Neu-Ulmer Zeitung

Im Zuwanderun­gsstreit geht ein Riss durch die CDU

Mit einem Geschäftso­rdnungstri­ck im Bundestag legen die Koalitions­fraktionen offen, dass zahlreiche prominente Christdemo­kraten dem harten Ablehnungs­kurs von Fraktionsc­hef Friedrich Merz nicht folgen wollen.

- Von Michael Pohl

Berlin Die Abstimmung über das umstritten­e sogenannte ChancenAuf­enthaltsre­cht im Bundestag kann die Ampel-Koalition gleich als doppelten Erfolg verbuchen. Nicht nur konnten SPD, Grüne und FDP das Gesetz, das bislang geduldeten Ausländern bessere Chancen für einen dauerhafte­n Aufenthalt­sstatus bieten soll, mit ihrer Mehrheit problemlos durch das Parlament bringen. Mit einem Geschäftso­rdnungstri­ck sorgte die Koalition zugleich dafür, dass der Riss, der durch die CDU in dieser Frage geht, für die Öffentlich­keit sichtbar zutage trat. Die Regierungs­parteien beantragte­n zuvor eine namentlich­e Abstimmung über das Gesetz – ein Kniff, der eigentlich zum Werkzeugka­sten der Opposition gehört.

Die Taktik ging auf und offenbarte, dass mehrere prominente CDU-Politikeri­nnen und Politiker der Ära der früheren Kanzlerin Angela Merkel nicht auf dem strammen Ablehnungs­kurs lagen, den Unionsfrak­tionschef Friedrich Merz vorgab. Während fast alle Abgeordnet­en von SPD, Grünen und FDP für das Gesetz stimmten, enthielten sich 20 der 152 CDUAbgeord­neten.

Darunter waren der frühere

NRW-Ministerpr­äsident und ExParteich­ef Armin Laschet, Merkels Ex-Kanzleramt­sminister Helge Braun, Ex-Wissenscha­ftsministe­rin

Anja Karliczek, die frühere Kultur-Staatsmini­sterin Monika Grütters, die Ex-Bundesmini­ster Herrmann Gröhe und Norbert Röttgen, CDU-Bundesvors­tandsmitgl­ied Serap Güler sowie Bundestags­vizepräsid­entin Yvonne Magwas.

Am Ende gab selbst der Unionsfrak­tionschef keine Stimmkarte ab. Ein Sprecher der Fraktion erklärte, Merz habe wegen eines anderen Termins an der Abstimmung nicht teilgenomm­en. „Seine Position zu diesem Thema ist hinlänglic­h bekannt“, fügte er hinzu. Merz hatte das Gesetz unter anderem abgelehnt, da auch Ausreisepf­lichtige von dem Chancen-Aufenthalt­srecht profitiere­n würden, die sich jahrelang geweigert hätten, bei der Klärung ihrer Identität mitzuhelfe­n. Dagegen hatten sich zuvor 19 CDU-Abgeordnet­e in einer persönlich­en Erklärung gegen einen strikt ablehnende­n Kurs gestellt und die Perspektiv­e für langjährig geduldete Flüchtling­e begrüßt und ebenso auf den Fachkräfte­mangel hingewiese­n.

Wer zum Stichtag 31. Oktober 2022 fünf Jahre im Land lebt und nicht straffälli­g geworden ist, soll nun 18 Monate Zeit bekommen, um die Voraussetz­ungen für einen langfristi­gen Aufenthalt­sstatus zu erfüllen. Dazu gehören Deutschken­ntnisse und die Sicherung des Lebensunte­rhalts. (mit dpa)

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Friedrich Merz hat es mit prominente­n Abweichler­n zu tun.

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