Weihnachten in Freiheit?
Seit April muss Boris Becker in einem britischen Gefängnis eine zweieinhalbjährige Haftstrafe verbüßen. Dennoch könnte er schon an den Festtagen in Deutschland sein. Doch mit einem Promi-Bonus hat das nichts zu tun.
London Boris Becker darf auf ein Weihnachtsfest in Freiheit hoffen. Seit gut sieben Monaten ist der ehemalige Tennis-Star in britischer Haft – und eigentlich hat er noch mindestens ein halbes Jahr vor sich, bevor er auf Bewährung raus darf. Doch nun könnte es schnell gehen. Schon kommende Woche solle der Deutsche in seine Heimat abgeschoben werden, schrieb die Zeitung Mirror am Dienstag. Quellen nannte das Boulevardblatt nicht. Aber der Text deckt sich mit einem Bericht der „Sun“von Mitte November.
Um einen Promi-Bonus für den dreifachen Wimbledon-Sieger, der in Großbritannien auch als BBCKommentator sehr beliebt ist, handelt es sich allerdings nicht. Vielmehr würde der 55-Jährige von einer Sonderregel profitieren. Demnach kommt jeder ausländische
Häftling für ein Schnellverfahren infrage, „der bis zu zwölf Monate vor dem frühesten Entlassungszeitpunkt aus dem Gefängnis entlassen und abgeschoben werden kann“. Im Jahr 2020/21 wurden mehr als 1100 Häftlinge unter diesem Programm abgeschoben. Das soll den Druck auf die überfüllten britischen Gefängnisse lindern.
Becker lebt zwar schon lange in Großbritannien, besitzt aber nicht die britische Staatsbürgerschaft. Unklar bleibt, wie Beckers Leben nach der Haft aussieht. Seit rund zehn Jahren wohnt er in London, dem Ort seiner größten Erfolge – und seiner größten Niederlage. Doch zurückkehren kann er wahrscheinlich erst einmal nicht. Ihm werde nach der Abschiebung die Einreise nach Großbritannien verwehrt bleiben, bis seine Haftstrafe abgelaufen ist. Das ist Ende Oktober 2024 der Fall. Becker war erst am 29. April zu zweieinhalb Jahren verurteilt worden, weil er seinen Insolvenzverwaltern Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen hatte. Nachdem er 2017 gerichtlich für zahlungsunfähig erklärt worden war, musste er den Insolvenzverwaltern sein Vermögen offenlegen. Doch dabei ließ er nach Ansicht des Gerichts wichtige Teile aus. Nach britischem Recht dürfen Häftlinge eigentlich erst freikommen, wenn sie mindestens die Hälfte ihrer Strafe verbüßt haben. Wegen der Sonderregel
für Ausländer könnte es bei Becker aber nun bei rund einem Viertel der Haftdauer bleiben. Auch die Frage nach einer Arbeit könnte sich schneller klären als gedacht. Zwar hat die BBC bisher offengelassen, ob sie Becker wieder beschäftigen wird. Beim Deutschen Tennis-Bund (DTB) aber stünden ihm die Türen offen. „Wenn er seine Strafe abgesessen hat, spricht nichts dagegen, dass er wieder eine Funktion übernimmt“, hatte DTBVizepräsident Dirk Hordorff der Sport Bild im November gesagt. „Head of Men’s Tennis, Repräsentant, Präsidium oder was auch immer. Salopp gesagt: Boris kann sich den Job aussuchen!“(Benedikt von Imhoff, dpa)