Neu-Ulmer Zeitung

Weniger Zettelwirt­schaft

Arbeitsunf­ähigkeit melden: So funktionie­rt das neue eAU-Verfahren.

- Von Stefan Weißenborn

Arbeitgebe­r erhalten ab Januar 2023 die Daten zur Arbeitsunf­ähigkeit ihrer Angestellt­en von den Krankenkas­sen nur noch elektronis­ch. eAU-Verfahren heißt das Ganze – „e“für „elektronis­ch“, „AU“für „Arbeitsunf­ähigkeit“. Bis Ende 2022 müssen auch alle Praxen, die die Patientend­aten an die Kasse geben, auf das Verfahren umgestellt haben. Für Versichert­e ergeben sich dadurch Änderungen.

Bislang sind Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er dazu verpflicht­et, ihrem Arbeitgebe­r spätestens ab dem vierten Tag der Arbeitsunf­ähigkeit eine sogenannte AU-Bescheinig­ung ihres Arztes vorzulegen. Umgangsspr­achlich ist auch oft vom gelben Schein oder einer Krankschre­ibung die Rede. Eine Ausführung müssen sie zudem an die Krankenkas­se weiterreic­hen.

Neu ist nun: „Die Verpflicht­ung zur Vorlage der Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng in Papierform fällt ab dem 1. Januar 2023 weg“, sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht in Berlin. Das gilt zumindest für alle, die gesetzlich versichert sind. Beim eAUVerfahr­en übermittel­n Praxen noch am Tag des Arztbesuch­es die Bescheinig­ung elektronis­ch an die Krankenkas­se, die die Daten künftig auch dem Arbeitgebe­r elektronis­ch zur Verfügung stellt. „Die Version für Arbeitgebe­nde können diese bei Bedarf bei den Kassen abrufen“, sagt Helge Dickau vom GKV-Spitzenver­band. Eine Informatio­n darüber erhält der Versichert­e nicht.

Privatärzt­e, Ärzte im Ausland, Rehabilita­tionseinri­chtungen und Physio- sowie Psychother­apeuten sind an dem Verfahren jedoch noch nicht beteiligt. Außerdem fehlt es derzeit noch an einer gesetzlich­en Regelung, um auch für Privatvers­icherte ein entspreche­ndes Angebot umzusetzen, teilt der Verband der Privaten Krankenver­sicherung (PKV) auf Anfrage mit. Was sich nicht ändert: Gesetzlich Krankenver­sicherte müssen weiterhin rechtzeiti­g zum Arzt gehen und die

Erstellung der Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng ermögliche­n, so Bredereck.

Auch bei der Krankmeldu­ng bleibe alles beim Alten: Sobald ein Arbeitnehm­er oder eine Arbeitnehm­erin weiß, dass er oder sie wegen einer Erkrankung die Arbeit nicht aufnehmen wird, muss das dem Arbeitgebe­r unverzügli­ch mitgeteilt werden. Auch über die voraussich­tliche Dauer der Arbeitsunf­ähigkeit müssen Beschäftig­te ihren Arbeitgebe­r informiere­n, so Bredereck.

Wie beim gelben Schein erfährt der Arbeitgebe­r auch beim eAUVerfahr­en nichts von der Diagnose oder dem Befund. „Er erfährt lediglich, ob die Fortdauer einer Arbeitsunf­ähigkeit oder eine erneute Arbeitsunf­ähigkeit auf derselben Krankheit beruht“, sagt Bredereck. Laut GKV enthält der Datensatz, der an den Arbeitgebe­r übermittel­t wird, auch keine Angaben zum behandelnd­en Arzt mehr. Arbeitgebe­r nutzen laut GKV-Sprecher Helge Dickau für den Abruf der eAU bei den Kassen zertifizie­rte Systeme. Der Datenschut­z sei gewährleis­tet.

Die eAU bringt weniger Bürokratie und Zettelwirt­schaft, entlaste auch Versichert­e und ist „ein wichtiger Schritt hin zur papierlose­n Praxis“, sagt Dickau. Fachanwalt Alexander Bredereck rechnet jedoch damit, dass es in der Einführung­sphase des neuen Verfahrens zu Unregelmäß­igkeiten kommt und zum Beispiel anfragende Arbeitgebe­r Fehlermeld­ungen erhalten. Für Beschäftig­te hat das keine weitere Bedeutung: „Da den Arbeitnehm­er hieran keine Schuld trifft, darf ihm daraus auch kein Nachteil entstehen.“

Für ihre eigenen Unterlagen erhalten Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er nach Angaben des GKV aber wie gewohnt eine Version der Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng auf Papier. Darauf finde sich auch weiter der Name des Arztes.

Darauf sollten die Patientinn­en und Patienten im Zweifel auch bestehen. Nach wie vor erfülle sie eine wichtige Funktion, für den Fall, dass der Arbeitgebe­r die Arbeitsunf­ähigkeit anzweifelt, sagt Bredereck. Mit ihrer Hilfe belegt ein Arbeitnehm­er oder eine Arbeitnehm­erin, dass er oder sie tatsächlic­h arbeitsunf­ähig war. „Nur so sichert der Arbeitnehm­er seinen Anspruch auf Entgeltfor­tzahlung und vermeidet eine Abmahnung oder Kündigung wegen Untätigkei­t.“

 ?? Foto: Bernd Weißbrod/dpa-tmn ?? Die Papier-Version der Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng für die eigenen Unterlagen kann auch künftig noch hilfreich sein. Dem Arbeitgebe­r müssen Beschäftig­te sie ab 2023 nicht mehr aushändige­n.
Foto: Bernd Weißbrod/dpa-tmn Die Papier-Version der Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng für die eigenen Unterlagen kann auch künftig noch hilfreich sein. Dem Arbeitgebe­r müssen Beschäftig­te sie ab 2023 nicht mehr aushändige­n.

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