff-Großhandelsebene ausgedehnt. (dpa)