Neu-Ulmer Apothekerin gesteht Betrug und gibt Zulassung ab
Die Betreiberin steht in Augsburg vor Gericht, weil sie Rezepte gefälscht haben soll. Mit dem Geld habe sie ihre Angestellten bezahlt.
Neu-Ulm Die benachbarten Schaufenster sind beleuchtet, die NeuUlmer Apotheke liegt im Dunklen. „Wegen Krankheit geschlossen“, steht handschriftlich auf einem Blatt Papier, das an die Tür geklebt ist. Ob die Pharmazie unter der Leitung ihrer bisherigen Chefin noch einmal öffnet, ist fraglich. Die Frau hat ihre Approbation zurückgegeben, ein Berufsverbot steht im Raum. Seit Dienstag steht die Apothekerin wegen Betrugs und Urkundenfälschung vor dem Augsburger Landgericht.
Die Pharmazeutin soll Rezepte im Wert von mehr als einer halben Million Euro gefälscht und eine Krankenkasse so um diesen Betrag geschädigt haben. Zu Beginn des Gerichtsverfahrens gestand die 53-Jährige ihre Tat vollumfänglich. Verhandlungen der Verfahrensbeteiligten zur Höhe des Strafmaßes blieben aber zunächst ohne Ergebnis.
Die Angeklagte lebt im Oberallgäu. Für die Fälschungen soll sie die Blankorezepte ihres Mannes, eines Zahnarztes, ohne dessen Wissen genutzt haben. Mit einem Stempel und einer falschen Unterschrift rechnete die Frau so teure Medikamente gegen Schuppenflechte ab, Spritzen die mehr als 4000 Euro pro Stück kosten. Einige Präparate benutzte sie nach eigenen Angaben allerdings auch zur Behandlung ihrer Hautkrankheit. Da Zahnärzte diese Medikamente normalerweise nicht verschreiben, fielen die gefälschten Rezepte letztlich bei der Krankenkasse auf.
Zuvor zahlte die Kasse allerdings rund 517.000 Euro aus. Als Motiv der Tat gab der Verteidiger die wirtschaftliche Situation der Angeklagten an. Schon bei ihren vorherigen Filialen soll sich die Überschuldung zugespitzt haben und die Apothekerin daher 2014 Insolvenz angemeldet haben. Dennoch habe die 53-Jährige im Jahr darauf eine neue Apotheke in NeuUlm eröffnet, die – auch wegen der alten Schulden – wenig Gewinn einbrachte. Um ihre finanziellen
Löcher zu stopfen und die Angestellten weiter bezahlen zu können, habe sie sich dann selbst auf ihren eigenen Namen die Rezepte ausgestellt.
Auf Antrag der beiden Anwälte der Frau hatte das Gericht zunächst zusammen mit der Staatsanwältin ein Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen geführt, um sich eventuell auf eine Strafe zu einigen. Vor dem Hintergrund der persönlichen und wirtschaftlichen Situation der Angeklagten schlug die Verteidigung eine Gefängnisstrafe von höchstens zwei Jahren und drei Monaten vor. Die Anklage lehnte die Strafe jedoch als „unrealistisch“ab.
Die Frau hatte auf ihre Approbation bereits vor dem Gerichtstermin verzichtet, ihre Neu-Ulmer Apotheke ist geschlossen. Unabhängig davon wird in dem Verfahren auch ein Berufsverbot geprüft werden. Für den Prozess sind zunächst noch zwei weitere Verhandlungstage geplant, kommende Woche könnte ein Urteil verkündet werden.
Zunächst unterbrach die Wirtschaftsstrafkammer das Verfahren allerdings für ein Rechtsgespräch mit beiden Verteidigern und der Staatsanwältin. In solchen Gesprächen wird oftmals der Rahmen für das Strafmaß im Fall eines Geständnisses abgesteckt. (dpa/mase)