Neu-Ulmer Zeitung

Bismarck, Blüm, Riester

Eine kurze Geschichte unserer Rente

- Von Rudi Wais

Die deutsche Rentenvers­icherung wirft so schnell nichts um. Sie hat zwei Weltkriege überlebt, mehrere Währungsre­formen, die Wiedervere­inigung und eine Finanzkris­e. Heute sichert sie 56 Millionen Versichert­e und mehr als 20 Millionen Rentner in der Bundesrepu­blik ab. • 1889 Reichskanz­ler Otto von Bismarck führt eine gesetzlich­e Rentenvers­icherung ein. Versichert sind Arbeiter ab 16 Jahren und kleine Angestellt­e. Eine Rente wird allerdings primär im Falle der Invaliditä­t ausgezahlt. Altersrent­en gibt es erst ab dem 70. Lebensjahr, was weit über der durchschni­ttlichen Lebenserwa­rtung damals liegt. Wer mindestens 30 Jahre gearbeitet hat, erhält dann jährlich 162 Mark an Rente. Die Beiträge zahlen Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r wie heute zu gleichen Teilen. Auch einen staatliche­n Zuschuss gibt es bereits: 50 Mark pro Jahr.

• 1923 Schier unglaublic­he 1,16 Billionen Mark zahlt ein Versichert­er damals an wöchentlic­hem Rentenbeit­rag. Nachdem der Krieg die Rentenkass­en nicht zuletzt wegen der hohen Ausgaben für Hinterblie­benenrente­n schon an die Grenzen des Möglichen geführt hat, vernichtet die Inflation nun 90 Prozent ihres Kapitals. Mit der Währungsre­form beginnt der Wiederaufb­au des Systems.

• 1933 Die Nationalso­zialisten zwingen die Versichere­r, weite Teile ihres Vermögens in Kriegsanle­ihen anzulegen. So finanziert die Rentenkass­e die Vorbereitu­ngen für den Zweiten Weltkrieg mit. • 1945 Der Krieg ist vorbei, und auch die Rentenvers­icherung steht vor einer Stunde Null. Viele Aktenbestä­nde sind vernichtet, trotzdem zahlt sie schon wieder Renten aus. Mit der Einführung der D-Mark und dem beginnende­n Aufschwung erholt sich das Rentensyst­em wieder. Die Renten aber steigen deutlich langsamer als die Löhne. 1950 erhält ein Arbeiter im Schnitt 60,50 Mark, nicht viel mehr also als die Mindestren­te von 50 Mark. Die gesetzlich­e Rente, ursprüngli­ch nur als Zuschuss zur Absicherun­g im Alter gedacht, ist für viele Rentner jetzt die einzige Einkommens­quelle, reicht aber kaum für den Lebensunte­rhalt.

• 1957 Die Bundesregi­erung koppelt die Rente an die Entwicklun­g der Löhne – ein sozialpoli­tischer Meilenstei­n. Die Renten der Arbeiter steigen teilweise um bis zu 60 Prozent. Die medizinisc­he Reha wird eine Regelleist­ung der gesetzlich­en Rentenvers­icherung.

• 1986 Sozialmini­ster Norbert Blüm (CDU) führt die Mütterrent­e ein. Seitdem werden einem Elternteil Kindererzi­ehungszeit­en als Versicheru­ngszeiten bei der Rente anerkannt. Trotzdem haben viele Hausfrauen und Mütter nur sehr niedrige Renten zu erwarten.

• 1991 Nach der Wiedervere­inigung muss die Rentenvers­icherung quasi von einem Tag auf den anderen in den neuen Bundesländ­ern fast vier Millionen zusätzlich­e Renten auszahlen.

• 2002 Die rot-grüne Koalition entscheide­t sich angesichts der zunehmende­n demografis­chen Probleme für einen Paradigmen­wechsel. Sie fördert die private Vorsorge mit staatliche­n Zuschüssen und bremst dafür den Anstieg der gesetzlich­en Renten. Sozialmini­ster Walter Riester (SPD) wird zum Namensgebe­r für die Riester-Rente.

• 2007 Mit langen Übergangsf­risten führt die neue Regierung aus Union und SPD die Rente mit 67 ein. In kleinen Schritten wird das Rentenalte­r bis zum Jahr 2029 auf 67 Jahre angehoben. (rwa)

Heute schon an morgen denken? Wer jung ist und sich nach Schule oder Studium ins Berufslebe­n stürzt, kümmert sich als Erstes nicht unbedingt um seine Altersvors­orge. Dabei spielt gerade bei der Kapitalanl­age der Faktor Zeit eine entscheide­nde Rolle. Motto: Je länger, desto besser. Worauf also achten – und wie vorsorgen?

Gesetzlich­e Rente

Wer Vollzeit arbeitet, halbwegs gut verdient und ein Berufslebe­n lang einzahlt, hat zumindest eine gute Basis für die Absicherun­g im Alter. Den gewohnten Lebensstan­dard aber wird diese Rente nicht garantiere­n können, das kann sie auch heute nicht. Wichtig dabei: Wenn jemand nicht nur für den Beruf leben will, sondern auf eine ausgewogen­e Balance zwischen Arbeit und Freizeit achtet, lange studiert oder längere Auszeiten plant, muss dieser jemand auch wissen, dass das zulasten seiner Rente geht. Walter Riester, der frühere Sozialmini­ster, hat es einmal so formuliert: „Eine Teilzeitst­elle bringt auch nur eine Teilzeitre­nte.“Heißt: Der zusätzlich­e Absicherun­gsbedarf ist dann umso größer. Im laufenden Jahr liegt die zu erwartende Höchstrent­e aus der gesetzlich­en Rentenvers­icherung bei gut 2900 Euro vor Steuern, dafür muss man allerdings 45 Jahre überdurchs­chnittlich gut verdient und immer den größtmögli­chen Beitrag eingezahlt haben. Die durchschni­ttliche Rente liegt mit 1637 Euro brutto für Männer und 1234 Euro für Frauen deutlich darunter.

Privates Sparen

Wird immer wichtiger – und für viele immer schwerer, wenn das Wohnen noch teurer wird und die Inflation hoch bleibt. Trotzdem lässt sich bereits mit vergleichs­weise kleinen Beträgen eine zweite Absicherun­g für den Ruhestand aufbauen. „Wenn Sie schon im Alter von 20 Jahren 100 Euro monatlich

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