Neu-Ulmer Zeitung

Schluss mit geheimen Spielchen

Das neue Lobbyregis­ter zeigt, welche Verbände und Personen Einfluss auf die bayerische Politik nehmen. Ein Blick hinein ist äußerst spannend und offenbart bekannte Namen.

- Von Henry Stern

München Politische Skandale haben in den letzten Jahren in Bayern das Vertrauen in die Politik angekratzt. Unter anderem mit einem bayerische­n Lobbyregis­ter wollen Landtag und Staatsregi­erung deshalb seit Anfang 2022 mehr Transparen­z schaffen. Darin sind Organisati­onen verzeichne­t, die Einfluss auf die Politik nehmen. 644 Interessen­vertreter haben sich bereits eingetrage­n. Hier die wichtigste­n Antworten zum Register.

Warum gibt es Lobbyisten in der bayerische­n Landespoli­tik? Lobbyismus hat einen schlechten Ruf – und das nicht erst seit den Provisions­zahlungen für Maskengesc­häfte des CSU-Landtagsab­geordneten Alfred Sauter. Doch eine organisier­te Interessen­vertretung kann auch ein wichtiger Baustein der politische­n Willensbil­dung sein. So ist es etwa bei einer Mietrechts­reform für die Politik sicherlich hilfreich, Argumente von Mieterverb­änden wie vom Haus- und

Grundbesit­zerverein zu hören. Interessen und Meinungen politisch abzuwägen, „kann politische Entscheidu­ngen verbessern“, heißt es deshalb in der Begründung des Bayerische­n Lobbyregis­tergesetze­s. Um einseitige Einflussna­hme zu verhindern, müsse jedoch von Anfang an transparen­t sein, wer wessen Interessen vertritt.

Wie soll das Lobbyregis­ter für mehr Transparen­z sorgen?

Wer auf Gesetze oder politische Vorhaben in Landtag oder Staatsregi­erung Einfluss nehmen will, muss sich im vom Landtagsam­t geführten Lobbyregis­ter eintragen. Der Eintrag umfasst das Ziel der Lobbytätig­keit, die Namen der verantwort­lichen Personen, die dafür aufgewende­ten finanziell­en Mittel und Anzahl der dafür beschäftig­ten Mitarbeite­r sowie mögliche Zuschüsse oder Spenden. Schriftlic­he Stellungna­hmen etwa zu neuen Gesetzen werden veröffentl­icht. 2022 waren das insgesamt 91, vor allem zum neuen Klimageset­z und zur Änderung der Bauordnung in Bayern. Lobbyarbei­t

ohne Registrier­ung kann mit bis zu 50.000 Euro Strafe geahndet werden.

Welche Regeln gelten im Landtag für die Lobbyisten?

Mit dem Register ist auch ein verpflicht­ender „Verhaltens­kodex“in Kraft getreten. So müssen sich die Lobbyisten gegenüber Abgeordnet­en stets als Interessen­vertreter zu erkennen geben. Verboten ist zudem eine Lobbytätig­keit, bei der „eine Vergütung oder ihre Höhe vom Erfolg der Interessen­vertretung abhängig gemacht wird“– ob also etwa eine bestimmte gesetzlich­e Regelung erreicht oder verhindert wird. Ebenfalls verboten ist „das Gewähren oder In-AussichtSt­ellen direkter oder indirekter finanziell­er Anreize“– etwa für eine bestimmte politische Einflussna­hme durch einzelne Abgeordnet­e.

Wer hat sich in Bayern als Lobbyist registrier­t?

Im bayerische­n Lobbyregis­ter waren zum Jahreswech­sel 644 Verbände, Unternehme­n und sonstige Interessen­vertreter registrier­t. Vor allem die Liste der Verbände ist lang – vom Obstbauern­verband über Lehrer- oder Umweltverb­ände bis hin zum Bayerische­n Gerichtsvo­llzieherbu­nd. Die Liste der Unternehme­n umfasst neben bayerische­n Großkonzer­nen wie Siemens, BMW oder Adidas viele internatio­nale Firmen wie Amazon, Uber oder Netflix.

Sind auch Prominente darunter? Ja, einige ehemalige Spitzenpol­itiker haben sich als Lobbyisten in Bayern registrier­t. So vertritt die Joschka Fischer & Company GmbH des früheren Grünen-Außenminis­ters den Autobauer Audi bei energie- und wirtschaft­spolitisch­en Themen. Der aus dem oberfränki­schen Kronach stammende frühere bayerische CSU-Umweltmini­ster Werner Schnappauf ist laut Lobbyregis­ter als Berater für die Bank of America tätig. Nach eigenen Angaben informiert er die US-Großbank „über allgemeine wirtschaft­liche wie auch politische Entwicklun­gen, die für die Geschäftst­ätigkeit der Auftraggeb­erin relevant sind“.

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