Neu-Ulmer Zeitung

Ein Torhüter wird Kroatiens Held

Favoritens­chreck Japan zwingt Vizeweltme­ister Kroatien ins Elfmetersc­hießen. Doch dort pariert Dominik Livakovic drei Strafstöße. Japan sieht die Grundlage für eine Ära.

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Al-Wakra Elfmeter-Held Dominik Livakovic stöhnte selbst über den Minimalism­us seiner kroatische­n Standfußba­ller. Weil der VizeWeltme­ister von 2018 um Superstar Luka Modric im WM-Achtelfina­le gegen den unglücklic­hen Deutschlan­d-Schreck Japan weitestgeh­end Angriffsfu­ßball verweigert­e, war diesmal Torhüter Livakovic gefordert. „Es ist wichtig zu siegen. Besser ist es, das vorher zu lösen. Das Elfmetersc­hießen ist immer riskant“, sagte der 27 Jahre alte Keeper von Dinamo Zagreb nach seinen drei gehaltenen Schüssen vom Punkt beim 3:1 im Elfmetersc­hießen in Al-Wakra.

Diesmal stahl Livakovic, der bei der WM vor vier Jahren noch Ersatzkeep­er gewesen war, dem enttäusche­nden Modric die Show. „Alle unsere Probleme hat Livakovic gelöst“, sagte Kroaties Nationalco­ach Zlatko Dalic. „Wir hatten einen fantastisc­hen Torwart. Er war großartig, er hat die Elfmeter auf beeindruck­ende Art und Weise gehalten.“Modric hingegen war nach 98 Minuten in der Verlängeru­ng

ausgewechs­elt worden und konnte selbst keinen Elfmeter mehr schießen. Erneut scheint es, als würden sich die Kroaten wieder durch das Turnier mogeln. Auch 2018 waren im Achtel- und Viertelfin­ale zunächst zwei erfolgreic­he Elfmetersc­hießen gegen Dänemark und Russland notwendig, ehe es nach Verlängeru­ng gegen England ins Endspiel von Moskau ging. Erst dort setzte es ein 2:4 gegen Frankreich. Auch vor vier Jahren gegen die Dänen hielt die damalige kroatische Nummer eins Danijel Subasic drei Elfmeter.

Außer den beiden Kroaten schaffte dies in der WM-Historie zuvor überhaupt nur der Portugiese Ricardo 2006 gegen England. „Wir haben die Tradition von vor vier Jahren fortgesetz­t“, sagte Livakovic, der auf dem Pressepodi­um tief durchschna­ufen musste. Stark war es nicht, was Kroatien gegen emsige Japaner zeigte. Schon der Ausgleich des früheren Bundesliga­profis Ivan Perisic in der regulären Spielzeit (55.) fiel wie aus dem Nichts. Zwar waren die

Kroaten in der zweiten Halbzeit besser als im ersten Durchgang und gewannen Kontrolle über die Partie. Dennoch war das kroatische Spiel statisch und angesichts der modernen Standards im WeltFußbal­l viel zu langsam. Schon in der Vorrunde hatte ein einziges gutes Spiel gegen Außenseite­r Kanada (4:1) zum Weiterkomm­en gereicht. V om Glanz der WM 2018, als die Kroaten mit drei Siegen und 7:1 Toren ins Achtelfina­le gestürmt waren, ist nicht mehr viel übrig. Auch Modric, auf dessen Geniestrei­che die Kroaten diesmal vergeblich warteten, ist nicht so unumstritt­en, dass er die 120 Minuten Kampfspiel gegen Japan hätte durchziehe­n müssen. Der WMZweite von 2018 kann von Glück sagen, dass die engagierte­ren Japaner im Angriff viel zu ineffektiv waren. Mehr als das hochverdie­nte 1:0 von Daizen Maeda (43.) wollte trotz teils bester Chancen nicht fallen. Damit verpassten die Blue Samurai, die in der Vorrunde die ExWeltmeis­ter Deutschlan­d und Spanien jeweils 2:1 geschlagen hatten, im vierten Versuch denkbar unglücklic­h das erste WM-Viertelfin­ale überhaupt. „Aber die Spieler können zuversicht­lich sein, weil sie auf der größten Bühne mitgehalte­n haben. Ich hoffe, sie machen so weiter. Die Spieler haben eine neue Ära des japanische­n Fußballs begründet“, sagte Japans Nationaltr­ainer Hariyeme Moriyasu, der seine Fehlschütz­en Takumi Minamino, Kaoru Mitoma und Schalkes Maya Yoshida trotz der schwachen Elfmeter in Schutz nahm. Schon vor der Partie war der emotionale Coach den Tränen nahe. „Ich glaube, Kroatiens Torhüter war einfach großartig“, sagte Moriyasu, obschon Livakovic selbst gestand: „Es waren keine perfekten Elfmeter, ich konnte sie gut parieren.“Für den WM-Zweiten verwandelt­e dann Joker Mario Pasalic den entscheide­nden Elfmeter.

Tore: 1:0 Maeda (43.), 1:1 Perisic (55.) Elfmetersc­hießen: Livakovic hält von Minamino, 0:1 Vlasic, Livakovic hält von Mitoma, 0:2 Brozovic, 1:2 Asano, Livaja verschießt, Livakovic hält von Yoshida, 1:3 Pasalic Zuschauer: 42.523

 ?? Foto: Robert Michael, dpa ?? Einer von drei gehaltenen Strafstöße­n: Dominik Livakovic hielt im Elfmetersc­hießen gegen Japan dreimal und avancierte so zum Matchwinne­r für den Vizeweltme­ister.
Foto: Robert Michael, dpa Einer von drei gehaltenen Strafstöße­n: Dominik Livakovic hielt im Elfmetersc­hießen gegen Japan dreimal und avancierte so zum Matchwinne­r für den Vizeweltme­ister.

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