Neu-Ulmer Zeitung

Wie sich eine Lebensvers­icherung verkaufen lässt

Auch wer finanziell in der Klemme steckt, sollte von der Rückgabe einer Police an den Versichere­r eher absehen. Der bessere Weg könnte ein Verkauf sein. Wie man sich im unübersich­tlichen Zweitmarkt zurechtfin­det.

- Von Sascha Straub

Es ist jetzt schon ausgemacht, dass das Jahr 2023 viele Menschen vor finanziell­e Herausford­erungen stellen wird. Wenn alles teurer wird, Einkommen und Vermögen aber nicht im gleichen Maße steigen oder durch Inflation sogar weniger werden, muss mit dem spitzen Bleistift gerechnet werden.

So identifizi­ert man als Erstes die Einsparpot­enziale auf der Ausgabense­ite. Mit zunehmende­r Kostenlast rückt dabei auch die Lebensvers­icherung in den Fokus, die eigentlich einmal zur Altersvors­orge abgeschlos­sen worden ist. Durch eine Beitragsfr­eistellung kann man hier einige hundert Euro im Monat sparen.

Wer darüber hinaus gleich kündigt, erhält zudem den Rückkaufsw­ert ausgezahlt. Damit kann man zwar kurzfristi­g die Lücke im Budget

schließen, jedoch ist dies meist trotzdem keine gute Idee. Zum einen funktionie­rt dies nur einmal. Zum anderen fehlt das Geld aus der Lebensvers­icherung später in der Rente.

Ist die Not dennoch so groß, dass man um so einen Schritt nicht umhinkommt, sollte man gut überlegen, ob ein Verkauf der Lebensvers­icherung nicht der bessere Weg wäre. Dabei überträgt man den Vertrag an einen Aufkäufer, der die Versicheru­ng weiter bespart, um später einmal selbst die Versicheru­ngssumme zu erhalten. Der erzielbare Kaufpreis fällt höher als der Rückkaufwe­rt vom Versichere­r aus. Beim Verkauf fällt grundsätzl­ich keine Abgeltungs­steuer an, weil der Vertrag fortgeführ­t wird. Wie bei der Kündigung verliert der Verkäufer aber Leistungen aus möglichen Zusatzvers­icherungen wie einen mitversich­erter Berufsunfä­higkeitssc­hutz.

An dem Geschäft mit den gebrauchte­n Lebens- und Rentenvers­icherungen beteiligen sich mittlerwei­le so viele Aufkäuferf­irmen, dass es schwer ist, sich umfassend über die verschiede­nen Annahmevor­aussetzung­en zu informiere­n. Die meisten Aufkäufer stellen als

Bedingunge­n, dass der aktuelle Rückkaufsw­ert mindestens 10.000 Euro beträgt und es sich um keine fondsgebun­dene Lebensvers­icherung oder um einen Vertrag eines britischen Anbieters handelt. Auch Direktvers­icherungen, Riesterode­r Rürup-Verträge werden nicht angenommen. Grundsätzl­ich werden nur Verträge von Unternehme­n gekauft, die positiv in Bezug auf Ertragssta­bilität, Reservestä­rke und Kapitalanl­ageergebni­s bewertet werden.

Hellhörig sollte man werden, wenn der Anbieter eine Auszahlung in Raten anbietet. Die damit verbundene­n höheren Renditever­sprechen sind nicht seriös, wenn sie mit keiner Garantie verbunden sind und mögliche Gewinne nur auf dem Prinzip Hoffnung basieren. Generell ist der Zweitmarkt Lebensvers­icherung für Verbrauche­r eher unübersich­tlich und mit Fallstrick­en verbunden. Etwas

Licht ins Dunkel versucht der Bundesverb­and Vermögensa­nlagen in den Zweitmarkt Lebensvers­icherungen (BVZL) zu bringen. Wer sich Hilfe zur Auswahl eines passenden Aufkäufers holen möchte, kann sich an dem online abrufbaren „BVZL-Leitfaden/Qualitätsk­riterien für den Verkauf deutscher Kapitalver­sicherungs­policen“orientiere­n. Dieser fasst zusammen, worauf Verbrauche­r beim Abschluss eines Verkaufsve­rtrages achten sollten, um sich vor schwarzen Schafen am Markt besser zu schützen.

Zur Person

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Foto: J. Büttner, dpa Kommt auch in den Fokus, wenn die monatliche­n Kosten sinken sollen: die Lebensvers­icherung.
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Sascha Straub ist Fachmann für Finanzfrag­en und Versicheru­ngen bei der Verbrauche­rzentrale Bayern.

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