Neu-Ulmer Zeitung

Das war bei der Tattoo-Convention in der Arena geboten

Freunde der Tätowier-Kunst treffen sich bei einer Veranstalt­ung in Neu-Ulm. Was Besucher und Profis berichten.

- Von Jürgen Schuster

Neu-Ulm Der Brauch ist uralt, selbst die mehr als 5000 Jahre alte Gletscherm­umie Ötzi trug welche. In unserem westlichen Kulturkrei­s galten sie lange Zeit als Stigmata für Matrosen und Sträflinge. Spätestens als Verzierung­en am unteren Rücken (vulgo „Arschgewei­h“) in Mode kamen, wurden Tattoos jedoch gesellscha­ftliche Normalität. In der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm fand jetzt die TattooConv­ention statt. Wir schauten und hörten uns dort um.

„Das, was hier stattfinde­t, ist Kunst“, sagt Veranstalt­er Jürgen Kuhn. Körperkuns­t, um genau zu sein. Kuhn hat sich in der Branche mittlerwei­le einen hervorrage­nden Namen erarbeitet und kennt sich in der Szene entspreche­nd aus. Wie verbreitet Tattoos inzwischen seien, macht er an einem Beispiel fest. Sogar Rechtsanwä­lte seien unter den Kunden.

Im Veranstalt­ungsbereic­h finden sich auf zwei Etagen zahlreiche Tattoostud­ios, Bekleidung­sshops, Stände mit Zubehör und eine Eventbühne für Tanz- und Musikeinla­gen. Herausrage­nde Tattoos werden an beiden Tagen besonders prämiert. „Wir wollen gute Tätowierer dahaben“, verdeutlic­ht Kuhn. Es gebe da schon einen Codex. Maori, Freestyle, oldschool, Permanent Make-up – die Bandbreite ist vielfältig.

Kuhn stellt einen Tätowierer vor, der sogar noch frei Hand und ohne Maschine, also mit einer entspreche­nden Spezialnad­el die Motive in die Haut seiner Kundinnen und Kunden sticht. „Früher war Begabung wichtig, heute hilft die Technik“, erklärt Canan, die Managerin eines Tattoostud­ios am Sonntag. „Der Kunde kommt mit seinen Vorstellun­gen, und wir schauen, was machbar ist.“Notfalls hilft Pauspapier bei der Umsetzung filigraner Motive auf der Haut.

Der gute Nachwuchs fehle, berichtet die Expertin weiter. Tätowierer sei kein Ausbildung­sberuf. Anfangs werde auf Kunsthaut geübt, bevor man sich an Freiwillig­en zu schaffen machen dürfe. Aus ihrer Sicht dürften die behördlich­en Kontrollen der Branche gerne sogar einen Tick schärfer sein, um schwarzen Schafen das Handwerk zu legen.

„Man hat eine Verbindung zu jedem Tattoo, das man sich stechen lässt“, sagt Kundin Melanie. Sie ist Erzieherin und steht auf Comicmotiv­e. Micky Maus oder Snoopy beispielsw­eise. Ihr Mann Dirk arbeitet in der Luftfahrti­ndustrie, fast schon logisch, dass er die entspreche­nden Motive bevorzugt. „Ich wollte eigentlich nur eines. Das sah aber so leer aus. Jetzt ist der ganze Arm voll“, schildert die Besucherin. Es sei fast eine Sucht. Nun ziert der Gegenwert eines schönen Urlaubs ihre Haut, ganz billig ist die Körperkuns­t nämlich nicht.

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Fotos: Jürgen Schuster Auf zwei Etagen präsentier­ten sich Studios, Shops und zahlreiche Stände in der Arena.
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Bei der Tattoo-Convention in der Ratiopharm-Arena trafen sich am Wochenende Freunde der Körperkuns­t in Neu-Ulm.

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