Neu-Ulmer Zeitung

„Ich fühle mich besser als erwartet“

Niklas Dorsch spricht über seine schwierige Zeit nach seinem zweiten Mittelfußb­ruch, die Rückrunde beim FC Augsburg und warum er Hoffnung hat, in Dortmund zumindest im Kader zu stehen.

- Interview: Marco Scheinhof

Herr Dorsch, Sie sind hier in Spanien in Ihrem dritten Trainingsl­ager mit dem FC Augsburg. So wirklich ohne Probleme waren Sie bislang noch nicht dabei.

Niklas Dorsch: 2021 kam ich direkt von der U-21-EM, weshalb ich nur dosiert trainiert habe. Im vergangene­n Sommer war es ähnlich und jetzt wieder. Bislang hatte ich kein Trainingsl­ager mit Augsburg, in dem ich von Anfang an voll mitmachen konnte. Das ist nicht so gut, weil in der Vorbereitu­ng viele Grundlagen gelegt werden.

Wie fühlt es sich an, von Anfang an im Trainingsl­ager zu wissen, dass man zunächst nicht das volle Programm mitmachen kann? Dorsch: Beim FCA kenne ich es ja nicht anders. Dieses Trainingsl­ager sehr ich aber sehr positiv, weil ich wusste, dass ich die ersten Einheiten zumindest teilweise wieder mitmachen kann. Darauf habe ich mich lange gefreut. Ich bin froh, dass ich überhaupt wieder dabei bin.

Bei wieviel Prozent sind Sie mittlerwei­le angekommen?

Dorsch: Vom Fuß her kann ich wieder zu 100 Prozent dabei sein. Was die Fitness angeht, bin ich natürlich noch nicht bei 100 Prozent. Es wird noch ein paar Tage dauern, bis ich beim Fitnesslev­el wieder ganz oben angekommen bin.

Ein Problem könnte sein, dass Ihr Kopf nach den beiden Mittelfußb­rüchen auch bereit sein muss für die Belastunge­n.

Dorsch: Physisch gesehen kann nicht mehr viel passieren, jetzt ist die Psyche noch ein Thema. Ich spüre aber, dass es Tag für Tag besser wird. Dass das Vertrauen zurückkomm­t. Umso mehr Belastung ich auf den Fuß bekomme, desto leichter wird es für den Kopf zu verstehen, dass alles gut ist. Ich habe jetzt auch eine Schraube in meinem Fuß, die mir hilft. Es gilt, das Vertrauen zu bekommen und zu sagen: Ich bin wieder frei im Kopf und haue auf dem Platz so dazwischen, wie ich es vorher auch gemacht habe.

Versuchen Sie, diesen Vorgang zu beschleuni­gen? Vielleicht auch mit Hilfe von außen?

Dorsch: Seit Samstag ist unser Neuro-Athletiktr­ainer da. Er arbeitet mit mir daran, dass ich am Ende ein gutes Gefühl habe, im Kopf und im Fuß. Wir arbeiten täglich zusammen.

Findet das auf dem Platz statt oder eher in Gesprächen?

Dorsch: Beides. Zuerst haben wir auf dem Behandlung­stisch gearbeitet, danach ging es zu Übungen auf dem Platz oder im Kraftraum.

Gibt es auf dem Platz noch Bewegungen, bei denen Sie die Sorge haben, dass wieder etwas passiert?

Dorsch: Zweimal war die gleiche Bewegung der Auslöser für die Verletzung, ein Richtungsw­echsel über die linke Seite, der häufig vorkommt. Dass es ohne Gegner passiert ist, macht es zudem komplizier­ter. Sonst wüsste ich, wo es herkam und wo ich vielleicht etwas zurückzieh­en sollte. Diese Bewegung aber kann ich gar nicht verhindern. Ich mache aber Tag für Tag Fortschrit­te.

Haben Sie Hoffnung, beim Bundesliga-Auftakt in Dortmund dabei zu sein?

Dorsch: Mein Ziel ist es, dort im Kader zu stehen. Ich will da aber nicht zu euphorisch sein. Es hängt alles von meiner körperlich­en Verfassung ab. Wenn es so weiter geht wie bisher, ist es ein realistisc­hes Ziel. Ob es für die Startelf oder ein paar Minuten reicht, muss man dann sehen. Ich bin positiv überrascht von den Fortschrit­ten, die ich im Winter gemacht habe. Ich habe zuletzt in der Sonne mit einem eigenen Trainer gearbeitet, das war auch wichtig für den Kopf. Mal weg von dem gewohnten Umfeld. Ich fühle mich jetzt besser, als ich erwartet habe.

Wie empfinden Sie die Stimmung vor Ort in Spanien? Es gab ja ein wenig Unruhe um Florian Niederlech­ner wegen eines nicht frei gegebenen Interviews.

Dorsch: Dass das in der Mannschaft ankommt, ist natürlich klar. Wir haben alle ein Handy, wir reden miteinande­r. Unsere Situation ist gerade nicht einfach, sportlich wird es eine herausford­ernde Rückrunde. Daher sollten wir versuchen, solche Unruheherd­e zu vermeiden. Wir sitzen alle in einem Boot und müssen dafür sorgen, dass das Schiff nicht untergeht. Da zählen alle dazu, und solche Nebenschau­plätze sind nicht hilfreich.

Sie sagen, dass alle im gleichen Boot sitzen. Torwart Rafal Gikiewicz aber hat in einem Interview gesagt, dass er fast alleine einige Punkte geholt habe. Wie kam das in der Mannschaft an?

Dorsch: Dass er uns in wichtigen Spielen am Leben gehalten hat, wissen wir. Er weiß aber auch, dass Fußball ein Mannschaft­ssport ist und dass er die Punkte nicht alleine geholt hat. Das hat er in dem Interview auch gesagt. Unabhängig von Aussagen finde ich es viel wichtiger, nicht zurück zu schauen, sondern sich darauf zu konzentrie­ren, was jetzt noch kommt. Das ist das Wesentlich­e.

Dann der Blick auf das Wesentlich­e: Die ersten Gegner haben es gleich in sich.

Dorsch: In der Bundesliga wird jedes Spiel schwierig. Wir werden uns in jedem Spiel voll reinhauen müssen. Im Abstiegska­mpf müssen wir immer das Maximale rausholen. In Dortmund müssen wir von Anfang an bei 100 Prozent sein.

Erwarten Sie in der Rückrunde und mit Ihrer Rückkehr eine Veränderun­g des Spielsyste­ms? Dorsch: In der Hinrunde haben wir uns über das robuste Spiel mit langen Bällen definiert, was auch zwischenze­itlich dazu geführt hat, dass wir gepunktet haben. Hinten raus hat man aber gemerkt, dass sich der Gegner darauf einstellt. Wir brauchen auch spielerisc­he Ansätze. Am besten ist eine Mischung aus dem körperlich­en Spiel und Phasen mit Ballbesitz, in denen wir uns auch mal erholen können. Ich versuche natürlich, meine Qualitäten einzubring­en und denke, dass ich das Spiel so beeinfluss­en kann, dass Fortschrit­te zu erkennen sind.

In der Pause scheinen bei Ihnen noch einige Tattoos dazu gekommen zu sein. Täuscht der Eindruck?

Dorsch: Da habe ich viel Zeit investiert, die hatte ich ja auch. Auf dem Rücken, Brust und Hals kam noch einiges dazu. Das war eine gute Ablenkung.

Haben alle Tattoos eine spezielle Bedeutung oder entscheide­n Sie nach Optik?

Dorsch: Das ist eine gute Mischung. Viele hängen mit meinem Glauben oder meiner Familie zusammen. Meine Freundin lässt sich auch gerne tätowieren, das ist eine Leidenscha­ft, die wir teilen.

Sie sprachen gerade von Ihrem Glauben. Wie wichtig ist der in Ihrem Leben?

Dorsch: Natürlich wird man auch in diese Richtung erzogen. Ich habe durch die Negativerl­ebnisse zuletzt eine Bindung zu meinem Glauben gefunden und einen Weg, wieder Energie zu bekommen, wenn es nicht so gut läuft. Ich glaube immer daran, dass auch wieder bessere Zeiten kommen.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Auf Niklas Dorsch ruhen beim FC Augsburg große Hoffnungen. In der aktuellen Bundesliga­saison kam der ehemalige U21-Nationalsp­ieler infolge von zwei Fußbrüchen innerhalb kurzer Zeit noch nicht zum Einsatz.
Foto: Klaus Rainer Krieger Auf Niklas Dorsch ruhen beim FC Augsburg große Hoffnungen. In der aktuellen Bundesliga­saison kam der ehemalige U21-Nationalsp­ieler infolge von zwei Fußbrüchen innerhalb kurzer Zeit noch nicht zum Einsatz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany