Guter Trash bringt Cash
Das wahre Leben ist oft trashig, eben banal, seicht, trivial. Wer ehrlich ist, steht dazu und räumt offen ein, öfter das Dschungelcamp mit seinen Ekel-Prüfungen zu sehen, als sich mit dem „Ekel“, also dem Hauptroman des Existenzialismus von Jean-Paul Sartre, abzumühen. Untersuchungen zeigen: Jeder dritte Konsument des Banal-TV hat Abi, jeder vierte ist Akademiker. Von wegen UnterschichtenFernsehen, liebe Oberschicht!
Dabei ist die Freude am TrashGlotzen psychologisch wertvoll, wenn man taz-Kolumnist Volkan Agar folgt. Der Feuilletonist versichert, manche schauten Seicht– Fernsehen, um die eigene Unvollkommenheit und die erlebten Zumutungen des Lebens kurz zu vergessen. Und wie schreibt der Journalist so schön: „Die Banalität des Angeschauten wird im Gegensatz zur anstrengenden Komplexität der Welt als erleichternd erlebt.“Das Befreiende an Sendungen wie dem Dschungelcamp sei eben im Gegensatz zum echten Leben, ergänzt Autorin Anja Rützel, dass man ungeniert gaffen könne. Und das, ohne sich bei Nachbarn durch den Vorgarten zu schleichen oder gar als ekliger Voyeur zu gelten.
Guter Trash, mit dem Sender wie RTL Cash machen, will gekonnt sein und kostet erst mal richtig Cash, um mehr als vier Millionen Menschen zu Gafferinnen und Gaffern zu erziehen. Kluge Personalentscheidungen sind hier wie bei jeder erfolgreichen Unternehmung existenziell. Dann gelingen Trash-Sternstunden, wenn etwa das Model Tessa Bergmeier trotz tierischer Ekel-Attacken ihre vegane Gesinnung nicht verrät und fast zärtlich in die Kameras haucht: „Ich tue dir nicht weh, mein kleiner Krebs, kleine Kakerlake in meinem Gesicht.“Selten war mehr Respekt vor der Schöpfung zu sehen. Dem Trash-Musterstück steht derzeit ein denkbar misslungenes, weil unfreiwillig-peinliches gegenüber. So wollte die scheidende Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sicher mit besten Vorsätzen Neujahrsgrüße an das Volk per Video senden. Die Politikerin ließ sich aber mit wehenden Haaren filmen, während Raketen und Böller gezündet wurden. Sie sprach über die Ukraine und war kaum zu verstehen, als wollte Lambrecht sagen: „Ich bin eine Politikerin, holt mich hier raus.“Der Wunsch wird ihr nach dem sonderbaren Trash erfüllt. Sie muss das Berliner Ministercamp verlassen.