Warum dieser Steinmetz mit Eis arbeitet
Das Ulmer Münster ist bekanntermaßen eine Dauerbaustelle für die Bauhütte. Am Sonntag war dort der Tag der offenen Tür.
Ulm Der höchste Kirchturm der Welt hüllte sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt am Sonntag dick in Nebel. Unter ihm, in der Münsterbauhütte, drängten sich die Menschen aber wie selten sonst: Der Tag der offenen Münsterbauhütte – traditionell am zweiten Adventssonntag, und nun nach den Corona-Beschränkungen wieder möglich – zog Besuchermassen an.
Im Hof der Münsterbauhütte arbeiteten Julian Clauß und Aaron Weisser an großen Eisblöcken. „Warum schafft ihr jetzt mit Eis?“, fragten Besucher neugierig. Nein, natürlich wird Eis kein Baustein fürs Münster, und natürlich müssen auch nicht Steinmetz-Lehrlinge ihr Talent zuerst an Eis beweisen, wie manche vermuteten. Aber einige der Steinmetze des Ulmer Münsters sind auch Künstler, die regelmäßig an der „Oberstdorfer Eiszeit“, einem Skulpturenpark aus Eis, teilnehmen. So erklärten die Steinmetze den Umstehenden, die mit Rücksicht auf die Motorsäge einen großen Kreis bildeten, dass man schneller ein Ergebnis sieht, wenn man eine Kreuzblume aus Eis fertigt – ideal für die frierenden Zuschauer beim Tag der offenen Münsterbauhütte.
Als zweites Novum wurde der Erlebnisraum M 25 in den Schautag einbezogen. Dort gibt es eine Ausstellung zur 1377 gegründeten Münsterbauhütte, dort können Kinder selbst aktiv werden und aus Holzklötzchen ein Münster bauen.
Im M 25 referierten unter anderem Münsterbaumeisterin Heidi Vormann und Hüttenmeister Andreas Böhm über das Arbeitsjahr 2022 am Ulmer Münster und über den Weg des Steins durch die Bauhütte. Vor dem M 25 konnten sich Kinder und Erwachsene als Steinmetze erproben, doch lag dieser zweite Ort insgesamt im Schatten des Münsters; es war deutlich weniger los als in der Bauhütte selbst, wo beispielsweise Restaurator Rouwen Lambert die Restaurierung von Schäden am mit Moos bewachsenen Stein erklärte. Lambert zeigte den Besucherinnen und Besuchern auch Schäden an Steinen, die noch in jener Zeit entstanden, als der Münsterplatz Parkplatz war.
Der Münsterturm selbst kann nach wie vor nur bis zu einer Höhe von 70 Metern bestiegen werden. Wann Touristen wieder den Rundblick von der Plattform in 143 Metern Höhe genießen können, steht in den Sternen: Münsterbaumeisterin Heidi Vormann erklärte, dass man im Frühjahr versuchen werde, mit der Sanierung des Treppenhauses bis zur Höhe von 102 Metern zu kommen. Im März 2021 wurde der Hauptturm des Münsters wegen Instandsetzungsarbeiten in zwei Treppenhäusern geschlossen, seit Anfang 2022 ist die Besteigung wieder bis zur Höhe von 70 Metern möglich.
Auch zu den umgehenden Gerüchten, in die neuen Fenster im Nordschiff, die der Künstler Thomas Kuzio schafft, müssten motorisierte Lüftungsklappen eingebaut werden, äußerte sich die Münsterbaumeisterin: Das sei so angedacht gewesen, doch nun könne sie das Thema des Einbaus von Klappen in die Künstlerfenster mit ihren schmalen Bleiruten mit einem definitiven Nein beantworten. Stattdessen werde ein komplettes Konzept erarbeitet werden, das Schimmelschäden zum Beispiel an den historischen Totenschilden und im Münster selbst verhindern soll.