Die deutschen Biathleten gehen neue Wege
Sportlich steht ein Generationenwechsel bevor. Stars wie einst Magdalena Neuner oder Laura Dahlmeier sind nicht in Sicht. Die Verbandsspitze hat reagiert und Expertise eingekauft.
Augsburg Es gab schon bessere Vorzeichen, unter denen die deutschen Biathleten in eine neue Saison starteten. Aus der einstigen Erfolgsdisziplin des Deutschen Skiverbands ist zwar noch kein Sorgenkind, aber doch eine Sparte mit Aufholbedarf geworden. Die Zeiten, in denen eine Magdalena Neuner oder später eine Laura Dahlmeier Weltcupsiege in Serie feierten, sind vorbei. Star der Mannschaft ist nun Olympiasiegerin Denise Herrmann, die nach ihrer Hochzeit unter dem Doppelnamen Herrmann-Wick startet. Doch die Dominanz ihrer Vorgängerinnen hat sie nicht. Zudem ist die Sächsin mit 33 Jahren bereits auf der Zielgeraden ihrer Karriere. Gleiches gilt für den 32-jährigen Benedikt Doll, der ebenfalls unter der Rubrik Routinier geführt wird und nach den Rücktritten von Simon Schempp, Arnd Peiffer sowie Erik Lesser der Letzte einer goldenen Generation ist und nun das Männerteam anführt. Nicht ausgeschlossen, dass sich auch Doll, der im Sommer erstmals Vater wurde, nach dieser Saison in den Ruhestand verabschiedet.
Es steht also ein Generationenwechsel an. An der Verbandsspitze hat man diesbezüglich längst erkannt, dass die Konkurrenz, vor allem die aus Norwegen und Frankreich, zu enteilen droht. Als Gegenmaßnahme wurde Expertise aus dem Ausland geholt. Zum einen der Slowene Uros Velepec, der sich an der Seite von Bundestrainer Mark Kirchner seit dem Frühjahr um die Männer kümmert. Bei den Frauen ist der Norweger Sverre Olsbu Röiseland, Gatte der norwegischen Dreifach-Olympiasiegerin Marte Olsbu Röiseland, neu im Team von Frauentrainer Kristian Mehringer. Neu besetzt ist mit Felix Bitterling auch der Posten des Sportdirektors.
Für die deutschen Biathleten ist das ein großer Schritt, denn erstmals sind ausländische Trainer involviert. Man erhoffe sich davon neue Impulse, sagt Kirchner, „ein Quäntchen neuen Input“. Ein weiterer Nebeneffekt ist, dass in den Trainingseinheiten während der Saisonvorbereitung fast nur noch Englisch geredet wird. „Wenn man nicht in der Muttersprache spricht, muss man mehr überlegen und kommt nicht so ins Sabbeln“, sagt Kirchner, der aber auch schon vorher nicht als großer Redenschwinger aufgefallen ist. Für die Objektivität und das konzentrierte Arbeiten sei das alles „gar nicht so schlecht“, sagt Kirchner. Es sei seit geraumer Zeit der Wunsch der Athletinnen und Athleten gewesen, auch mal ins Ausland zu schauen, ob etwas Passendes dabei ist. „Das haben wir gefunden und umgesetzt“, so Kirchner. Und Herrmann-Wick formuliert es so: „Ein Blick über den Tellerrand ist nie schlecht.“
Die neue Saison, die an diesem Dienstag mit dem Männer-Einzel im finnischen Kontiolahti startet (13.15 Uhr/ARD und Eurosport), steht also unter ganz neuen Vorzeichen. Und sie steuert auf etwas ganz Spezielles zu: die Heim-WM in Oberhof vom 8. bis 19. Februar. Dort soll, so der Wunsch, eine neue Biathlon-Begeisterung ausgelöst werden. Denn dem Sport fehlen in Deutschland momentan die prominenten Zugpferde.
„Grundsätzlich haben wir in Deutschland alles, was es für erfolgreiches Biathlon braucht. Was in den letzten Jahren oder gar Jahrzehnten etwas eingeschlafen ist, gilt es wieder zu wecken, neue Impulse zu setzen. Hierfür spielen auch die neuen Trainer eine wichtige Rolle“, sagt der neue Sportdirektor Bitterling. Er sieht die deutsche Mannschaft, natürlich, auf einem guten Weg. Alles in allem sei die Vorbereitung gut gelaufen. „Verletzungen oder verschleppte Krankheiten bleiben natürlich in einer so großen Gruppe nicht aus.
Aber ich denke, es ist im Rahmen geblieben. Wir sind zufrieden und hoffen, dass sich dies auch in guten Resultaten widerspiegelt.“
Doch auch, wenn dies zuletzt nicht mehr allzu häufig der Fall war: Biathlon bleibt der Deutschen liebster Wintersport. Das belegen die seit Jahren konstant hohen Einschaltquoten.
Auch deshalb hat sich der Weltverband IBU dagegen entschieden, auf die Fußball-Weltmeisterschaft Rücksicht zu nehmen. Während die Skispringer beispielsweise dem Turnier in Katar großflächig ausweichen und mehrere Wettkämpfe verlegt haben, zieht die IBU ihr Weltcup-Programm ungerührt durch. ARD, ZDF und Eurosport übertragen – zur Not dann eben auch parallel zu den WM-Spielen der Fußballer. (mit dpa)