Nach zehn Jahren kommt das Aus für die Literaturwoche Donau
Kulturmacher in der Region spüren die Nachwehen der Corona-Pandemie noch immer. Florian L. Arnold und Rasmus Schöll geben nun ihr Literaturfestival auf.
Ulm Die Nachricht kam überraschend: Florian L. Arnold und Rasmus Schöll verkündeten in dieser Woche das Aus für ihre Literaturwoche Donau nach zehn Jahren. Wenn Florian Arnold über die intensiven und existenziellen Diskussionen über die Frage der Fortführung oder das Ende des ehrenamtlich geführten Literaturfestivals spricht, klingt Traurigkeit in seiner Stimme. Aber das Spendenund Drittmittelaufkommen war immer geringer geworden, das Festival mit den vorhandenen Mitteln nicht mehr zu stemmen.
Von einer „Abstimmung mit den Füßen“der Region spricht Florian L. Arnold: „Wir hätten gedacht, dass der Hunger und die Lust auf so ein Projekt einfach da sind. Aber das haben Rasmus und ich überschätzt“, resümiert er. Sie hätten gehofft, dass andere in der Stadt Lust haben, sich das Projekt zu eigen zu machen, dass sich andere andocken. „Wir hatten eher das Gefühl, dass Leute sagen: Das geht mich nichts an. Das ist nicht mein Projekt.“Sogar von einem Literaturhaus in Ulm oder Neu-Ulm haben sie geträumt. „Der Eindruck jetzt ist nicht der, dass das gewünscht und gewollt ist.“Die Lust des Publikums auf Events sei zwar offensichtlich nach den CoronaEinschränkungen wieder vorhanden gewesen, bestimmte Inhalte aber deutlich weniger gefragt. Dabei lief das Literaturfestival gerade in den beiden Jahren vor der Pandemie „super“, wie er sagt.
„Corona hat einiges kaputtgemacht, und die Effekte sind bei uns (damit ist das Verlagswesen wie auch Lesungen gemeint, Anmerkung der Redaktion) noch immer spürbar. Der Buchmarkt ist geschrumpft und hat Schaden genommen.“Arnold spielt auf eine „Mitnahmekultur“an, die in der Pandemie entstand: „Viele Leute sind nicht mehr bereit, zu akzeptieren, dass gute Sachen auch einen Preis haben.“
Die Literaturwoche habe immer ein kleines Budget gehabt, berichtet er, und man musste über die Eintrittspreise Dinge gegenfinanzieren. Die Ausgaben stiegen, die Finanzierung wurde schwieriger, und mit dem aktuell zur Verfügung stehenden Mitteln sahen die beiden Initiatoren keinen Weg mehr. „Ich habe selbst Geld aus dem Verlag in das Projekt gesteckt, die Aegis-Buchhandlung hat es logistisch unterstützt.“Ihr und der Ulmer Museumsgesellschaft sei er für alle Unterstützung dankbar.
Was bleibt? „All die guten und bereichernden Begegnungen“, sagt Florian L. Arnold. „Die mit Rasmus Schöll zuallererst, und die mit Autorinnen und Autoren, Verlegerinnen und Verlegern der unabhängigen Szene aus all diesen Jahren, die sich bei uns gut behandelt fühlten.“Er erinnert sich gern an die Entwicklung des Projekts mit Michael Leibinger in der GriesbadGalerie im Jahr 2012. „Ich habe dann einen Sparringpartner gebraucht und den idealen in Rasmus Schöll gefunden. Das war ganz klasse.“Ihm sei es immer darum gegangen, nicht jene Autoren und Autorinnen in die Region zu bringen, die ohnehin von Verlagen auf Tour geschickt werden, sondern gerade auch Neulinge vorzustellen oder Autoren, die mit 50 ihr Debüt auf den Markt bringen und deshalb bei Verlagen oft nicht vorn stehen – gute Literatur abseits der Bestsellerlisten eben.
Seine persönlichen Highlights? „Da gab es viele“, erinnert sich Arnold. „Zum Beispiel in diesem Jahr Anna Mateur und Daniel Schreiber.“Oder 2016 das Gastspiel des Teatro Caprile bei der Literaturwoche. Geliebt hat er es, Literatur an Orte zu bringen, die man zunächst nicht mit dem geschriebenen Wort in Verbindung brächte – in einen Modeladen beispielsweise, in Cafés oder unter Bäume. „Und an Orte, die es inzwischen nicht mehr gibt wie eben Marion Weidenfelds Vorstadt-Theater.“
Die Literaturwoche Donau 2022 war die letzte. „All good things must come to an end“, sagt Arnold philosophisch – und dass damit auch die Kämpfe vorbei sind, die finanziellen Mittel zusammenzubringen. „Es waren zehn gute Jahre“. Aber die Literatur brauche in dieser Zeit offenbar eine neue Begründung. Das Engagement für die Literaturwoche wird ihm fehlen, sagt der Elchinger – die Kontakte vor allem. „Ich bin ja jemand, der die Füße nicht stillhalten kann.“Als Autor, Verleger und Zeichner wird er Wege für seine Kreativität finden. Fehlen wird ihm das Projekt aber sehr, gibt er zu.