Neu-Ulmer Zeitung

Kritik von allen Seiten

Nach dem WM-Aus steht die deutsche Nationalel­f im Kreuzfeuer. TV-Experte Dietmar Hamann fordert sogar den Rauswurf von Bundestrai­ner Hansi Flick.

- Von Florian Eisele

Auch schön klingende Worte können eine harte Kritik darstellen. Ein Beispiel dafür lieferte Deutschlan­ds Verteidige­r Antonio Rüdiger. Nach dem bitteren Ausscheide­n der Nationalma­nnschaft begab er sich auf die Suche nach Erklärunge­n. Eine davon lautete laut dem Verteidige­r von Real Madrid: „Wir sind eine sehr, sehr liebe Mannschaft.“Das würde sich gut anhören – wenn man damit Spiele gewinnen könnte. Am Tag nach dem Ausscheide­n sprachen viele Kritiker denselben Punkt wie Rüdiger an, wählten dafür aber weniger wohlklinge­nde Worte.

Bastian Schweinste­iger etwa bemängelte in der ARD, dass er das Feuer in der Mannschaft vermisst habe: „Ich bin echt enttäuscht und schockiert, wie das verlief. Das Auftreten der Nationalma­nnschaft ist zu wenig, das reicht nicht.“Noch deutlicher wurde ein anderer ehemaliger Bayern-Spieler: Dietmar Hamann. Der 49-Jährige, der selbst 59 Länderspie­le absolviert hat, forderte bei TV-Sender Sky das Ende der Amtszeit von Bundestrai­ner Hansi Flick: „Ich halte es für ausgeschlo­ssen, dass wir mit dem Trainer weitermach­en können nach diesem Debakel.“Das erneute Scheitern in der Gruppenpha­se sei „das Ende einer großen Fußball-Nation. Das war jämmerlich, wie wir uns verkauft haben - auf dem Platz und außerhalb. Ich wüsste keinen Grund, warum wir in dieser Konstellat­ion weitermach­en sollten.“

Ex-Nationaltr­ainer

Rudi Völler glaubt auch, Probleme in der Mentalität erkannt zu haben.

„Man hatte das Gefühl, dass die letzte Gier fehlt. Der letzte Wille, vorne das Tor erzielen und hinten das Tor verteidige­n zu wollen“, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Hart ins Gericht mit der Nationalma­nnschaft ging auch Ex-Profi Holger Badstuber. In seiner Kolumne bei Eurosport schrieb er: „Wir sind keine harten Arbeiter mehr. Stattdesse­n sehe ich nur noch verwöhnte Spieler ohne Biss.“Das Vorrunden-Aus sei ein „Debakel. Schwach, peinlich, unwürdig, enttäusche­nd“, so der 33-Jährige. Nun sei „eine Generation in der Nationalma­nnschaft, die einfach nicht mehr das gewisse Etwas hat, nicht genug Biss hat.“(Bild: Vennenbern­d, dpa) schon länger, dass das Ergebnis im Jugendfußb­all in den Hintergrun­d rücken soll, damit sich Spieler besser entwickeln können. Fußball ist aber ein Ergebnissp­ort. Ein Fehlerspor­t. Es gewinnt nicht die Mannschaft, die mehr richtig macht, sondern jene, die weniger verkehrt macht. Das ist ein Unterschie­d. Die Vereine sehen den Verband in der Pflicht, der die Leitplanke­n setzt. Geprägt aber werden die Kinder im Verein. Es ist Sache der Leistungsz­entren, Spezialist­en auszubilde­n – und sich nicht für Scouting-Erfolge im Jugendbere­ich feiern zu lassen. Wie etwa beim FC Bayern, wo man für sich reklamiert, dass Jamal Musiala aus der eigenen Jugend stamme. Musiala aber wurde in England geprägt.

Für all die Versäumnis­se im deutschen Fußball wird in den kommenden Tagen Oliver Bierhoff verantwort­lich gemacht werden. Das ist nicht fair. Aber Teil des Geschäfts, von dem er seit Jahrzehnte­n profitiert.

 ?? ?? Dietmar Hamann
Dietmar Hamann

Newspapers in German

Newspapers from Germany