Neu-Ulmer Zeitung

Trauer um die letzte Grande Dame des Films

Christiane Hörbiger war eine der bedeutends­ten deutschspr­achigen Schauspiel­erinnen. In Filmen wie Schtonk oder Serien wie „Die Guldenburg­s“begeistert­e sie die Fans. Gestern ist die Grimme-Preisträge­rin mit 84 gestorben.

- Von Josef Karg

Wien Wer im deutschspr­achigen Film der letzten Jahrzehnte an Eleganz und Grandezza denkt, dem fällt spontan ein Name ein: Christiane Hörbiger. Die gebürtige Wienerin ist so etwas wie das weibliche Pendant zu Mario Adorf gewesen. Hochgeacht­et von Kritikern und geliebt von den Fans, war sie die vielleicht letzte Grande Dame des deutschen Films. Am Mittwoch starb die Hörbiger, wie sie ehrfurchts­voll genannt wurde, 84-jährig, in Wien, wie ein Freund der Familie und eine lange Mitarbeite­rin von ihr bestätigte­n. Sie lebte in den letzten Jahren im Städtchen Baden in der Nähe der österreich­ischen Hauptstadt und war bis ins hohe Alter beruflich aktiv.

Um leistungsf­ähig zu bleiben, hielt sie sich fit: Sie mache „30

Kniebeugen an jedem Morgen. Aber nicht gerne“, verriet Christiane Hörbiger zu ihrem 80. Geburtstag in einem Interview. Bewegung sei das eine. Die andere Komponente für eine schlanke Figur und einen gesunden Körper sei die Ernährung, sagte sie. „Meine Waage ist meine Chefin. Ich möchte auf jeden Fall mein Gewicht halten“, verriet die Schauspiel­erin. Sie war wohl gnadenlos disziplini­ert, nicht nur als Frau, auch beruflich.

Hörbigers Leben war die Bühne und vielleicht sogar noch ein bisschen mehr noch der Film. Wie sie den stilvollen Auftritt bis zuletzt in Perfektion beherrscht­e, war bemerkensw­ert. Allerdings vollzog sie im Laufe der Jahre eine durchaus bemerkensw­erte optische Wandlung. Denn der silberblon­de Filmstar der späten Jahre startete einst mit 17 Jahren als brünette Theater-Größe ihre Karriere und erblondete über die Jahre.

Aber eigentlich war das nur Nebensache, denn Christiane Hörbiger verkörpert­e mehr als nur den äußeren Schein. Bei ihr kam es, wie es kommen musste. Denn die spätere Grimme-Preisträge­rin stammte aus einer Filmfamili­e, die vom Boulevard in den Rang des Schauspiel­adels erhoben wurde. Trotzdem oder gerade deswegen hatte sie es in ihren Anfangsjah­ren gar nicht so leicht, aus dem Schatten ihrer scheinbar übermächti­gen Eltern herauszutr­eten. Christiane Hörbiger war die Tochter von Paula Wessely und Attila Hörbiger.

Ihre Karriere lief stringent. Obwohl sie ihre Schauspiel­ausbildung abbrach, gelang ihr schnell der Sprung ans Wiener Burgtheate­r. Und nach einem anfänglich­en Verriss dort erarbeitet­e sie sich schnell einen Namen als ernst zu nehmende Künstlerin. Doch ihre wahre Berufung, sagten viele, habe sie vor der Kamera gefunden. Ihr Durchbruch bei einem breiten Publikum gelang der Hörbiger in den 80er Jahren mit der beliebten Fernsehser­ie „Das Erbe der Guldenburg­s“.

Noch stärker drückte sie der Serie „Julia – Eine ungewöhnli­che Frau“ihren Stempel auf. Als Richterin fesselte sie fünf Staffeln lang ein Millionenp­ublikum. Auch als Göring-Nichte Freya von Hepp in Helmut Dietls preisgekrö­nter Kultsatire „Schtonk“überzeugte sie. Es ist aber müßig, auch nur einen Bruchteil ihrer Rollen aufzählen. Es waren weit über 100.

Christine Hörbingers Privatlebe­n war geprägt von Licht und Schatten. Die Hundeliebh­aberin war zweimal verheirate­t und hatte einen Sohn in zweiter Ehe. Ihr Lebensmens­ch war für die Schauspiel­erin der Regisseur und Autor Gerhard Tötschinge­r. Er starb 2016. Hörbiger selbst sagte damals: „Ich liebe das Leben, vor allem wenn die Sonne scheint, bin ich regelrecht high. Und das sage ich, obwohl das Leben nicht immer leicht für mich war.“

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Foto: Oliver Berg, dpa Christiane Hörbiger mit Götz George in „Schtonk!“.
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Foto: Kahnert, dpa 1,8 Millionen Menschen leiden hierzuland­e an Demenz.

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