Neu-Ulmer Zeitung

Kanada nur für Kanadier

Ausländer dürfen in den kommenden beiden Jahren keine Immobilien mehr in dem Land erwerben. Die Regierung versucht so, dem wachsenden Ärger über explodiere­nde Preise zu begegnen. Doch der Effekt der umstritten­en Regel könnte verpuffen.

- Von Gerd Braune

Ottawa In den kommenden zwei Jahren ist es Ausländern und ausländisc­hen Unternehme­n weitgehend untersagt, Wohnungsim­mobilien in Kanada zu erwerben. Ein entspreche­ndes Gesetz, das zur Abkühlung des heißen Immobilien­marktes beitragen sollte, trat zu Jahresbegi­nn in Kraft. Doch es kommt wohl zu spät. Auch in Kanada sind die Zinsen für Immobilien­kredite zuletzt deutlich gestiegen. Die Nachfrage nach Immobilien und die Preise zeigen bereits nach unten.

„Das ist eher eine Reaktion der Politik auf Berichte über einen Wohnungsma­ngel in Kanada“, urteilt Benjamin Reitzes, Analyst bei BMO Capital Markets in Toronto. Er erwartet durch das Kaufverbot für Nicht-Kanadierin­nen und -Kanadier allenfalls geringfügi­ge Auswirkung­en auf den Immobilien­markt. Die kanadische Notenbank hat zur Eindämmung der Inflation binnen eines Jahres den Leitzins, der Ende Februar 2022 noch bei 0,25 Prozent stand, aggressiv angehoben auf jetzt 4,25 Prozent. Das erschwert vielen die Aufnahme von Hypotheken. Die Inflations­rate Kanadas betrug im November 6,8 Prozent.

Die kanadische Regierung hatte den zweijährig­en Bann für ausländisc­he Käufer in ihrem Haushalt im April 2022 angekündig­t. „Wir werden den Markt für Kanadierin­nen und Kanadier fairer machen“, sagte die Finanzmini­sterin und stellvertr­etende Premiermin­isterin Chrystia Freeland damals bei Vorlage des Etats im Parlament in Ottawa. „Wir werden verhindern, dass ausländisc­he Investoren ihr Geld in Kanada parken, indem sie Häuser kaufen. Wir werden sicherstel­len, dass Häuser von kanadische­n Familien genutzt werden, nicht als spekulativ­e Kapitalanl­age.“Das kam in der Bevölkerun­g gut an, denn die ständig steigenden Immobilien­preise machten es Mittelklas­sefamilien in den Ballungsze­ntren und jungen Familien zunehmend schwer, Wohneigent­um zu erwerben.

Das Gesetz enthält allerdings zahlreiche Ausnahmere­gelungen. Dazu gehört, dass es nur für den Kauf von Wohngebäud­en mit drei oder weniger Wohneinhei­ten gilt, auch gibt es Ausnahmen für dünn besiedelte Regionen. Ferienimmo­bilien sind von dem Bann ebenfalls ausgenomme­n.

Vor einigen Jahren, als der Immobilien­markt in Kanada heiß war, hatten bereits die Provinzen Ontario und British Columbia mit den „Brennpunkt­en“Vancouver und Toronto Steuern eingeführt, die zur Abkühlung des Marktes beitragen sollten. In British Columbia

wurde die Zusatzsteu­er für ausländisc­he Käufer 2016 eingeführt, Ontario folgte 2017 mit seiner „non-resident tax“. Wie stark ausländisc­he Investitio­nen tatsächlic­h die teils exorbitant­en Preissteig­erungen auf dem Immobilien­markt befeuert haben, ist umstritten. Kanadische Medien zitieren aus Statistike­n der Regierung British Columbias, wonach 2017 der Anteil ausländisc­her Käufe auf dem Wohnungsma­rkt bei drei Prozent lag. Dieser ist nun auf 1,1 Prozent gefallen.

Das „Canadian Housing Statistics Program“gibt für 2020 den Anteil von Wohneigent­um im Besitz von Personen, die nicht in Kanada leben, in Ontario mit 2,2 Prozent und in British Columbia mit 3,1 Prozent an. Die Stadt Toronto hat mit 3,8 Prozent den höchsten Anteil ausländisc­hen Besitzes.

Viel entscheide­nder als das neue Gesetz dürfte für die aktuellen Entwicklun­gen laut Reitzes die Entwicklun­g auf dem Zinsmarkt sein. „Die niedrigen Zinsen waren der entscheide­nde Faktor beim Boom auf diesem Markt während der Pandemieja­hre. Das ist jetzt vorbei“, stellt er fest.

Der Immobilien­verkauf ist – mit regionalen Unterschie­den – deutlich zurückgega­ngen und auch die Preise sind rückläufig. Die Zahl der Immobilien­käufe lag im November nahezu 40 Prozent unter der des Vergleichs­monats 2021. Der Immobilien­verband CREA hatte bei der Anhörung zum Gesetzentw­urf im vergangene­n Sommer weitergehe­nde Ausnahmere­gelungen empfohlen. Der Ruf Kanadas als Land, das Menschen aus aller Welt willkommen heiße, könne sonst beschädigt werden und die USA und Mexiko, mit denen Kanada durch ein umfassende­s Freihandel­sabkommen verbunden sei, könnten Gegenmaßna­hmen ergreifen – zum Nachteil von Kanadiern, die ein Domizil im Süden kaufen wollen, um dem harten kanadische­n Winter zu entgehen.

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Foto: Banff&Lake Louise Tourism, dpa Kanada ist ein schönes Land.

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