Er glaubt an sich
Lucas Röser hat sich nach einem Kreuzbandriss und fast einem Jahr Zwangspause zurückgekämpft. Beim SSV Ulm 1846 Fußball ist er treffsicherster Stürmer – und würde gerne mit seinem Bruder gleichziehen.
Ulm Nein, leicht waren die vergangenen Monate für Lucas Röser nicht. Im Juni 2021 zog sich der Stürmer einen Kreuzbandriss zu, fiel danach fast ein ganzes Jahr lang aus. Auch mental machte ihm die erste schwere Verletzung seiner Karriere zu schaffen. Gedanken quälten ihn. Wie wird der Körper auf Belastung reagieren? Wird es überhaupt eine Rückkehr in den Profifußball geben? Und vor allem wann? Der 28-Jährige hat alle Hürden genommen, ist mittlerweile wieder fit genug für 90 Minuten und mit bislang acht Toren in 17 Spielen treffsicherster Stürmer beim Regionalliga-Spitzenreiter SSV Ulm 1846 Fußball. Dem Verein, dem er so viel verdankt. „Ich bin froh, dass ich hier in Ulm das Vertrauen und die Chance bekommen habe, wieder Fuß zu fassen. Es fühlt sich sehr gut an, nach so langer Zeit wieder auf dem Platz zu stehen“, sagt Röser.
Am Samstag (14 Uhr) trifft er mit den Spatzen im vorletzten Spiel vor der Winterpause auf den Bahlinger SC. Der Stürmer, der bereits 52 Spiele in der zweiten und 84 Partien in der dritten Liga gemacht hat, nähert sich langsam seiner Bestform, findet nach und nach wieder zu seinem Rhythmus. Auch dank Trainer Thomas Wörle, der den Routinier zunächst behutsam mit Kurzeinsätzen wieder heranführte. Für Röser ist das der Lohn für die harte Arbeit in der Reha-Phase nach der Knie-OP. Beim 1. FC Kaiserslautern, mit dem er den Aufstieg in die zweite Bundesliga geschafft hatte, gab es für ihn keine Chance mehr auf regelmäßige Einsätze. Das tat weh. Inzwischen sagt der 28-Jährige voller Selbstbewusstsein: „Ich kenne meine Stärken. Ich bin ja schließlich keine 18 mehr und weiß, was im Geschäft abgeht.“
Seine Stärken? Das Kopfballspiel, meint er, die Kaltschnäuzigkeit im Abschluss vor dem gegnerischen Tor, aber auch Kombinationsfußball im Spielaufbau. „Das passt ganz gut hier in Ulm“, sagt
Röser. Geboren in Ludwigshafen, wurde er beim FSV Mainz 05 ausgebildet. Von dort aus führte ihn sein Weg über die zweite Mannschaft der TSG Hoffenheim, die SG Sonnenhof Großaspach und Dynamo Dresden zum 1. FC Kaiserslautern, kurzzeitig war er an Türkgücü München ausgeliehen. Dann hatten die Spatzen Interesse angemeldet. „Es waren von Anfang an extrem gute Gespräche mit Markus Thiele und Thomas Wörle. Ich habe mich gleich sehr wohl gefühlt“, sagt er. Und fügt lachend hinzu. „Wir haben mit Jo Reichert aber auch eine absolute Legende als Kapitän. So war ich schnell überzeugt. In meiner Situation war es wichtig, Vertrauen zu bekommen nach einer sehr schwierigen Phase in der Karriere.“
Es gab freilich auch Glanzstunden in der Laufbahn des Lucas Röser. Zum Beispiel die Nominierung zum „Tor des Monats“der ARDSportschau im April 2019. Damals noch in Diensten von Dynamo Dresden, hatte er technisch anspruchsvoll und sehenswert beim 3:1-Sieg in Aue mit der Hacke getroffen. Seine Konkurrenten bei der TV-Wahl damals: unter anderem Nationalspieler Kai Havertz. Gewonnen hatte die Auszeichnung übrigens Matheus Cunha von RB Leipzig. Gerne würde Röser natürlich noch viele weitere tolle Momente dieser Art hinzufügen. Und endlich mit seinem Bruder Martin gleichziehen. Der ist mit den Kickers Offenbach 2015 schon Meister der Regionalliga Südwest geworden. „Ja, das hat er mir voraus“, meint Röser schmunzelnd. Aber was nicht ist, kann ja noch kommen. Am liebsten schon jetzt mit dem SSV Ulm 1846 Fußball.
Das Ego wird dem Erfolg untergeordnet. „Es ist viel wichtiger, dass wir als Kollektiv funktionieren. Das haben wir uns vor der Saison vorgenommen und leben das jeden Tag. Auf und neben dem Platz. Man sieht auch, dass wir eine sehr stabile Defensive haben. Alle ziehen an einem Strang, alle arbeiten nach hinten. Das ist wichtig für uns und macht uns aktuell so erfolgreich“, erklärt der Torjäger. Auch gegen den Bahlinger SC am Samstag und gegen Eintracht Trier eine Woche später müsse man sich auf diese Stärke fokussieren. Röser hebt mahnend den Zeigefinger: „Wir haben gegen beide Mannschaften schon gespielt, aber jeweils nur 1:0 gewonnen. Das waren enge Kisten.“
Zweimal müssen die Spatzen bis zur Winterpause noch ran. „Wir sind zwar gut im Rhythmus, aber die Pause braucht trotzdem jeder“, sagt Röser. Erst im März steht das erste Punktspiel 2023 auf dem Plan. „Eine lange Zeit. Danach wird es wie eine Art Neustart für uns. Dann müssen wir uns wieder neu beweisen. Es wird bis zum Ende spannend bleiben. Im Fußball kann es schnell in eine andere Richtung gehen“, meint der Stürmer. Krafttanken ist daher in der spielfreien Zeit angesagt. Röser bezeichnet sich als „extremen Familienmenschen“und wird die Feiertage daher in der Heimat verbringen. Mit Freunden, Eltern, Brüdern, Frau und Kind. „Ganz klassisch“, meint er.