Unbefristeter Streik an der Uniklinik Ulm droht
Keine Einigung im Tarifstreit: Die Arbeitgeber machen ein neues Angebot – doch Verdi klagt, es sei schlechter als der Verhandlungsstand. Jetzt entscheidet die Tarifkommission.
Ulm An den Unikliniken in BadenWürttemberg droht ein unbefristeter Streik. Die dritte Verhandlungsrunde im Tarifstreit zwischen der Gewerkschaft Verdi und dem Arbeitgeberverband der baden-württembergischen Universitätskliniken ist am Donnerstag gescheitert, wie beide Seiten am Freitag mitteilten. Am Montag will die Verdi-Tarifkommission über das Scheitern der Verhandlungen beraten.
Sollte die Tarifkommission zu dieser Entscheidung kommen, steht eine Urabstimmung über einen unbefristeten Streik an. Bislang sind die vier Unikliniken Ulm, Heidelberg, Freiburg und Tübingen an bis zu sieben Tagen in zwei Wochen bestreikt worden. In Ulm hatte es vor der Arbeitsniederlegung am Montag zusätzliche Auseinandersetzung gegeben, weil sich Gewerkschaft und Klinikleitung zunächst nicht auf einen Notdienst verständigen konnten. Erst unmittelbar vor Beginn des Streiks kam es zu einer Einigung.
Seitens der Kliniken heißt es nun, nach einer fast zwölfstündigen, intensiven Verhandlung in Stuttgart habe man ein Angebot vorgelegt, in dem genau die zuvor kritisierten Eckpunkte angepasst worden seien: eine frühere und höhere lineare Tabellensteigerung. Das aktuelle Arbeitgeberangebot sieht eine steuer- und abgabenfreie Sonderzahlung in Höhe von 1200 Euro im Dezember 2022, eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 800 Euro im Jahr 2023, eine lineare Steigerung in Höhe von sieben Prozent ab dem 1. Oktober 2023 und eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 550 Euro im Jahr 2024 vor. Laufen soll der neue Tarifvertrag demnach bis 31. August 2024. Udo X. Kaisers ist leitender ärztlicher Direktor der Ulmer Uniklinik und einer der beiden Vorstände des Arbeitgeberverbands.
Er und seine Vorstandskollegin Gabriele Sonntag betonen in einer Mitteilung, es sei „nicht nachvollziehbar“, warum Verdi nicht weiterverhandle. Ein identisches Angebot in den Verhandlungen über den Lohn für die Beschäftigten des Klinikkonzerns Sana habe Verdi als „gutes Tarifergebnis“bewertet.
Verdi-Verhandlungsführerin Irene Gölz will diesen Vergleich nicht gelten lassen: „Sana ist Sana.“Es handle sich um eine andere Verhandlung, die von einer anderen Tarifkommission geführt worden sei. Jede verhandle autonom. Das Angebot der Gegenseite sei „völlig unverständlich“und „nicht akzeptabel“. Im Gespräch mit unserer Redaktion berichtet sie, beide Seiten hätten sich stark angenähert. „Es ging nur noch um die Frage, wer springt.“Weil Arbeitgeber und Gewerkschaft nicht weitergehen wollten, habe Verdi die Verhandlungen unterbrochen. Dann sei man von der anderen Seite zurückgerufen worden – und habe ein schlechteres Angebot vorgelegt bekommen. „Wir waren an einer ganz anderen Stelle“, sagt Gölz. Insbesondere die Laufzeit sieht Verdi kritisch, die Gewerkschaft will die Vereinbarung für eine kürzere Zeit schließen und dann neu verhandeln.
Wie es jetzt weitergeht, ist noch offen. Die Mitglieder der Tarifkommission würden in die Belegschaften hineinhören, kündigt Gölz an. Danach werde entschieden. „Wir bleiben verhandlungsbereit“, versichert sie. Verdi forderte unter anderem für MedizinischTechnische-Assistenten sowie Pflege- und Verwaltungskräfte 10,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 375 Euro mehr pro Monat; die Laufzeit sollte zwölf Monate betragen.
Gerade in letzterem Punkte hatte sich die Gewerkschaft nach Angaben von Verhandlungsführerin Gölz deutlich auf die Arbeitgeber zubewegt.