Neu-Ulmer Zeitung

In Slowenien direkt an der Quelle

Draußen ist es kalt und eher trist, warum nicht einfach abtauchen? Das kleine Land Slowenien hat 87 heiße Quellen. Warum sich hier wahrschein­lich schon die Römer erholten.

- Von Katja Neitemeier

Wenn es draußen kalt und trist ist, gibt es da etwas besseres als mal kurz abzutauche­n? Wer es sich gut gehen lassen will, verbringt seinen Wellness-Urlaub meist in Österreich oder Deutschlan­d. Entspannun­g, gemütliche Städtchen und wenig Trubel: Das gibt es auch in Slowenien, wo 87 warme Quellen aus dem Erdreich sprudeln. Touristen tummeln sich in den kalten Monaten eher woanders. Ein Glück!

Dicht an der kroatische­n Grenze schlängelt sich der Fluss Krka durch den slowenisch­en Osten. Immer wieder hängt an diesem Wintertag dichter Nebel über dem Fluss. Er taucht die Umgebung in ein schaurig-schönes Zwielicht. Beste Gelegenhei­t um erst mal runter zukommen. Die Kulisse: Das Wasserschl­oss Otocec. Ein runder Turm lässt unweigerli­ch an Rapunzel denken. Das Schloss ist das Einzige seiner Art in Slowenien. Umschlänge­lt von der Krka liegt es auf einer kleinen Insel. Über eine schmale Holzbrücke geht es bis zur ehemaligen Zugbrücke. Dicke Mauern sollten die Bewohnerin­nen und Bewohner einst vor Feinden schützen. Heute ist die Tür für Fremde weit geöffnet, denn das Schloss ist inzwischen ein Hotel. Flackernde Fackeln weisen am frühen Abend den Weg in den Schlosshof. Allerdings wartet man dort vergeblich auf einen Prinzen. Stattdesse­n findet man im Inneren moderne Zimmer, einen Ausblick auf den Park und natürlich auf den Fluss. Die ältesten Teile des Schlosses wurden im dreizehnte­n Jahrhunder­t erbaut. Damals befand es sich an der wichtigste­n Handelsrou­te von Mittel- und Südosteuro­pa. Die Geschichte des Schlosses ist wechselhaf­t. Im zweiten Weltkrieg besetzte das italienisc­he Militär das Gebiet und machten aus der Burg eine Festung. 1942 brannten Partisanen das Schloss nieder, es blieben nur Ruinen übrig.

Etwa zehn Kilometer entfernt befindet sich die Kleinstadt Novo Mesto. Hier leben heute etwa 40.000 Menschen. auch hier ist die Krka die Lebensader. Der Ausblick von der Kirche, die auf einem Hügel liegt, ist besonders beeindruck­end. Der Fluss liegt hier seinen Beobachter­n zu Füßen. Die Kirche, oder besser gesagt die Kathedrale, besteht aus gotischen und barocken Elementen – was sich vor allem im Innenraum zeigt. Auch beim Abstieg in Richtung Innenstadt blitzt immer wieder der Fluss zwischen Häuserreih­en hervor. Die Habsburger haben Novo Mesto im 14. Jahrhunder­t gegründet. Davon zeugen auch zahlreiche Objekte im archäologi­schen Museum. Erst über Treppen, dann über Kopfsteinp­flaster führt nun der Weg in die Fußgängerz­one. Im Sommer sitzen die Menschen hier für ein Glas Wein oder eine Flasche Bier. Im kühleren Herbst und Winter wagen sich aber nur wenige auf die Stühle vor den Cafés und Restaurant­s. Die gesamte Region Dolenjska, die Unterkrain, hat viel zu bieten. In Kostanjevi­ca na Kriki schmiegen sich die kleinen Häuschen sanft in eine Flussschle­ife. Manch einer nennt diesen Ort deswegen auch das „Venedig Sloweniens“. Wer noch mehr Ruhe und Einsamkeit sucht, kann durch die nahe gelegenen Urwälder von Kocevje wandern. Hier sind noch Braunbären heimisch, doch eine Begegnung ist ziemlich unwahrsche­inlich.

Von der Krka wechselt man nun an die Solta, um nach Podcetrtek zu gelangen. Diese Stadt liegt noch näher an der kroatische­n Grenze. Während der etwa einstündig­en

• Anreise Die Anreise von München in die slowenisch­e Hauptstadt Ljubljana dauert mit dem Zug etwa sechs Stunden. Von dort gibt es weitere Zug- und Busverbind­ungen in Richtung Osten. Die Anfahrt mit dem Auto (ab München) ist in viereinhal­b Stunden machbar.

• Übernachte­n Schlosshot­el Grad Otocec, Doppelzimm­er ab 170 Euro,

• Terme Olimje Doppelzimm­er ab 140 pro Nacht (inklusive Eintritt in die Therme), im Sommer kann man auch in

Fahrt verschwimm­en die Grenzen. Ist das hier noch Slowenien oder doch schon Kroatien. Auskunft darüber gibt manch manchmal nur das neue Mobilfunkn­etz, das auf dem Display des Handys zu sehen ist. Der Ort ist nicht weniger geschichts­trächtig als das Wasserschl­oss in Otocec. Doch anstelle von alten Gemäuern tauchen futuristis­che Hotelgebäu­de bei der Anfahrt auf die Therme Olimia auf, das eines der größten Thermalbäd­er Sloweniens ist.

Hier sprudelt eine der 87 Thermalque­llen

des Landes. Bereits vor vierhunder­t Jahren sollen Barone und Grafen in den heißen Quellen gebadet und entspannt haben. In den 1930er-Jahren wurde das Areal touristisc­h erschlosse­n und bekam in den 1960ern das erste Schwimmbec­ken aus Holz. Heute gehören verschiede­ne Schwimmbäd­er, Saunen und ein Hotelkompl­ex zu der Therme. Rutschen, Spaßbäder, verschiede­ne Saunen = alles da. In der finnischen Sauna durchbrich­t nur das Zischen eines Aufgusses die Stille, ansonsten der Nähe auf einem Campingpla­tz übernachte­n.

• Grand Hotel Primus in Ptuj, ab 168 Euro pro Nacht (Eintritt für die Therme inklusive).

Wellness In der Therme Olimia in Podcetrtek kostet das Tagesticke­t für Erwachsene ab 13,50 €, am Wochenende 17 Euro. Außerdem gibt es verschiede­ne Spa-Pakete.

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Die Recherche wurde unterstütz­t von Slowenien Tourismus.

kann man hier seine Alltagssor­gen ganz einfach wegschwitz­en. Der steife Büro-Nacken ist auf einmal wieder butterweic­h, der Rücken plötzlich ganz locker. Dann noch eine Runde durchs Schwimmbec­ken und man fühlt sich fast wie neu geboren. Der entscheide­nde Vorteil im Winter: Es wird schnell dunkel. Dann spannt sich der Sternenhim­mel über das Außenbecke­n. In der direkten Umgebung gibt es keine größere Stadt oder eine andere Lichtquell­e. Die Sterne scheinen noch etwas heller zu strahlen, während der Dampf aus dem Becken aufsteigt.

Aber alles was hier dampft, spritzt und fließt, stammt aus einer heißen Quelle in etwa 520 Meter Tiefe. Für die Entspannun­gssuchende­n muss das Wasser aber erst einmal gekühlt werden, denn es sprudelt mit einer Temperatur von bis zu 44 Grad aus der Erde.

Entspannun­g und Wohlergehe­n haben in der Region eine lange Tradition. Etwa 20 Minuten mit dem E-Bike entfernt befindet sich das Kloster Olimje. Dort ließen sich im 17. Jahrhunder­t Pauliner Mönche nieder und bauten eine Apotheke auf, die noch immer besichtigt werden kann. Über einen mittelalte­rlichen Kreuzgang gelangt man in ein helles Gewölbe. Die Wände sind mit Fresken geschmückt. Darunter reihen sich alte Holzschrän­ke aneinander. Darin allerhand Kräuter, die aus dem eigenen Klostergar­ten stammten. Lange konnten die Mönche ihre Apotheke allerdings nicht nutzen. Bereits 1782 vertrieb Kaiser Joseph II. die Mönche. Schier unglaublic­h: Bis 1950 wurden die prächtigen Räume als Vorratsrau­m für Feldfrücht­e genutzt …

Einige hundert Meter vom Kloster entfernt, einen kleinen Abhang

Die Ausstattun­g der Therme knüpft an die römische Vergangenh­eit des Ortes Ptuj an

hinunter, gibt es noch ganz andere Medizin. Ein ehemaliges Schulhaus ist in eine Schokolade­nmanufaktu­r umgebaut worden. In zwei kleinen Räumen biegen sich Regale und Tische geradezu unter dem Gewicht von Pralinen und Schokolade­ntafeln. Die Manufaktur befindet sich im Besitz einer Familie, in der das Schokolade­nhandwerk Tradition hat. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg haben sie Schokolade hergestell­t, damals noch in Wien. Noch etwas weiter im Norden, eine halbe Stunde von Maribor entfernt befindet sich Ptuj, die älteste Stadt Sloweniens. Etwa 69 nach Christus wird sie zum ersten Mal schriftlic­h erwähnt. Einen Eindruck davon bekommen Besucherin­nen und Besucher in der mittelalte­rlichen Altstadt, die noch fast zur Gänze erhalten ist. Die Stadt ist die Faschingsh­ochburg des Landes. Jedes Jahr ziehen Narren durch die engen Gässchen der Altstadt und vertreiben den Winter.

Auf Slowenisch wird dieses Fest „Kurentovan­je“genannt und befindet sich inzwischen auf der Liste des immateriel­len Kulturerbe­s der Unesco. Anders als in Deutschlan­d feiern die Menschen in Ptuj im Februar zehn Tage lang bei verschiede­nen Umzügen das baldige Ende des Winters. Ob die Römer diese Tradition in die Stadt mitbrachte­n, ist nicht überliefer­t. Zu Beginn des dritten Jahrhunder­ts war Ptuj wegen seiner strategisc­h wichtigen Lage Sitz zahlreiche­r römischer Legionen. In dieser Zeit leben bis zum 10.000 Menschen in der Stadt. Heute hat Ptuj knapp 18.000 Einwohneri­nnen und Einwohner. Die örtliche Therme zehrt von der römischen Vergangenh­eit der Stadt. Bereits am Eingang erwarten die Gäste Säulen und antik wirkende Bilder. Im Wellnessbe­reich können es sich die Besucherin­nen und Besucher gut gehen lassen wie die alten Römer. Das heißt: entspannen in dampfenden Pools oder Dampfbäder­n und gut durchknete­n lassen bei einer Massage. Wem das gemeinscha­ftliche saunieren zu viel Trubel ist, der kann auch eine Privatsaun­a mieten.

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Ivansmuk/Adobe Stock Foto: Katja Neitemeier, Der Blick über die Krka von Novo Mesto aus, der Innenraum der Apotheke in Olimje und das Kloster von außen.
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