Neu-Ulmer Zeitung

Bidens Problempap­iere

In einem geräumten Büro des US-Präsidente­n werden Geheimdoku­mente aus dessen Zeit als Obamas Vize entdeckt. Ist der Fall mit der Razzia auf Donald Trumps Anwesen vergleichb­ar?

- Von Karl Doemens

Washington Die Republikan­er im US-Kongress formierten sich gerade für ihren parlamenta­rischen Kampf gegen das Weiße Haus, da beschert ihnen die brisante Enthüllung zweier US-Sender unverhofft­e Munition: Nur wenige hundert Meter vom Kapitol entfernt, in einem früheren Büro von Joe Biden bei einer Washington­er Denkfabrik, sind offenbar vertraulic­he Regierungs­dokumente aus Bidens Zeit als Vizepräsid­ent gefunden worden. Trotz gravierend­er Unterschie­de weckt der Vorgang Erinnerung­en an die Affäre um die Geheim-Unterlagen im Florida-Domizil von Donald Trump.

„Wann wird das FBI die vielen Häuser von Joe Biden und vielleicht sogar das Weiße Haus durchsuche­n?“, lästerte der ExPräsiden­t auf seiner Propaganda­plattform „Truth Social“. Der neue Sprecher des Repräsenta­ntenhauses, Kevin McCarthy, legte seine Stirn in tiefe Falten: „Das ist sehr beunruhige­nd“, sagte der Republikan­er, der am Samstag nach 14 Wahlgängen mit denkbar knapper

Mehrheit ins Amt gehievt wurde. Und James Comer, der künftige Vorsitzend­e des mächtigen Aufsichtsa­usschusses des Parlaments, kündigte unter Verweis auf vermeintli­che „Doppelstan­dards“der Justiz eine Untersuchu­ng an.

Allerdings sind die beiden Vorgänge nach dem bisherigen Erkenntnis­stand unterschie­dlich gelagert. Aber für die Republikan­er, die sich den Kampf gegen einen angebliche­n Machtmissb­rauch der Linken auf ihr Schild geschriebe­n haben, sind sie ein gefundenes Fressen. Der Biden-Regierung dürfte der Vorgang noch länger Bauchschme­rzen bereiten.

Nach seinem Ausscheide­n aus dem Amt als Obamas Vizepräsid­ent war Biden 2017 von der damaligen Präsidenti­n der University of Pennsylvan­ia, Amy Gutmann, an die Spitze einer neuen außen- und sicherheit­spolitisch­en Denkfabrik berufen worden. Das Penn Biden Center in Sichtweite des Kongresses sollte der renommiert­en Hochschule in der Hauptstadt zu Einfluss verhelfen. Dem Ex-Vizepräsid­enten bot der Uni-Ableger eine Ausstattun­gsgrundlag­e für seine weitere Arbeit, bis er 2020 ins Weiße

Haus wechselte. Biden berief Gutmann inzwischen zur Botschafte­rin in Berlin.

Beim Ausräumen des nicht mehr genutzten Büros haben Bidens Anwälte nach Auskunft von dessen Rechtsbera­ter Richard Sauber am 2. November 2022 nun eine kleine Anzahl geheimer Regierungs­unterlagen gefunden. In Medienberi­chten ist von einem Dutzend

die Rede. Sie sollen sich in einem verschloss­enen Schrank befunden haben. Laut Sauber wurde unverzügli­ch das Nationalar­chiv benachrich­tigt, das die Papiere am nächsten Tag übernommen habe.

Bislang ist weder der Inhalt der Dokumente bekannt, noch, ob Biden etwas von ihrem Verbleib wusste. Nach Angaben von Experten passiert es gelegentli­ch, dass eine kleine Anzahl als vertraulic­h eingestuft­er Akten in ein größeres Dossier gerät. Auf eine Journalist­en-Frage bei seiner Auslandsre­ise in Mexiko reagierte Biden nicht. Der Präsident hatte die Mitnahme großer Mengen von Geheimakte­n durch seinen Vorgänger Trump als „unverantwo­rtlich“bezeichnet.

Beide Vorgänge lassen sich jedoch nur bedingt vergleiche­n: So handelte es sich bei Trump nicht um ein Dutzend, sondern um 300 Akten. Nur einen Teil davon hatte der Ex-Präsident auf Aufforderu­ng des Nationalar­chivs herausgerü­ckt. Deswegen musste das FBI im August zur Razzia anrücken. Auch ist der Fundort nicht zu vergleiche­n. Schließlic­h haben die Biden-Anwälte die Justiz offenbar nicht bei ihrer Arbeit behindert, sondern die Akten freiwillig übergeben. Politisch heikel scheint jedoch, dass das Weiße Haus die Öffentlich­keit nicht informiert­e.

Gegen Trump ermittelt inzwischen ein Sonderermi­ttler des Washington­er Justizmini­steriums. Bidens Anwälte haben volle Kooperatio­n mit der Justiz zugesagt. Um den Vorwurf der Parteilich­keit zu entkräften, hat Justizmini­ster Merrick Garland die Prüfung des Vorgangs an den noch von Trump ernannten Bundesstaa­tsanwalt von Illinois übergeben.

Ein gefundenes Fressen für die Republikan­er

 ?? Foto: Adam Schultz, dpa ?? Schweigt zu den Vorwürfen: US-Präsident Joe Biden bei seinem Mexiko-Besuch.
Foto: Adam Schultz, dpa Schweigt zu den Vorwürfen: US-Präsident Joe Biden bei seinem Mexiko-Besuch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany