Jetzt sollen Reformen reformiert werden
Volles Programm bei DOSB-Versammlung: Weikert-Wiederwahl, Olympia-Bewerbung und mehr Geld für den Spitzensport. Ex-Präsident Hörmann meldet sich im Vorfeld zu Wort.
Leistungssportreform. Dieser Begriff geistert seit 2016 durch die Köpfe nahezu aller Sportfunktionäre und Trainer des Landes. Der frühere Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann aus dem Oberallgäuer Sulzberg, hatte initiiert, dass die exakt 100 Mitgliedsverbände ihre bisherigen Fördersysteme einmal auf links drehen. Ein nicht nur vom Begriff her knöchern daherkommendes Potenzialanalysesystem, kurz PotAS, sollte ermitteln, welche Sportarten überhaupt Chancen auf olympische Medaillen haben. Entsprechend dieser Aussichten sollten dann Fördergelder des Bundes fließen.
Geht es nach dem Willen der neuen DOSB-Führung unter Hörmanns Nachfolger Thomas Weikert, der sich übrigens am Wochenende bei der Mitgliederversammlung
in Baden-Baden zur Wiederwahl stellt und über eine erneute Olympiakandidatur Deutschlands debattieren will, dann ist nach vier Jahren PotAS höchste Zeit, die Reform zu reformieren. Die Medaillenausbeute ginge weiter zurück. Gab es 1992 in Barcelona noch 82 Mal Edelmetall, waren es bei den Spielen 2021 in Tokio nur noch 37. Zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat Weikert in der vergangenen Woche ein neues Grobkonzept vorgestellt. Eine Agentur für Leistungssport soll gegründet werden – und ein Sportfördergesetz auf den Weg gebracht werden. Faeser sagte, was bislang alle Innenminister sagten: „Wir wollen den Spitzensport in Deutschland zukunftsfest machen.“Und Weikert sagte, was bislang alle DOSB-Präsidenten sagten: „Der deutsche Leistungssport braucht neue, innovative Impulse.“Neu ist: Anstatt Jahr für Jahr über die Förderung zu verhandeln, soll das neue Gesetz eine langfristige Finanzierung sicherstellen und den Verbänden Planungssicherheit geben.
Vor der Versammlung in BadenBaden äußerte sich auch Alfons Hörmann, der nach der Brief-Affäre im DOSB vor einem Jahr freiwillig auf eine Kandidatur verzichtet hatte, zur Lage der Sportnation. In einem Interview mit Stuttgarter
Nachrichten/Stuttgarter Zeitung forderte Hörmann, den „erkennbaren Niedergang in vielen Disziplinen zu stoppen.“Es müsse gelingen, den Leistungssport besser zu steuern und zu führen und den Einfluss der Politik zu begrenzen. Seinem Nachfolger Weikert wolle er „nicht als Besserwisser von außen gute Ratschläge geben. Nur so viel: Ich war schon verwundert, dass bei den letzten Diskussionen über Hilfspakete vom Sport kaum die Rede war. Das macht mir Sorge.“Wenn die Politik nicht erkenne, dass der Sport ein entscheidender Faktor für Deutschland sei, wäre das aus seiner Sicht „schockierend“. Hörmann will im deutschen Spitzensport keine Rolle mehr übernehmen. „Auf regionaler Ebene bin ich weiterhin tätig“, sagte er, „über alles andere mache ich mir aktuell keine Gedanken“. Seine Energie wolle er an anderer Stelle sinnvoll einbringen. Als Unternehmer möchte er die Energiewende 2.0 vorantreiben.