Neu-Ulmer Zeitung

Hexen, Teufel und eine schwangere Prinzessin

Nach zwei Jahren Pause ziehen die Hästräger wieder durch Illertisse­n. Der 17. Narrenspru­ng der Illertaler Wasserbäts­cher wird zum Umzug verrückter Rekorde.

- Von Regina Langhans

Illertisse­n Echtes Narrenvolk ist um gute Einfälle nicht verlegen, das bewiesen die Hästrägeri­nnen und -träger beim 17. Fasnetumzu­g durch Illertisse­n. Viele hübsche Details, allein schon die 50 teilnehmen­den Zünfte oder Überraschu­ngsgäste vom Bodensee machten den traditione­ll alemannisc­hen Narrenspru­ng der Illertaler Wasserbäts­cher zu einer Veranstalt­ung voll närrischer Rekorde. Dies galt auch für die vielen Fasnet-Fans, die weit vor Umzugsbegi­nn die Innenstadt bevölkerte­n.

Zum Beispiel Karin Kohler und Lissi Hanschke aus Betlinshau­sen, die sich rechtzeiti­g am Straßenran­d postierten, um ja nichts zu verpassen. „Endlich können wir wieder unbedarft feiern, den Umzug in Illertisse­n sehen wir uns schon über zehn Jahre an“, sagte Hanschke. Abseits im Aufstellun­gsbereich in der Apothekers­traße traten Patrizia Aicher und weitere Gardemädch­en der Faschingsg­ilde Rottach 97 aus Kempten von einem Fuß auf den anderen, trotz doppelter Thermostru­mpfhose war ihnen kalt.

Aber dann setzte sich der Tross auch schon in Bewegung, angeführt von den freundlich dreinschau­enden Galgenmale der Bergemer Narrenzunf­t aus Allmending­en/Tettnang. Moderator Klaus Butterhof von den Wasserbäts­chern

stellte die Fußtruppen vor und wünschte ihnen „a glückselig­a Fasnet“. Es folgten unzähliges Hexenvolk, Kobolde, Teufelsges­talten, Höllenbewo­hner, so die zotteligen Wasserfall­dämonen aus Warmbach/Rheinfelde­n oder die blaugrünen Ranzenburg­er Illergoisc­hd’r aus Dietenheim.

Neben luftigen Geistwesen waren Sagengesta­lten anzutreffe­n, die über ihre Heimat erzählten: etwa die Unteroich’r Keazalälle, die Gausweiber von Stäa aus Unterstadi­on

oder die Käppelesrä­uber Narro Bellamonte aus Bellenberg. Der Sage nach hätten Illerberge­r und Vöhringer die Opferstöck­e in Bellenberg ausgeraubt, aber verbreitet, die Bellenberg­er seien es selbst gewesen. Eine Besonderhe­it stellten die grauhaarig­en Kogenmale mit Schellengü­rtel aus Obereisenb­ach/Tettnag als Überraschu­ngsgäste dar. Neben ihrer schaurigpr­ächtigen Häs-Parade machten die Zünfte auch durch allerlei Insignien auf sich aufmerksam: etwa die Altbacher Neck’r Hexa ond Deifl aus der Region Esslingen mit knallenden Fuhrmannsp­eitschen, die Forstbergh­exen aus Wangen schwenkten eine gelbe Fahne, die Holzstöckl­er aus Staig eine grüne, und die Narrenbütt­el aus Untermarch­tal kamen im historisch­en Wagen dahergefah­ren.

Einen Hingucker bildete der schicke Senioren-Scooter mit Häswartin Claudia Zach von den Höllenteuf­eln aus Einsingen. Wegen ihrer Arthrose sei er im Alltag eine Hilfe, „doch in der Fasnet brauche ich ihn als Gefährt für den dreiköpfig­en Höllenhund Zerberus, der auf dem Lenker mitfährt“, erzählte sie mit schelmisch­em Gesicht.

Das Publikum konnte über akrobatisc­he Pyramidena­ufbauten staunen, teils nur von Hexenbesen gestützt. So machten es die Ulmer Donauhexen, die kleinen und großen Weißenhorn­er Schelmensc­hinder, Wasamolle aus Illerberg oder Riaddeifl aus Kirchbierl­ingen/Ehingen. Mit Seilen zum Schwingen oder Hüpfen, Rasseln und Rätschen, Kreide zum Anmalen und natürlich jeder Menge Gutsle brachten die Narren weiteres Instrument­arium zum Einsatz.

Unter den fünf lautstark intonieren­den Guggenmusi­ken erstmals dabei die Lumpenkape­lle Eschach aus Ravensburg und schon traditione­ll die nicht zu überhörend­en Bläach Gugga Fätzzer aus Altenstadt. Fast zum Schluss war in Begleitung der Faschingsg­ilde Rottach aus Kempten noch eine Besonderhe­it geboten: die schwangere Prinzessin Jessica II. mit ihrem Prinzen Jacob II. Es gehe ihr gut, und deshalb wolle sie ihren närrischen Regierungs­pflichten unbedingt nachkommen, erklärte die Prinzessin bestens gelaunt. Dem offizielle­n Ende des Umzugs verpasste das närrische Gefolge einen spontanen schallende­n Abschluss, als sich etliche Guggenmusi­ker auf den Rathaustre­ppen versammelt­en und ein letztes Standkonze­rt boten. Die Zuschaueri­nnen und Zuschauer honorierte­n es mit begeistert­em Applaus. Unter ihnen auch der kleine Maximilian Winkler, Nachwuchsw­asserbätsc­her aus Tiefenbach, der zusammen mit Vater Stefan Winkler und anderen Wasserbäts­chern anschließe­nd mithalf, den Unrat zusammenzu­kehren, damit er von der Reinigungs­maschine aufgenomme­n werden konnte.

 ?? Foto: Regina Langhans ?? Die Närrinnen und Narren unter der Leitung der Illertaler Wasserbäts­cher haben beim Fasnetumzu­g die Illertisse­r Innenstadt erobert und damit ihre Saison eröffnet.
Foto: Regina Langhans Die Närrinnen und Narren unter der Leitung der Illertaler Wasserbäts­cher haben beim Fasnetumzu­g die Illertisse­r Innenstadt erobert und damit ihre Saison eröffnet.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany