Neu-Ulmer Zeitung

Er glaubt an sich

Lucas Röser hat sich nach einem Kreuzbandr­iss und fast einem Jahr Zwangspaus­e zurückgekä­mpft. Beim SSV Ulm 1846 Fußball ist er treffsiche­rster Stürmer – und würde gerne mit seinem Bruder gleichzieh­en.

- Von Stephan Schöttl

Ulm Nein, leicht waren die vergangene­n Monate für Lucas Röser nicht. Im Juni 2021 zog sich der Stürmer einen Kreuzbandr­iss zu, fiel danach fast ein ganzes Jahr lang aus. Auch mental machte ihm die erste schwere Verletzung seiner Karriere zu schaffen. Gedanken quälten ihn. Wie wird der Körper auf Belastung reagieren? Wird es überhaupt eine Rückkehr in den Profifußba­ll geben? Und vor allem wann? Der 28-Jährige hat alle Hürden genommen, ist mittlerwei­le wieder fit genug für 90 Minuten und mit bislang acht Toren in 17 Spielen treffsiche­rster Stürmer beim Regionalli­ga-Spitzenrei­ter SSV Ulm 1846 Fußball. Dem Verein, dem er so viel verdankt. „Ich bin froh, dass ich hier in Ulm das Vertrauen und die Chance bekommen habe, wieder Fuß zu fassen. Es fühlt sich sehr gut an, nach so langer Zeit wieder auf dem Platz zu stehen“, sagt Röser.

Am Samstag (14 Uhr) trifft er mit den Spatzen im vorletzten Spiel vor der Winterpaus­e auf den Bahlinger SC. Der Stürmer, der bereits 52 Spiele in der zweiten und 84 Partien in der dritten Liga gemacht hat, nähert sich langsam seiner Bestform, findet nach und nach wieder zu seinem Rhythmus. Auch dank Trainer Thomas Wörle, der den Routinier zunächst behutsam mit Kurzeinsät­zen wieder heranführt­e. Für Röser ist das der Lohn für die harte Arbeit in der Reha-Phase nach der Knie-OP. Beim 1. FC Kaiserslau­tern, mit dem er den Aufstieg in die zweite Bundesliga geschafft hatte, gab es für ihn keine Chance mehr auf regelmäßig­e Einsätze. Das tat weh. Inzwischen sagt der 28-Jährige voller Selbstbewu­sstsein: „Ich kenne meine Stärken. Ich bin ja schließlic­h keine 18 mehr und weiß, was im Geschäft abgeht.“

Seine Stärken? Das Kopfballsp­iel, meint er, die Kaltschnäu­zigkeit im Abschluss vor dem gegnerisch­en Tor, aber auch Kombinatio­nsfußball im Spielaufba­u. „Das passt ganz gut hier in Ulm“, sagt

Röser. Geboren in Ludwigshaf­en, wurde er beim FSV Mainz 05 ausgebilde­t. Von dort aus führte ihn sein Weg über die zweite Mannschaft der TSG Hoffenheim, die SG Sonnenhof Großaspach und Dynamo Dresden zum 1. FC Kaiserslau­tern, kurzzeitig war er an Türkgücü München ausgeliehe­n. Dann hatten die Spatzen Interesse angemeldet. „Es waren von Anfang an extrem gute Gespräche mit Markus Thiele und Thomas Wörle. Ich habe mich gleich sehr wohl gefühlt“, sagt er. Und fügt lachend hinzu. „Wir haben mit Jo Reichert aber auch eine absolute Legende als Kapitän. So war ich schnell überzeugt. In meiner Situation war es wichtig, Vertrauen zu bekommen nach einer sehr schwierige­n Phase in der Karriere.“

Es gab freilich auch Glanzstund­en in der Laufbahn des Lucas Röser. Zum Beispiel die Nominierun­g zum „Tor des Monats“der ARDSportsc­hau im April 2019. Damals noch in Diensten von Dynamo Dresden, hatte er technisch anspruchsv­oll und sehenswert beim 3:1-Sieg in Aue mit der Hacke getroffen. Seine Konkurrent­en bei der TV-Wahl damals: unter anderem Nationalsp­ieler Kai Havertz. Gewonnen hatte die Auszeichnu­ng übrigens Matheus Cunha von RB Leipzig. Gerne würde Röser natürlich noch viele weitere tolle Momente dieser Art hinzufügen. Und endlich mit seinem Bruder Martin gleichzieh­en. Der ist mit den Kickers Offenbach 2015 schon Meister der Regionalli­ga Südwest geworden. „Ja, das hat er mir voraus“, meint Röser schmunzeln­d. Aber was nicht ist, kann ja noch kommen. Am liebsten schon jetzt mit dem SSV Ulm 1846 Fußball.

Das Ego wird dem Erfolg untergeord­net. „Es ist viel wichtiger, dass wir als Kollektiv funktionie­ren. Das haben wir uns vor der Saison vorgenomme­n und leben das jeden Tag. Auf und neben dem Platz. Man sieht auch, dass wir eine sehr stabile Defensive haben. Alle ziehen an einem Strang, alle arbeiten nach hinten. Das ist wichtig für uns und macht uns aktuell so erfolgreic­h“, erklärt der Torjäger. Auch gegen den Bahlinger SC am Samstag und gegen Eintracht Trier eine Woche später müsse man sich auf diese Stärke fokussiere­n. Röser hebt mahnend den Zeigefinge­r: „Wir haben gegen beide Mannschaft­en schon gespielt, aber jeweils nur 1:0 gewonnen. Das waren enge Kisten.“

Zweimal müssen die Spatzen bis zur Winterpaus­e noch ran. „Wir sind zwar gut im Rhythmus, aber die Pause braucht trotzdem jeder“, sagt Röser. Erst im März steht das erste Punktspiel 2023 auf dem Plan. „Eine lange Zeit. Danach wird es wie eine Art Neustart für uns. Dann müssen wir uns wieder neu beweisen. Es wird bis zum Ende spannend bleiben. Im Fußball kann es schnell in eine andere Richtung gehen“, meint der Stürmer. Krafttanke­n ist daher in der spielfreie­n Zeit angesagt. Röser bezeichnet sich als „extremen Familienme­nschen“und wird die Feiertage daher in der Heimat verbringen. Mit Freunden, Eltern, Brüdern, Frau und Kind. „Ganz klassisch“, meint er.

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Foto: Steven Mohr/Imago Images Lucas Röser ist dankbar, dass er beim SSV Ulm 1846 Fußball nach langer Verletzung­spause die Chance bekommen hat, wieder Fuß zu fassen.

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