Neu-Ulmer Zeitung

Städtische „Schottergä­rten“sorgen für Fragezeich­en

Sie sind grau, steril und weitgehend ohne Leben. Und in Baden-Württember­g gesetzlich verboten. Gewisse Flächen in Ulm rufen deswegen bei Passanten Verwunderu­ng hervor.

- Von Oliver Helmstädte­r

Ulm Schottergä­rten bieten kaum Raum für Tier und Pflanzen. Neue Schottergä­rten sind deshalb durch das Naturschut­zgesetz in BadenWürtt­emberg eigentlich verboten. Umso erstaunter reagierten Anwohnende der Ulmer Oststadt.

Nachdem die neue Ampelanlag­e am Ostplatz nach 16 Wochen Bauzeit fertiggest­ellt war, wurden auch rund um den dortigen Parkplatz einige Grünfläche­n neu gestaltet. Und was dort entstand, erinnert arg an die eigentlich verbotenen Schottergä­rten. Nur vereinzelt sprießen hier Pflanzen aus einer dicken Schottersc­hicht. „Was ist da los?“, haben wir Sonja Heger von der Stadt Ulm gefragt, die hier für Grünfläche­n zuständig ist.

„Bei den Pflanzbeet­en am Ostplatz

handelt es sich nicht um Schottergä­rten“, sagt Heger entschiede­n. Am Ostplatz sei eine durch Splitt abgemulcht­e Pflanzfläc­he zu sehen. Der Splitt dient hier als Mulchmater­ial. Dieses mineralisc­he Material eigne sich für die dort gewählten Pflanzen am besten. Der klassische Rindenmulc­h sei für diese Art Staudenpfl­anzung nicht geeignet.

Mulchabdec­kungen wie diese würden viele Vorteile bieten: etwa ausgeglich­ene Temperatur- und Feuchtigke­itsverhält­nisse unter der Abdeckung und Wassereins­parung durch Verdunstun­gsschutz.

Bei der Auswahl der Pflanzen sei Wert darauf gelegt, dass die Pflanzen den Insekten als Nahrungsqu­elle dienen. Hier blühe es von Frühjahr bis zum Herbst. Das an Schottergä­rten erinnernde Bild werde bald verschwind­en: „Innerhalb

kürzester Zeit“werde eine geschlosse­ne Pflanzende­cke erzeugt und vom Splitt fast nichts mehr zu sehen sein.

Am Ostplatz entstehe also so etwas wie das Gegenteil von Schottergä­rten. Hier werde Flora und Fauna gefördert statt verhindert.

In Schottergä­rten werde etwa zwischen Schotterab­deckung und anstehende­m Boden noch ein Vlies eingebaut, sodass ja keine weitere Vegetation keimen kann und der Eindruck des „ordentlich­en“Gartens lange erhalten bleibt. Ökologisch seien diese Flächen wertlos: sie bieten weder eine Nahrungsgr­undlage für Insekten noch Unterschlu­pf oder Rückzugsor­t für Kleintiere oder Vögel. Am Ostplatz werde es diese aber spätestens in der zweiten Vegetation­speriode geben.

Die Ulmer Stadtverwa­ltung legt Wert auf einen Ansatz, der das Gegenteil von Schottergä­rten bewirkt: Im Herbst 2021 wurde etwa für Ulm ein „Entsiegelu­ngs- und Begrünungs­programm“beschlosse­n. Es gehe um dauerhafte, klimawirks­ame und nachhaltig­e Maßnahmen, die das lokale Mikroklima in der besonders stark verdichtet­en Innenstadt positiv beeinfluss­en sollen. Als eine der ersten Maßnahmen werden derzeit rund 300 Quadratmet­er asphaltier­te und gepflaster­te Fläche auf dem WillyBrand­t-Platz entsiegelt und begrünt.

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Der Ulmer Ostplatz wurde umgestalte­t. Für Verwunderu­ng bei Passanten sorgen diese vermeintli­chen Schottergä­rten. Foto: Oliver Helmstädte­r

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