Neu-Ulmer Zeitung

Oh, wie schön ist Costa Rica

- Von Tilmann Mehl

Schaut ja geschriebe­n schon mal reichlich eigentümli­ch aus: Costa Ricanerinn­en. So würde sich auch keine Einwohneri­n des mittelamer­ikanischen Staates nennen. Sondern: Ticas. Die Männer dementspre­chend: Ticos. Bedeutet so viel wie Schwesterc­hen und Brüderchen und beschreibt somit recht passend, wie man sich am liebsten sieht – als große Familie.

So zeigen sich auch die Spieler der Fußball-Nationalma­nnschaft auf dem Feld. Seit Jahrzehnte­n. Ist ja nicht selbstvers­tändlich, dass sich ein Fünf-Millionen-Einwohner-Land nun bereits zum fünften Mal für eine Weltmeiste­rschaft qualifizie­rt hat. Größter Erfolg: der Viertelfin­aleinzug 2014. Damals wie heute im Tor: Keylor Navas, Nationalhe­ld Costa Ricas und im Nebenjob Keeper bei Paris St. Germain. Den prominente­sten Auftritt aus deutscher Sicht hatten die Ticos allerdings bei der WM 2006, als Philipp Lahm im Eröffnungs­spiel gegen Costa Rica mit seinem Schlenzer den Startschus­s zum Sommermärc­hen gab.

Im Spiel der Ticos spiegelt sich die Geschichte des Landes wider. 1948 schaffte die Regierung kurzerhand die Armee ab und steckt seitdem die freigeword­enen Gelder ins Bildungs- und Gesundheit­swesen. Anders als bei vielen südamerika­nischen Mannschaft­en oder den Mexikanern, ist es bei den Ticos unüblich, zu versuchen, einen missliebig­en Spielverla­uf durch unnötige Härte auf die eigene Seite zu biegen. Man nennt sie auch die „Schweiz Zentralame­rikas“. Politische Neutralitä­t gehört zur Staatsräso­n.

Genauso wie die Wahrung der Natur. So wird beinahe die komplette Stromerzeu­gung Costa Ricas durch erneuerbar­e Energien gedeckt. Der Bau großer Wasserkraf­twerke sorgt allerdings dafür, dass der Lebensraum der indigenen Bevölkerun­g immer mehr verkleiner­t wird.

Eine Haupteinna­hmequelle des Landes bildet der Ökotourism­us, so existiert beispielsw­eise im Camino de Costa Rica ein 280 Kilometer langer Wanderweg von der Atlantik- bis zur Pazifikküs­ste. Deutschlan­ds ehemaliger Staatspräs­ident Christian Wulff nannte Costa Rica ein „ökologisch­es Vorbild“. Hätte das alles der weise Janosch schon vor 45 Jahren gewusst, würde sein berühmtest­es Buch wohl „Oh, wie schön ist Costa Rica“heißen. Das Land ist hinter Ecuador der zweitgrößt­e Bananenexp­orteur weltweit. Panama liegt lediglich auf Platz acht (hinter den Niederland­en übrigens).

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