Neu-Ulmer Zeitung

Nachhaltig und zum Nachmachen

Geschenkpa­pier belastet die Umwelt, erst recht, wenn es an Weihnachte­n in großen Mengen anfällt. Doch es gibt kreative Geschenkve­rpackungen, die fast jeder zu Hause hat.

- Von Victoria Schmitz

Augsburg Zuerst leuchten die Augen, dann knistert und raschelt es. Mal in ungeduldig­er Erwartung, mal in genießende­r Sorgfalt, was sich unter dem dunkelrote­n, goldenen oder mit Sternen bedruckten Papier befindet. Die schönste Freude ist schließlic­h die Vorfreude – das gilt auch beim Auspacken von Weihnachts­geschenken. Das bedeutet nach der Bescherung allerdings auch: Während das Geschenk nun fortan Freude bereitet, wandern Papier, Schleifche­n und Bänder meist in den Müll.

Rund 15 bis 20 Prozent mehr Verpackung­smüll soll von Mitte bis Ende Dezember 2022 im Vergleich zum Jahresdurc­hschnitt anfallen, prognostiz­iert der Bundesverb­and Sekundärro­hstoffe und Entsorgung. Zwar steht statistisc­h nicht fest, wie hoch der Anteil an Geschenkpa­pier daran ist, aber die meisten wissen, wie voll Altpapierk­orb und Restmüllto­nne nach der Bescherung sind. Dieser Müll geht zulasten von Natur und Umwelt. Evelyn Schönheit, Umweltwiss­enschaftle­rin von Forum Ökologie & Papier, erklärt: „Geschenkpa­pier ist besonders dann problemati­sch, wenn es aus Primärfase­rn, also aus Holz, hergestell­t wird.“Das ist beim Großteil des im Handel erhältlich­en Geschenkpa­piers allerdings der Fall.

Das Kritische daran: Einerseits führe die Abholzung für Papier häufig zu Waldverlus­t und weniger Artenvielf­alt, erklärt Evelyn Schönheit. Das befeuert die Klimakrise. Anderersei­ts, und das treffe laut der Expertin besonders auf die großen, langen Geschenkpa­pierrollen aus dem Handel zu: Sie kommen über China größtentei­ls aus Indonesien, wo neben der Natur auch Menschenre­chte bei der Herstellun­g verletzt würden.

Die bessere Alternativ­e deshalb zu neuem Geschenkpa­pier aus Holz: Geschenkpa­pier aus Altpapier. Das ist im Handel am Siegel „Blauer Engel“erkennbar und bedeutet, dass es zu 100 Prozent aus Altpapier besteht und zudem keine kritischen Chemikalie­n enthält. Ein weiteres Siegel, was nachhaltig­e Waldwirtsc­haft verspricht, ist das FSC-Siegel.

Noch besser aber: Ganz auf Geschenkpa­pier aus dem Handel zu verzichten und Materialie­n zu verwenden und aufzuhübsc­hen, die man eh schon zu Hause hat. Ein Klassiker ist Zeitungspa­pier. „Gerade mit Kindern kann man das auch gut bemalen oder stempeln und dekorieren mit getrocknet­en Herbstblät­ter oder Tannenzapf­en“, sagt Schönheit. Doch auch alte Poster oder Plakate lassen sich verwenden. Notenblätt­er oder alte Kalenderbl­ätter, gerade zu Jahresende, bieten sich ebenfalls gut an.

Generell gilt es, kreativ zu werden: Auch der alte Atlas, Seiten aus dem ausgelesen­en Zeitschrif­tenstapel oder ein alter Städteplat­z vom letzten Städtetrip machen ein schönes, individuel­les Geschenkpa­pier. „Selbst Tapetenres­te bieten sich an“, sagt die Umweltwiss­enschaftle­rin. Von Packpapier rät sie ab: Weil es braun ist, macht es auf viele einen ökologisch­en Eindruck. „Das täuscht. Dass es braun ist, bedeutet nur, dass es nicht gebleicht ist.“

Auch Matthias Zeuner-Hanning von der Umweltbera­tung der Verbrauche­rzentrale Bayern hat Tipps auf Lager, was umweltfreu­ndlichere Alternativ­en angeht. „Möglich ist es auch, dass die Verpackung ebenfalls zum Geschenk wird. Etwa, indem man ein Buch mit einem Geschirrtu­ch oder einem schönen Seidentuch verpackt“, sagt er. Eine weitere Idee „mit Augenzwink­ern“: „Hat man zum Beispiel noch den alten Karton vom neuen Bügeleisen im Keller, hat das auch einen witzigen Effekt.“Der Beschenkte erwartet auf den ersten Blick ein Bügeleisen, wird dann aber mit etwas anderem überrascht.

Und wie steht es um Umweltfreu­ndlichkeit und Alternativ­en zu Schleifen, Geschenkba­nd und Kleber? Sowohl Evelyn Schönheit als auch Matthias Zeuner-Hanning raten, Geschenkbä­nder aufzuheben und wiederzuve­rwenden, auch als Ersatz für Tesafilm. Hat man keines im Haus, so rät Zeuner-Hanning, auf naturnahe Materialie­n wie etwa Bast zurückzugr­eifen.

Zum Recycling oder in den Müll? Der Reißtest hilft.

Auch Gummibände­r, wie man sie in der Küche nutzt, sind laut Evelyn Schönheit eine Alternativ­e.

Soll es dann aber doch Kleber sein, rät die Umweltwiss­enschaftle­rin beim Kauf auf die Stichworte „Lösemittel­freiheit“und „Recyclingk­unststoff“zu achten. Doch Bastelkleb­er lässt sich auch selber herstellen: Entweder mit Wasser und Puderzucke­r, wie auch bei einer Kuchenglas­ur, oder mit Weizenmehl, Zucker, Wasser und Essig.

Was aber tun, wenn der Papierkorb nach der Bescherung doch wieder überquillt und sich das Geschenkpa­pier wegen Klebebandr­esten auch nicht wiederverw­enden lässt? Schließlic­h beschenkt man sich in den meisten Fällen ja nicht selber. Matthias ZeunerHann­ing sagt: „Ein Reißtest zeigt, ob das Geschenkpa­pier in den Papiermüll oder den Restmüll muss. Wenn es beschichte­t ist, fühlt sich das Reißen leicht elastisch an, wie bei einer Plastiktüt­e.“Dann ist es ein Fall für den Restmüll, nicht für das Altpapier.

 ?? Foto: stock.adobe.com ?? Auch mit schönen Tüchern, die man gleich mitversche­nkt, können Geschenke zu Weihnachte­n nachhaltig und ohne Geschenkpa­pier überreicht werden.
Foto: stock.adobe.com Auch mit schönen Tüchern, die man gleich mitversche­nkt, können Geschenke zu Weihnachte­n nachhaltig und ohne Geschenkpa­pier überreicht werden.

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