Städtische „Schottergärten“sorgen für Fragezeichen
Sie sind grau, steril und weitgehend ohne Leben. Und in Baden-Württemberg gesetzlich verboten. Gewisse Flächen in Ulm rufen deswegen bei Passanten Verwunderung hervor.
Ulm Schottergärten bieten kaum Raum für Tier und Pflanzen. Neue Schottergärten sind deshalb durch das Naturschutzgesetz in BadenWürttemberg eigentlich verboten. Umso erstaunter reagierten Anwohnende der Ulmer Oststadt.
Nachdem die neue Ampelanlage am Ostplatz nach 16 Wochen Bauzeit fertiggestellt war, wurden auch rund um den dortigen Parkplatz einige Grünflächen neu gestaltet. Und was dort entstand, erinnert arg an die eigentlich verbotenen Schottergärten. Nur vereinzelt sprießen hier Pflanzen aus einer dicken Schotterschicht. „Was ist da los?“, haben wir Sonja Heger von der Stadt Ulm gefragt, die hier für Grünflächen zuständig ist.
„Bei den Pflanzbeeten am Ostplatz
handelt es sich nicht um Schottergärten“, sagt Heger entschieden. Am Ostplatz sei eine durch Splitt abgemulchte Pflanzfläche zu sehen. Der Splitt dient hier als Mulchmaterial. Dieses mineralische Material eigne sich für die dort gewählten Pflanzen am besten. Der klassische Rindenmulch sei für diese Art Staudenpflanzung nicht geeignet.
Mulchabdeckungen wie diese würden viele Vorteile bieten: etwa ausgeglichene Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse unter der Abdeckung und Wassereinsparung durch Verdunstungsschutz.
Bei der Auswahl der Pflanzen sei Wert darauf gelegt, dass die Pflanzen den Insekten als Nahrungsquelle dienen. Hier blühe es von Frühjahr bis zum Herbst. Das an Schottergärten erinnernde Bild werde bald verschwinden: „Innerhalb
kürzester Zeit“werde eine geschlossene Pflanzendecke erzeugt und vom Splitt fast nichts mehr zu sehen sein.
Am Ostplatz entstehe also so etwas wie das Gegenteil von Schottergärten. Hier werde Flora und Fauna gefördert statt verhindert.
In Schottergärten werde etwa zwischen Schotterabdeckung und anstehendem Boden noch ein Vlies eingebaut, sodass ja keine weitere Vegetation keimen kann und der Eindruck des „ordentlichen“Gartens lange erhalten bleibt. Ökologisch seien diese Flächen wertlos: sie bieten weder eine Nahrungsgrundlage für Insekten noch Unterschlupf oder Rückzugsort für Kleintiere oder Vögel. Am Ostplatz werde es diese aber spätestens in der zweiten Vegetationsperiode geben.
Die Ulmer Stadtverwaltung legt Wert auf einen Ansatz, der das Gegenteil von Schottergärten bewirkt: Im Herbst 2021 wurde etwa für Ulm ein „Entsiegelungs- und Begrünungsprogramm“beschlossen. Es gehe um dauerhafte, klimawirksame und nachhaltige Maßnahmen, die das lokale Mikroklima in der besonders stark verdichteten Innenstadt positiv beeinflussen sollen. Als eine der ersten Maßnahmen werden derzeit rund 300 Quadratmeter asphaltierte und gepflasterte Fläche auf dem WillyBrandt-Platz entsiegelt und begrünt.