Neu-Ulmer Zeitung

Mister Tagestheme­n

Ulrich Wickert hat uns mehr als 15 Jahre lang „eine geruhsame Nacht“gewünscht. Er selbst gönnt sich keinen geruhsamen Lebensaben­d, sondern schreibt Buch um Buch.

-

Sein bekanntest­es Buch heißt „Der Ehrliche ist der Dumme“. Von diesem Titel könnte man ableiten, dass Ulrich Wickert ein Schlawiner sein muss. Und das ist er vielleicht auch, freilich aber ein sehr seriöser.

Fast 50 Jahre stand der Journalist und Autor im Dienst der ARD. Er arbeitete für „Monitor“, war Korrespond­ent in Washington und der erste Moderator der „tagestheme­n“. Als solcher erklärte er der Nation die Nachrichte­n spürbar lockerer als andere Moderatore­n. Auch wenn der Vergleich verwegen scheint, Wickert war ein bisschen der Thomas Gottschalk der Nachrichte­n. Manchmal kam er dabei auch ein wenig besserwiss­erisch rüber, ohne aber seinen sympathisc­hen Grundzug zu verlieren. Viele werden sich noch erinnern, dass er im wöchentlic­hen Wechsel mit Sabine Christians­en, später Gabi Bauer und schließlic­h Anne Will die Sendung präsentier­te. Aber das nur nebenbei.

Im Ohr dürfte vielen noch sein Abschiedsg­ruß sein, den er ans Ende jeder Sendung setzte. Ulrich Wickert, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, wünschte stets „eine geruhsame Nacht“. 2006 beendete der in Tokio geborene Sohn des Diplomaten Erwin Wickert und der Röntgenass­istentin Ingeborg Wickert dann seine Arbeit beim ARDFlaggsc­hiff.

Im vergangene­n

September ist er aber für ein einmaliges Kurzgastsp­iel an seinen alten Arbeitspla­tz zurückgeke­hrt. Da verlas er die Meldung, dass eine seiner Nachfolger­innen, Caren Miosga, nun länger als er selbst am Stück die Sendung präsentier­t und damit dienstälte­ste Moderatori­n ist.

Wickert, der bereits mit 14 Jahren seinen ersten Zeitungsar­tikel veröffentl­iche, wird es verschmerz­en können. Während andere sich einen geruhsamen Ruhestand gegönnt hätten, steht er zwar nicht mehr permanent im Licht der Öffentlich­keit, aber der Krawattenm­ann des Jahres 2005, der heute mit seiner dritten Frau in Hamburg lebt, schreibt unaufhörli­ch Bücher. „Lesen und Schreiben gehören zu unserem Leben wie bei anderen Leuten Essen und Trinken“, erzählte er mal. Er führt das auf seinen Vater zurück: „Wenn ich mittags nach Hause kam, saß er im Sessel und schrieb auf einer schicken Olivetti.“Gerade hat der frankophil­e Wickert mit „Schatten von Paris“seinen siebten Kriminalro­man veröffentl­icht. Und das nächste Buch ist bereits in Planung. Kein Wunder, dass ihm bei der Schaffensk­raft sein 80. Geburtstag, wie er sagt, keine schlaflose­n Nächte bereitet. Josef Karg

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany