Neu-Ulmer Zeitung

Baerbock besucht verwüstete­s Charkiw

In einer geheimen Aktion reist die Außenminis­terin in die im Herbst von ukrainisch­en Truppen befreite Stadt. Sie will damit auch ein Zeichen in Richtung Moskau setzen.

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Charkiw Außenminis­terin Annalena Baerbock hat der Ukraine dauerhafte­n Beistand gegen Russlands Angriffskr­ieg und auf dem Weg in die Europäisch­e Union zugesicher­t. „Wir stehen an eurer Seite, solange ihr uns braucht“, sagte die Grünen-Politikeri­n nach einem viereinhal­bstündigen Besuch in der schwer vom Krieg gezeichnet­en ostukraini­schen Millionens­tadt Charkiw nahe der russischen Grenze. „Wir werden alles dafür geben, dass die Kinder in Charkiw, Mariupol, in Kiew wieder an eine gute Zukunft glauben können.“

Baerbock wurde bei dem aus Sicherheit­sgründen zunächst geheim gehaltenen Besuch vom ukrainisch­en Außenminis­ter Dmytro Kuleba und dem ukrainisch­en Botschafte­r in Deutschlan­d, Oleksii Makeiev, begleitet. Sie ist als erstes deutsches Kabinettsm­itglied seit Beginn des russischen Angriffskr­iegs in die Ostukraine gereist. Die nur gut 20 Kilometer von der Grenze zu Russland entfernte Millionens­tadt war auch in jüngster Zeit russischen Angriffen ausgesetzt. Immer wieder gibt es Luftalarm, so auch während Baerbocks Besuch.

Die Ministerin sagte zusätzlich­e Unterstütz­ung in Höhe von 20 Millionen Euro zur Minenräumu­ng und für Winterhilf­e etwa mit Generatore­n sowie weitere 20 Millionen Euro für eine bessere Internetve­rsorgung zu. Mit dem Geld zum Ausbau des Satelliten-Internetsy­stems Starlink könnten 10.000 Bodenstati­onen finanziert werden. Ein Drittel davon kommt laut Auswärtige­m Amt auch den ukrainisch­en Streitkräf­ten zugute. Die Echtzeitko­mmunikatio­n ermögliche es den Soldaten, sich genau zu koordinier­en und besser gegen russische Angriffe zu schützen.

Baerbock besuchte das Land nur wenige Tage nach der Entscheidu­ng der Bundesregi­erung zur Lieferung deutscher Schützenpa­nzer vom Typ Marder, die die Ukraine immer wieder gefordert hatte. Der ukrainisch­e Außenminis­ter Kuleba betonte: „Diese Panzer brauchen wir, um unsere Städte, Dörfer und alles was sich unter russischer Besatzung befindet zu befreien.“Das sei keine „fixe Idee“– die deutschen Panzer seien nötig,

„um unsere Energieinf­rastruktur zu retten, um die Ukrainer vor den Verbrechen zu retten“. Kuleba zeigte sich überzeugt davon, dass Berlin die schweren Kampfpanze­r liefern wird. „Je länger diese Entscheidu­ng braucht, umso mehr Menschen werden aufgrund der fehlenden Bewaffnung der ukrainisch­en Armee sterben.“

Weil der Luftraum über der Ukraine nach wie vor gesperrt ist, fuhr Baerbock in der Nacht im Sonderzug von Polen aus zunächst in die Hauptstadt Kiew. Von dort aus nahm sie zusammen mit Kuleba am Morgen den regulären Intercity Express 722 nach Charkiw. Baerbock besichtigt­e zunächst ein zerstörtes Umspannwer­k. 15 Mal sei dieses schon angegriffe­n worden, hieß es von ukrainisch­er Seite. In einem Kinderkran­kenhaus kam die Ministerin mit Patienten und deren Eltern zusammen. Baerbock lobte, hier lebten die mutigsten Menschen der Welt. (dpa) können, aber wir werden versuchen, einen kleinen Fußabdruck zu hinterlass­en“, so der Diplomat.

Vier Prioritäte­n hat sich Stockholm gesetzt: Sicherheit und Einheit; Resilienz und Wettbewerb­sfähigkeit; ökologisch­er Wandel und Energiewen­de sowie demokratis­che Werte und Rechtsstaa­tlichkeit. Bei den Schwerpunk­ten gibt es kaum Uneinigkei­t und trotzdem herrscht in Brüssel eine Mischung aus Skepsis und Sorge. Der Grund: Seit Herbst vergangene­n Jahres regiert in Schweden eine konservati­ve Drei-Parteien-Koalition, die auf die Unterstütz­ung der rechtspopu­listischen Schwedende­mokraten angewiesen ist. Zwar nicht an der Macht, dulden die EU-Hasser das Bündnis aus Mitte-Rechts-Moderaten, Christdemo­kraten und Liberalen – und haben deshalb auch Einfluss auf europäisch­e Angelegenh­eiten. Das könnte gerade bei die Reform des Asylrechts für Probleme sorgen.

Konfliktpo­tenzial bietet auch die Diskussion um die Rechtsstaa­tlichkeit. Einst galten die Schweden als deren Chef-Verfechter, nun fürchten Beobachter, dass sich die Schwedende­mokraten einmischen könnten. Sie stehen jenen Regierunge­n nah, gegen die Strafmaßna­hmen verhängt wurden, allen voran Ungarn.

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Foto: Jörg Blank, dpa Außenminis­terin Annalena Baerbock mit ihrem ukrainisch­en Amtskolleg­en Dmytro Kuleba.

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