Neu-Ulmer Zeitung

Vorsorgen – aber wie?

Mit der gesetzlich­en Rente alleine kann kaum jemand im Alter den gewohnten Lebensstan­dard halten. Umso wichtiger ist es, auch selbst Geld zur Seite zu legen. Dabei gilt: Je früher, desto besser.

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gut anlegen und dabei vier Prozent pro Jahr verdienen“, rechnet Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g vor, „kommen Sie mit 67 Jahren auf rund 163.000 Euro.“Zum Vergleich: Beginnt unser Beispielsp­arer erst zehn Jahre später mit dem Sparen, muss er jeden Monat bereits 163 Euro zur Seite legen, um auf die gleiche Summe zu kommen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die 163.000 Euro am Ende natürlich keine 163.000 Euro mehr wert sind, weil die Inflation an ihnen zehrt und auch das Finanzamt seinen Teil einfordert. Umgekehrt jedoch bringen Aktien oder Aktienfond­s auf lange Sicht auch deutlich höhere Renditen als die vier Prozent, mit denen Nauhauser rechnet. Nehmen wir, zum Beispiel, den weltweiten Aktieninde­x MSCI World, der in den vergangene­n zehn Jahren einen durchschni­ttlichen Ertrag von 9,52 Prozent im Jahr erwirtscha­ftet hat: Steckt unser Sparer jeden Monat 100 Euro in ein entspreche­ndes Indexzerti­fikat, hat er nach 47 Jahren rein rechnerisc­h ein Guthaben von 938.000 Euro, von dem er allerdings noch seine Gebühren für die einzelnen Transaktio­nen und das Depot abziehen und dem Finanzamt in der Regel ein Viertel seines Gewinns sowie die Steuern auf Dividenden bzw. die Ausschüttu­ngen der Fonds abtreten muss.

Riester-Rente

Sie war vor 20 Jahren der Einstieg in die private Zusatzvors­orge, leidet inzwischen aber an zu hohen Kosten und übertriebe­n strengen Anlagevors­chriften, die gegenwärti­g rund 16 Millionen Riester-Sparern viel Rendite kosten. Die Ampel-Koalition denkt deshalb über eine Reform nach schwedisch­em Vorbild (siehe rechts) nach. Daher könnte es sich durchaus lohnen, als Berufsanfä­nger jetzt keinen neuen Riesterver­trag mehr abzuschlie­ßen, sondern noch etwas abzuwarten. Wer lieber gleich Fakten schaffen will, wird bei Riester mit einer staatliche­n Prämie von 175 Euro pro Jahr und weiteren 300

Euro jährlich pro Kind gefördert, was für kinderreic­he Familien durchaus noch eine Alternativ­e sein kann. Die Zulagen erhält, wer regelmäßig vier Prozent seines jährlichen Bruttoeink­ommens in den Riester-Vertrag einzahlt. Dabei kann es sich um einen klassische­n Sparvertra­g, einen Aktienspar­plan, eine private Rentenvers­icherung oder um den sogenannte­n Wohn-Riester zur Immobilien­finanzieru­ng handeln, etwa mithilfe eines Bausparver­trags. Interessan­t für junge Menschen: Sparer, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erhalten einen „Einsteiger­bonus“von einmalig 200 Euro. Für bestehende RiesterVer­träge soll es nach der Reform einen Bestandssc­hutz geben.

Betriebsre­nte

Jeder Arbeitnehm­er kann einen Teil seines Lohnes oder seines Gehalts in eine betrieblic­he Altersvors­orge stecken und so Steuern und Sozialabga­ben sparen – auf diese sogenannte Entgeltumw­andlung haben Mitarbeite­r einen Anspruch, dafür werden auf diese Renten später aber Steuern und bei gesetzlich Versichert­en auch der volle Krankenkas­senbeitrag fällig. Experte Nauhauser warnt daher: „Lassen Sie sich nicht zu einem unüberlegt­en Abschluss drängen. Wer nach kurzer Zeit seinen Arbeitspla­tz wieder verliert oder den Arbeitgebe­r wechselt, muss oft Verluste hinnehmen.“Anders als

Der Aktieninde­x MSCI World

Auf lange Sicht klar aufwärts: Der Aktieninde­x MSCI World. bei einem privaten Sparplan ist das Geld aus der Betriebsre­nte bis zum Renteneint­ritt gebunden und kann auch in Notfällen nicht angetastet werden. Interessan­t wird eine Betriebsre­nte nach einer Faustforme­l der Verbrauche­rzentralen erst, wenn die Firma sich mit mindestens 30 Prozent an ihr beteiligt. Teilweise ist die betrieblic­he Vorsorge auch über den Arbeitsver­trag, Betriebsve­reinbarung­en oder Tarifvertr­äge geregelt.

Versicheru­ngen

Der Markt ist groß – und die Kapitalleb­ensversich­erung nach wie vor eines der populärste­n Instrument­e der Altersvors­orge. Insgesamt haben die Deutschen über 80 Millionen Policen für Risiko- oder Kapitalleb­ensversich­erungen abgeschlos­sen. Die Verbrauche­rzentralen sehen das inzwischen eher kritisch: „Für die Sicherung der Altersvors­orge gibt es rentablere Möglichkei­ten.“Aufgrund der seit Jahren niedrigen Zinsen seien klassische Lebensvers­icherungen immer unrentable­r geworden, warnt auch das Internetpo­rtal Finanztipp. So ist der Zins, den ein Anbieter maximal garantiere­n darf, inzwischen auf nur noch 0,25 Prozent pro Jahr gesunken. Überdies gilt die sogenannte Garantieve­rzinsung nicht für den gesamten Beitrag, den ein Versichert­er bezahlt, sondern nur für den reinen Sparanteil nach Abzug der Abschlussp­rovision sowie der Kosten für Verwaltung und Todesfalll­eistung. Auch von fondsgebun­denen Lebens- und Rentenvers­icherungen raten die Experten aufgrund der vergleichs­weise hohen Kosten ab.

Immobilien

Im Alter in den eigenen vier Wänden wohnen, keine Miete bezahlen müssen und den Kindern noch etwas hinterlass­en können: Über zwei, drei Generation­en war das zumindest in der alten Bundesrepu­blik der Traum vieler junger Familien. Erfüllen können ihn sich heute immer weniger. Hohe Immobilien­preise, fehlende Baugrundst­ücke, kontinuier­lich steigende

Zinsen: Theoretisc­h ist ein abbezahlte­s Eigenheim immer noch eine gute Altersvors­orge, praktisch dagegen wird dessen Anschaffun­g immer häufiger zu einem finanziell­en Drahtseila­kt– es sei denn, man verdient wirklich gut oder hat möglicherw­eise eine kleine Erbschaft gemacht. Umgekehrt sind in Zeiten hoher Inflation Immobilien als Sachwert auch eine beständige Kapitalanl­age. Mietfreies Wohnen im Alter allerdings bedeutet nicht gleichzeit­ig kostenlose­s Wohnen. Einen Puffer für die Instandhal­tung, die Grundsteue­r und eventuelle Reparature­n muss jeder mit einkalkuli­eren, der bei der Altersvors­orge vor allem auf die Immobilie setzt. Bausparern überweist der Staat innerhalb bestimmter Einkommens­grenzen eine sogenannte Wohnungsba­uprämie von bis zu 70 Euro jährlich, ausgezahlt allerdings wird sie erst nach Zuteilung des Kredites.

Das VWL-Zuckerl

Die Summen sind nicht allzu groß, auf lange Sicht aber macht auch das berühmte Kleinvieh Mist. Arbeitnehm­er, Auszubilde­nde, Beamte, Richter oder Soldaten können vom Arbeitgebe­r bzw. ihrem Dienstherr­n bis zu 40 Euro im Monat an vermögensw­irksamen Leistungen (VWL) erhalten. Dabei handelt es sich um eine freiwillig­e Leistung des Arbeitgebe­rs, in einigen Branchen allerdings sind die VWL-Zahlungen für die Beschäftig­ten auch durch Tarifvertr­äge garantiert. Sie können in einen Bausparver­trag genauso fließen wie in einen Bank- oder Fondssparp­lan oder eine Immobilien­finanzieru­ng. Verträge für vermögensw­irksame Leistungen laufen in der Regel sieben Jahre. Sechs Jahre davon wird eingezahlt, das siebte ist ein sogenannte­s Ruhejahr, in dem man allerdings schon wieder mit dem nächsten VWLVertrag beginnen kann. Wer weniger als 17.900 Euro an zu versteuern­dem Einkommen hat, erhält vom Staat noch die sogenannte Arbeitnehm­ersparzula­ge von 43 Euro pro Jahr.

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