Die Königin der Dauerwellen
Auf dem Friseurcampus der Deutschen Friseurakademie in Neu-Ulm ist Rosa Petschl für das Thema künstliche Locken zuständig. Ein Streifzug durch die Haarmodetrends aus drei Jahrzehnten.
Neu-Ulm Ging es um lockige Haarpracht und man war nicht von der Natur entsprechend ausgestattet, führte kein Weg an Rosa Petschl vorbei. So wie sie konnte und kann es keine. Dieser Ruf eilte ihr jedenfalls voraus und macht sie zur ungekrönten „Dauerwell-Göttin“in der Region. Denn sie lehrt an Deutschlands größter, markenunabhängiger Meister- und Friseurfachschule, der Deutschen Friseurakademie in der Dieselstraße, NeuUlm. Im Gespräch erzählt sie von „täglich rund 20 Kundinnen oder Kunden mit Dauerwelle. „Vom klassischen Waschen & Legen für ältere Damen bis zu außergewöhnlichen Vorstellungen einer wilden Lockenmähne, konnte ich fast alle Wünsche erfüllen“, erzählt sie von früheren Zeiten, als nahezu niemand ohne Welle war.
Mit ihrem Können und ihrer zunehmenden Erfahrung erlebte sie die verschiedenen Trends und mit dem Comeback der Dauerwelle ist auch Rosa Petschl zurück – im Hair Hero Studio auf dem Friseurcampus der Deutschen Friseurakademie in der Dieselstraße, Neu-Ulm. Für sie ist das Wichtigste für eine perfekte Welle: „Viel Gefühl.“
„Ich schaue mir die Haare an, und weiß, welche Wickel und welches Mittel in welcher Konzentration optimal für diese Haarstruktur und das spätere Ergebnis ist. Das ist Gefühlssache und die Erfahrung von inzwischen 32 Jahren“.
Die Dauerwelle sei wieder im Trend. Rosa Petschl freut’s. „Eine gut gemacht Dauerwelle vereinfacht das tägliche Styling. Mit chemischen Mitteln wird die Struktur des Haares verändert und das Volumen gleichzeitig verstärkt.“Als Profi spricht sie dabei vom sogenannten Öffnen von Brücken im Haar: „Je nach Haartyp werden mit alkalischer oder saurer Dauerwellenflüssigkeit die Strukturen des Haares geöffnet und in eine neue Form gebracht. Ist die gewünschte Form durch Wickler erreicht, werden die neuen Locken mit einem chemischen Mittel dauerhaft fixiert und stabilisiert.“
Unterschiedlich große Locken entstehen durch die Verwendung entsprechender Wickler. „Gut gepflegt hält das durchaus einige Monate, und wächst langsam raus. Bis zur nächsten Dauerwelle sollte man diesen Vorgang abwarten“.
Wenn Rosa Petschl über das Thema Dauerwelle spricht, zeigt sich ihre absolute Kompetenz in Sachen bewährter und neuer Techniken und vor allem die Leidenschaft für ihren Beruf. Die hat sie als Spezialistin für Dauerwelle auch den Berufsschülerinnen und -schülern in Ulm mitgegeben.
Zugleich ist das Gespräch mit ihr ein Streifzug durch die Haarmodetrends der zurückliegenden Dekaden. Petschl erinnert an amerikanische Sitcoms und Stars wie Jennifer Grey aus “Dirty Dancing”,
Kylie Minogue oder Julia Roberts, die die Dauerwelle zum „Must-Have“machten – nicht nur für Frauen. Auch Günther Netzer oder Franz Beckenbauer, berühmte Fußballspieler jener Zeit, waren wegen ihrer Haarpracht nicht nur auf dem Spielfeld der Hingucker.
„In den 80er Jahren waren dann die sogenannten „Minipli“-Locken der Trendsetter. Frauen und Männer waren regelmäßige Gäste im Friseursalon und ließen sich in ihr glattes Haar die typischen kleinen Locken drehen“.
Die neunziger Jahre waren das Jahrzehnt der Supermodels, die international auch abseits der Modewelt einer breiten Öffentlichkeit bekannt waren. In Sachen Haarmode
gehörte Cindy Crawford zu den Models die Trends setzten. Ihre lange, voluminöse Mähne, in dezente, natürlich wirkende Wellen à la Beach Waves gelegt, wurde zum beliebtesten Look. Moderne Locken-Version und schonendere Verfahren: „Nach einem deutlichen Nachfragerückgang beschränkte sich die Dauerwelle wieder auf ältere Damen mit klassischer Waschen-und-Legen Frisur. Das hat sich in den letzten zwei, drei Jahren geändert. Die moderne Version der Lockenfrisur und schonendere Verfahren erobern die Friseursalons, und sind nicht nur bei Frauen gefragt. Ab und zu bin ich auch gefragt, wenn „mal etwas schiefgegangen ist“.
„Meist lässt sich etwas machen, aber manchmal hilft nur abwarten“. Beratung gehört für sie daher selbstverständlich dazu. „Es kommt auch vor, dass ich die Behandlung ablehne. Bei stark geschädigten Haaren, beispielsweise durch blondieren, macht eine Dauerwelle keinen Sinn“. Wer hat’s erfunden? Der Ursprung der Dauerwelle ist im Schwarzwald zu finden, zumindest ist Todtnau der Geburtsort von Karl Ludwig Nessler, der sich nach einigen Jahren in verschiedenen Ländern und in unterschiedlichen Berufen der Entwicklung dauerhaft gewellter Haare widmete. In seiner Wahlheimat London führte Nessler Ende 1906 die Dauerwelle erstmals öffentlich vor. Als Modell stellte sich seine Frau Katharina Laible zur Verfügung, eine gebürtige Langenauerin.
Zwei Jahre später erhielt er den Patentschutz für seine Erfindung. Wer sich genauer über die Geschichte informieren will, ist in „Herr Zopf’s Friseurmuseum“auf dem Areal der deutschen Friseurakademie in Neu-Ulm richtig. Es ist die größte Einrichtung ihrer Art auf dem Planeten. (AZ)