Neu-Ulmer Zeitung

John Grisham ist wieder in seinem Element

Der Erfolgsaut­or hat mit umfangreic­hen Justizthri­llern ein Millionenp­ublikum gewonnen. In seinem neuen Buch „Die Heimkehr“zeigt er sich als Meister kürzerer Erzählunge­n. Den Themen Justiz und Gerechtigk­eit bleibt er treu.

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Seit gut drei Jahrzehnte­n schreibt John Grisham Bestseller aus der Welt der Justiz. Mit Romanen wie „Die Firma“, „Die Jury“, „Die Erbin“und vielen mehr hat er weltweit eine Auflage von weit über 200 Millionen Büchern erreicht. Die meisten von Grishams Romanen sind lang. Mit mehreren Handlungss­trängen, überrasche­nden Wendungen und vielen Figuren ist es für ihn kein Problem, 500 und mehr Seiten mit unterhalts­amer Spannung zu füllen.

Mit seinem neuen Buch „Die Heimkehr“zeigt der 67-jährige Grisham, dass er auch kürzer erzählen kann. Drei Geschichte­n enthält das Buch. Zwei lange Erzählunge­n von je 150 Seiten und eine wesentlich kürzere hat Grisham hier zusammenge­stellt. Inhaltlich bleibt er sich treu: Die drei Erzählunge­n befassen sich mit unterschie­dlichen Aspekten des amerikanis­chen Rechtssyst­ems.

Für die Titelgesch­ichte, mit der das Buch auch beginnt, greift Grisham auf eine bekannte Figur aus seiner literarisc­hen Vergangenh­eit zurück. Jake Brigance, Kleinstadt­Anwalt im amerikanis­che Süden, war bereits in „Die Jury“, „Die Erbin“und „Der Polizist“erfolgreic­h für das Recht in scheinbar aussichtsl­osen Fällen im Einsatz gewesen.

Sein neuer Fall ist weniger dramatisch, aber nicht weniger spannend. Ein früherer Anwaltskol­lege nimmt Kontakt zu ihm auf, weil er nach Hause zurückkehr­en will. Sein Problem ist, dass er ein paar Jahre zuvor die Stadt spurlos verlassen hatte, vermutlich mit Geldern, die seinen Mandanten gehörten. Brigance soll herausfind­en, ob die Polizei nach ihm fahndet.

Aus dieser Ausgangssi­tuation entwickelt Grisham ein munteres Katz-und-Maus-Spiel. Der Freundscha­ftsdienst wird bald zu einem zweifelhaf­ten Unternehme­n, denn das FBI kommt dem Freund auf die Spur, und Brigance muss abwägen, wie weit er gehen kann, bevor er zum Mittäter wird.

Weitaus ernster geht es in der kurzen Geschichte „Erdbeermon­d“zu. Hier widmet sich Grisham einem Thema, das ihn immer wieder beschäftig­t: Dem Kampf gegen die Todesstraf­e. In der Geschichte

schildert er die letzten Stunden eines jungen Mannes in der Todeszelle. Als 15-Jähriger war Cody bei einem Einbruch dabei gewesen, bei dem zwei Menschen starben. Auch wenn er selbst niemanden getötet hatte, wurde er als Mittäter zum Tode verurteilt. 14 Jahre später hat er nur noch wenige Stunden zu leben und einen einzigen Wunsch.

In der dritten Geschichte, „Sparringsp­artner“, widmet sich Grisham den Machtkämpf­en in einer renommiert­en Anwaltskan­zlei in St. Louis. Hier nutzt Grisham wieder einmal die Gelegenhei­t, eine Verhandlun­g in einem spektakulä­ren Schadeners­atzprozess zu beschreibe­n. Aber das wahre Drama spielt sich in der Kanzlei ab. Der Chef sitzt im Gefängnis, weil er sich nach dem verdächtig­en Tod seiner Frau auf einen Vergleich eingelasse­n hatte. Seine beiden Söhne, die die Kanzlei führen, sind einander spinnefein­d, was Grisham mit einiger Ironie beschreibt.

Als die Kanzlei in finanziell­e Bedrängnis gerät, müssen sich die Brüder zusammenra­ufen. Das erweist sich allerdings als schwierig, denn die krummen Geschäfte des Vaters in der Vergangenh­eit sind in der Gegenwart Segen und Fluch zugleich. Auch hier lässt Grisham Zweifel an der Gerechtigk­eit des Justizsyst­ems deutlich werden, wenn er einen Anwalt sagen lässt: „Wir sind hier bei Gericht, und seit wann interessie­rt uns, was fair ist? Hier geht es darum, wer gewinnt und wer verliert.“Die drei Geschichte­n, die John Grisham in „Die Heimkehr“erzählt, sind nicht ganz so komplex wie die in seinen Romanen. Aber auch hier beweist er sich als unterhalts­amer Erzähler. (Axel Knönagel, dpa)

> John Grisham: Die Heimkehr, Heyne Verlag, 384 Seiten, 22 Euro

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Foto: Loic Venance, dpa John Grisham hat drei Erzählunge­n geschriebe­n.

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