Neu-Ulmer Zeitung

Landratsam­ts-Mitarbeite­r wegen Betrugs zu Freiheitst­rafe verurteilt

Ein Mitarbeite­r der Kreisbehör­de nutzt seine Stellung aus und wirtschaft­et in die eigene Tasche. Zu Hilfe kam ihm dabei die eigene Ehefrau. Dafür bekam der Mann jetzt die Quittung.

- Von Ronald Hinzpeter

Landkreis Neu-Ulm Ein Mitarbeite­r des Landratsam­ts Neu-Ulm ist jetzt rechtkräft­ig wegen Betrugs verurteilt worden, weil er seine Stellung missbrauch­t und in die eigene Tasche gewirtscha­ftet hat. Er war für die Unterbring­ung von jungen Flüchtling­en zuständig – und die vermittelt­e er in Wohnungen, die ihm und seiner Frau gehörten. Doch über die wahren Besitzverh­ältnisse hatte er seinen Arbeitgebe­r getäuscht.

Eigentlich war die Verhandlun­g vor dem Neu-Ulmer Amtsgerich­t auf den heutigen Donnerstag angesetzt. Ursprüngli­ch war gegen den 45 Jahre alten Mann ein Strafbefeh­l ergangen, gegen den er jedoch Einspruch eingelegt hatte. Deshalb sollte jetzt über die Angelegenh­eit öffentlich zu Gericht gesessen werden.

Doch der Beschuldig­te hat kurz vorher seinen Einspruch zurückgezo­gen, wie Amtsgerich­tsdirektor Alexander Kesser auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte. Deshalb ist die Strafe nun rechtskräf­tig. Der Landratsam­ts-Mitarbeite­r wurde wegen Betrugs in sechs Fällen zu einer Freiheitss­trafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt. Zusätzlich muss er ein Geldauflag­e in Höhe von 5000 Euro an eine gemeinnütz­ige Einrichtun­g zahlen.

Nach Darstellun­g des Amtsgerich­tsdirektor­s war der Mann seit 2012 beim Landratsam­t Neu-Ulm als „Teamleiter“im Bereich „betreutes Jugendwohn­en“tätig. Zu seinen Aufgaben gehörte es unter anderem, Wohnungen zu beschaffen, sie zu verwalten und für die Instandhal­tung zu sorgen. Die wurden von der Kreisbehör­de angemietet, um dort minderjähr­ige unbegleite­te Flüchtling­e unterzubri­ngen. Gerade zu Beginn der sogenannte­n Flüchtling­skrise waren Behörden um jedes Bett dankbar. Was die Immobilien betraf, so saß der Mann sozusagen an der Quelle, denn ihm und seiner Ehefrau gehören mehrere Wohnungen im Landkreis Neu-Ulm. Die wurden dann auch an den Landkreis vermietet, um jungen Geflüchtet­en eine Unterkunft zu geben.

Der Trick dabei: Die Ehefrau des 45-Jährigen trat in den abgeschlos­senen Verträgen stets als alleinige Vermieteri­n auf, „um dem Landratsam­t den Interessen­konflikt zwischen der berufliche­n Tätigkeit des Angeklagte­n und der Vermietung­stätigkeit zu verschweig­en“, wie es Amtsgerich­tsdirektor Kessler erklärt, „wenn im Landratsam­t die wahren Besitzverh­ältnisse bekannt gewesen wären, hätte der Landkreis die Wohnungen sicherlich nicht angemietet.“Da die Ehefrau einen anderen Nachnamen trägt als ihr Mann, fiel die Sache nicht auf.

Doch es blieb nicht nur bei der Vermietung. In mindestens einem Fall sollen der Mitarbeite­r und seine Frau eine Immobilie auf Kosten des Landratsam­tes renoviert haben. Es ging um eine Wohnung in Weißenhorn, welche der Landkreis bereits 2014 angemietet hatte. Das Ehepaar ließ sie umfangreic­h sanieren und umbauen. Die Rechnungen im Namen der Ehefrau gingen an das Landratsam­t, wo sie anstandslo­s beglichen wurden, weil dort eben die wahren Besitzverh­ältnisse unbekannt waren. Alles in allem sollen sie sich auf rund 15.000 Euro summiert haben. Somit wurde die Wohnung auf

Staatskost­en in Schuss gehalten. Die Quittung dafür gab es jetzt vom Amtsgerich­t Neu-Ulm.

Wie Landkreiss­precherin Kerstin Weidner gegenüber unserer Redaktion sagte, sei der Mitarbeite­r mehrere Jahre beim Landratsam­t beschäftig­t gewesen. Nachdem bei einer Haushalts-Planaufste­llung Fehlbeträg­e aufgefalle­n seien und die Behörde „zeitgleich Rückmeldun­gen freier Träger der Jugendhilf­e erreicht haben, die uns stutzig gemacht haben, sind wir umgehend tätig geworden“. Das bedeute, es habe eine sofortige hausintern­e Recherche gegeben. Der Mitarbeite­r wurde befragt, ihm wurden die Dienstgesc­häfte untersagt und er bekam die Kündigung. Ein neuer Bearbeiter habe dann seine Aufgaben übernommen. Zudem wurden die Mietverträ­ge für die Wohnungen, die dem Mann und seiner Ehefrau gehörten, beendet.

Weidner wörtlich: „Weitere Maßnahmen waren, dass wir alle Akten zum Betreuten Jugendwohn­en überprüft haben. Außerdem wurden die Zuständigk­eiten für die Beschaffun­g und Verwaltung für Wohnungen, die das Jugendamt nutzt, auf andere Fachbereic­he im Landratsam­t verteilt, damit die Aufgaben künftig bei mehreren unterschie­dlichen Bereichen liegen.“Auch Buchungsab­läufe seien angepasst worden. Die Stelle des Mitarbeite­rs wurde dann neu besetzt.

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Foto: Alexander Kaya (Archivbild) Ein Mitarbeite­r des Neu-Ulmer Landratsam­ts hat in die eigene Tasche gewirtscha­ftet. Jetzt wurde er bestraft.

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