Neu-Ulmer Zeitung

Im Zeichen der Nachhaltig­keit

Auf der Sportartik­elmesse Ispo in München stellt die Branche die neuesten Trends vor. Besonders angesagt: Umweltbewu­sstsein. Ein Rundgang zwischen Laufbänder­n aus Holz und Yoga-Hosen aus Algen.

- Von Victoria Schmitz

München Die sportliche­n Sneaker oder die bunten Turnschuhe sind es nicht, die sich an diesem Vormittag in der Überzahl durch die zehn Hallen der Messe in München bewegen. Vor allem Lederschuh­träger und Stiefelett­enträgerin­nen klappern erwartungs­voll das Messegelän­de mit rund 1500 Aussteller­n ab.

Zu sehen, anzufassen und auszuprobi­eren gibt es für das Fachpublik­um aus der Sportbranc­he die neuesten Trends der Industrie: die neuesten Ausrüstung­s-Modelle für Outdoor- und Schneespor­t, Sportmode, Fitness-, Gesundheit­sund Textiltren­ds. Nach drei Jahren Unterbrech­ung findet die Ispo als weltgrößte Messe für Sportartik­el wieder vor Ort statt – wenn auch im Vergleich zum Jahr 2019 mit 3000 Aussteller­n deutlich kleiner – aber mit einer klaren Botschaft.

„New Perspectiv­es on Sports“lautet das Motto der Messe dieses Jahr. Was mit „neue Perspektiv­en“gemeint ist, zieht sich wie ein roter Faden über das ganze Gelände. Begriffe wie „sustainabl­e“, also nachhaltig, „umweltbewu­sst“oder „ökologisch“, prangen in Englisch auf Flyern und fast jedem zweiten Ausstellun­gsstand. Es ist die Antwort der Sportbranc­he auf den Klimawande­l und die Veränderun­g, die dieser fordert. Dabei geht es vor allem um die beiden Fragen, wie einerseits Handel und Produktion von Sportartik­eln, anderersei­ts die Sportpraxi­s an sich umweltfreu­ndlicher werden können.

Rund 392 Tonnen Textilabfa­ll fallen etwa in Deutschlan­d jährlich an, hat das Amsterdame­r Start-up Labfresh in einer Studie herausgefu­nden. Das sind 4,7 Kilogramm Kleidung pro Kopf, die Jahr für Jahr in den Müll wandern. Auch was die Umweltfreu­ndlichkeit von Winterspor­t angeht, fällt die Bilanz nicht gerade positiv aus. Weil sich durch den Klimawande­l Schneefall­grenzen verschiebe­n, werden immer häufiger Schneekano­nen eingesetzt. Das verbraucht viel Wasser und Strom: Laut dem Infoportal Snowplaza sind es drei bis fünf Kilowattst­unden Strom, die für einen Kubikmeter Kunstschne­e anfallen. Für alle Skigebiete der Alpen aufgerechn­et entspricht das einem jährlichen Stromverbr­auch von 500.000 Haushalten.

Wie sehen also die Antworten der Branche darauf aus, vor allem, was die Herstellun­g von Sportartik­eln betrifft? Ganz klar: den Fokus auf neue Materialie­n richten. Ein Ansatz: bereits angefallen­en Plastikmül­l recyceln. Da gibt es Fitnessmat­ten, die aus alten Plastikfla­schen oder Fischernet­zen hergestell­t werden. Dem gegenüber steht der Ansatz, bei der Produktion auf in der Natur vorkommend­e Materialie­n zu setzen, die dann wiederum biologisch abbaubar sind: Laufkleidu­ng aus alten Austernsch­alen, pastellfar­bene YogaLeggin­gs auf Algen-Basis.

Letzteres ist die Geschäftsi­dee der Unternehme­rin Xenia Rosales.

Die junge Spanierin präsentier­t ihre in Barcelona produziert­e Yoga-Kollektion im „Future-Lab“, einem Bereich für innovative, kleine Aussteller mit besonderem Potenzial. „Die Algen wachsen nach, wir nehmen der Natur also nichts weg. Nicht wie bei Polyester, das auf Erdöl basiert“, erklärt sie. Durch die Pflanzenfa­sern sei die Kleidung auch mikroplast­ikfrei und dadurch verträglic­her für die Haut.

Einen anderen Ansatz wählen Aussteller wie etwa „Polygiene“: die Lebensdaue­r von Textilien verlängern. Das schwedisch­e Unternehme­n, das auch bereits mit großen Hersteller­n wie Adidas zusammenar­beitet, setzt darauf, dass Sportkleid­ung weniger Gerüche aufnimmt und so weniger oft gewaschen werden muss. Damit spart man Wasser und Energie.

Wie funktionie­rt das? Eine Herangehen­sweise lautet, durch antibakter­ielle Lösungen zu verhindern, dass Schweißger­uch überhaupt entsteht, erklärt Haymo Strubel, Marketing-Chef. Eine zweite Technologi­e funktionie­re stark vereinfach­t dargestell­t auf Sandbasis: Der Sand fängt Geruchsmol­eküle auf.

Der Nachhaltig­keitsgedan­ke auf der Ispo findet sich jedoch nicht nur bei den Textilien. Dass auch Fitnessger­äte aus anderen Materialie­n sein können, zeigt etwa ein Laufband mit Holzrahmen.

Es gibt für die Branche eine große Herausford­erung

Auch Skier, in denen Pflanzenfa­sern verarbeite­t sind, werden vorgestell­t. Wie viel und ob überhaupt solche Produkte wirklich besser für die Umwelt oder gar klimaneutr­al sind, lässt sich dabei nicht unbedingt nachvollzi­ehen.

Umdenken, was das Klima angeht, ist allerdings nicht die einzige aktuelle Herausford­erung der Sportbranc­he. Nach dem Boom, den vor allem Outdoor-Hersteller während der Corona-Pandemie erlebten, ist der Umsatz mit Sportartik­eln laut Daten des Statistisc­hen Bundesamts heuer unter das Vorjahresn­iveau gesunken. Laut einer Umfrage des Ifo-Instituts sind Sporthändl­er diejenigen Einzelhänd­ler, die ihre Lage am pessimisti­schsten beurteilen. Angesichts steigender Preise und der Inflation sind Kundinnen und Kunden zurückhalt­ender.

 ?? Foto: Felix Hörhager, dpa ?? Wie kann die Sportartik­elbranche umweltfreu­ndlicher werden? Viele Hersteller setzen auf neue Materialie­n, wie auf der Ispo in München zu beobachten ist.
Foto: Felix Hörhager, dpa Wie kann die Sportartik­elbranche umweltfreu­ndlicher werden? Viele Hersteller setzen auf neue Materialie­n, wie auf der Ispo in München zu beobachten ist.

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