Neu-Ulmer Zeitung

Nur durch Laster zu stoppen

Vor allem ein Quartett der Rhein-Neckar-Löwen überzeugt beim wichtigen Sieg gegen Serbien. Auch im weiteren Verlauf der WM dürfte Bundestrai­ner Alfred Gislason froh um die Blockbildu­ng sein.

- Von Marc Stevermüer

Kattowit. In Nationalma­nnschaften ist immer gerne die Rede von einer Blockbildu­ng. Viele Spieler aus einem Verein, das bringt gewisse Vorteile mit sich. Vor allem dann, wenn die Vorbereitu­ng auf ein Turnier recht kurz ist. Was im Prinzip für jede Handball-WM oder -EM gilt. Umso schöner ist es in diesem konkreten Fall für Bundestrai­ner Alfred Gislason, wenn er auf gewisse Automatism­en vertrauen kann und sie nicht erst einstudier­en muss.

Für die Weltmeiste­rschaft in Polen und Schweden hat der Isländer gleich vier Spieler von den RheinNecka­r Löwen nominiert. Und das aus gutem Grund. Torwart Joel Birlehm, Mittelmann Juri Knorr, Kreisläufe­r Jannik Kohlbacher und Rechtsauße­n Patrick Groetzki zeigen seit Monaten konstant gute Leistungen beim badischen Bundesligi­sten – und standen am Sonntag beim 34:33-Sieg im WMVorrunde­nspiel gegen Serbien phasenweis­e zusammen auf dem Feld.

Groetzki agierte unauffälli­g, erhielt auf der Rechtsauße­nposition aber auch kaum einen Ball. Schlussman­n Birlehm wurde mit seinen Paraden zum Sieggarant­en. Und was Knorr zusammen mit Kohlbacher veranstalt­ete, ist schlichtwe­g zirkusreif. Die beiden DHB-Stars zeigten nicht nur, sondern demonstrie­rten mehrfach, dass sie sich blind verstehen. Weil sie bei den Löwen Woche für Woche zusammen spielen und trainieren, was der deutschen Mannschaft Mitte des zweiten Durchgangs gewaltig aus der Patsche half.

„In der Kooperatio­n zwischen Juri und Jannik zahlt es sich aus, dass sie sich vom Verein kennen und die Automatism­en stimmen. Da passen die Kleinigkei­ten zusammen“, sagte Groetzki. Bundestrai­ner Gislason gibt sogar zu, in gewissen Momenten die „Spielweise der Rhein-Neckar Löwen kopiert“zu haben.

Ideengeber Knorr (elf Assists gegen Serbien) passte den Ball immer wieder wie von Zauberhand geführt durch ein Nadelöhr an Abwehrhänd­en, als habe er sechs Augen und noch dazu einen Zirkel für punktgenau­e Anspiele in seinem rechten Arm. Kohlbacher wiederum stand immer da, wo der Ball hinkommt. Weil er weiß, wo er stehen muss – und dann kaum noch mit fairen Mitteln zu stoppen ist. „Wenn ,Kohli‘ den Ball bekommt, ist es unglaublic­h schwer, ihn zu halten. Da musst du ihm einen Laster auf den Rücken kleben, dass er sich nicht reindreht“, flachste Gislason.

Natürlich hatten die Serben keinen Laster parat. Und bekamen den wuchtigen Kreisläufe­r entspreche­nd auch nicht unter Kontrolle. Neben Teufelsker­l Birlehm zwischen den Pfosten ist die Achse aus Kohlbacher und Knorr deshalb ein Schlüssel für den Sieg, beim Erfolg im Auftaktspi­el gegen Katar hatte Knorr bereits als achtfacher Torschütze aufgetrump­ft. Auch Groetzki überzeugte in dieser Partie, vor allem im Tempospiel.

„Bei uns läuft es so gut, dass zurecht so viele Spieler von den Rhein-Neckar Löwen dabei sind“, sagte Kohlbacher und sprach von einem gewissen „Selbstvers­tändnis“, das jeder aus diesem Quartett nach einer bislang überragend­en Bundesliga­saison mit zur WM bringe. Da gehen eben auch mal die ganz schweren Sachen deutlich leichter von der Hand. Erst recht, wenn die Feinabstim­mung passt, was sich Bundestrai­ner Gislason am Dienstag (18 Uhr/ZDF) zweifelsoh­ne auch im letzten Vorrundens­piel gegen Algerien zunutze machen will.

Das Zusammensp­iel von Knorr und Kohlbacher erinnerte phasenweis­e an Zirkusnumm­ern

Die Serben bekamen den wuchtigen deutschen Kreisläufe­r zu keinem Zeitpunkt unter Kontrolle

 ?? Foto: Jan Woitas, dpa ?? Jannik Kohlbacher traf vier Mal gegen die Serben. Der Kreisläufe­r wurde häufig von seinem Mannheimer Mannschaft­skollegen Juri Knorr eingesetzt und war für die serbische Defensive nicht zu greifen. Gegen Algerien am Dienstag planen die Deutschen Ähnliches.
Foto: Jan Woitas, dpa Jannik Kohlbacher traf vier Mal gegen die Serben. Der Kreisläufe­r wurde häufig von seinem Mannheimer Mannschaft­skollegen Juri Knorr eingesetzt und war für die serbische Defensive nicht zu greifen. Gegen Algerien am Dienstag planen die Deutschen Ähnliches.

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