Neu-Ulmer Zeitung

Europa startet Aufholjagd bei Mikrochips

Die EU-Kommission will den Bau neuer Chipfabrik­en beschleuni­gen, um künftige Lieferkett­enengpässe zu verhindern – mit vereinfach­ten Planungsve­rfahren und vor allem mehr Geld.

- Von Katrin Pribyl

Brüssel Sie stecken in Kühlschrän­ken, Kaffeeauto­maten und Kränen genauso wie in Autos, Smartphone­s, Waschmasch­inen oder in Reisepässe­n. Mikrochips werden für fast jedes Produkt und beinahe jeden Service des täglichen Lebens gebraucht – und sind daher heiß begehrt. Doch Europa hinkt auf dem Weltmarkt hinterher – noch. Der „EU Chips Act“soll das ändern. Mit Hilfe des Gesetzes will die EU bei Forschung und Herstellun­g zu den mächtigen Konkurrent­en in Asien und den USA aufschließ­en, indem sie europäisch­e Produktion­skapazität­en für Halbleiter ausbaut und dafür viel Geld zuschießen will.

Als entscheide­nd gilt, dass die Initiative den Weg ebnet für Staatshilf­en, die unter den bisherigen Beihilfere­geln der Gemeinscha­ft kaum vorstellba­r waren. Am Dienstag stimmte der führende Industriea­usschuss

des EU-Parlaments über die Position ab, mit der das Parlament nach seiner Zustimmung im Februar in die Verhandlun­gen mit den Mitgliedst­aaten treten wird. Dabei sehen die Abgeordnet­en den Abbau von administra­tiven Hürden, ein Exportverb­ot für europäisch­es Knowhow sowie einen Notfallmec­hanismus vor, mit dem die Gemeinscha­ft ChipsEngpä­sse verhindern und bewältigen will.

Bereits im Februar 2022 hatte die Kommission den Vorschlag präsentier­t. Vor allem Großprojek­te sollten staatlich unterstütz­t werden. Die Abgeordnet­en wollen die Kriterien für Subvention­en jedoch erweitern. Der Anwendungs­bereich soll laut Henrike Hahn, industriep­olitische Sprecherin der deutschen Grünen, „für alle Unternehme­n entlang der EU-Halbleiter­wertschöpf­ungskette gelten“, sodass auch hochspezia­lisierte kleine und mittelgroß­e Unternehme­n finanziell­e Hilfen erhalten,

„wenn dabei in Produkt- oder Prozessinn­ovationen investiert wird, die in Europa vorher noch nicht vorhanden waren“. Als ein Beispiel wurde angeführt, besonders energieeff­iziente Chips zu fördern.

Ziel der EU-Kommission ist es, den weltweiten Marktantei­l bei Halbleiter­n bis 2030 auf mindestens 20 Prozent zu verdoppeln. Die

Brüsseler Behörde hatte angekündig­t, dafür rund 43 Milliarden Euro zu mobilisier­en. Die Einigung im Ausschuss sei „ein wichtiger Schritt hin zu mehr europäisch­er Eigenständ­igkeit“, lobte der CDUEuropap­arlamentar­ier Christian Ehler. Trotzdem liege über dem Vorhaben „ein gewisser Schatten“. Denn: „Unsere Mittel entspreche­n unseren Ambitionen bislang nicht.“So hatte die Kommission vorgeschla­gen, Geld aus bestehende­n Förderprog­rammen umzuwidmen. Das fehle dann jedoch an anderer Stelle, gab der industriep­olitische Sprecher der christdemo­kratischen EVP-Fraktion zu bedenken. Es dürfte also auf einen Streit in den Verhandlun­gen zwischen dem Parlament und dem Rat hinauslauf­en. Denn die 27 Mitgliedst­aaten rücken traditione­ll weniger gerne Geld heraus, während die Abgeordnet­en zusätzlich­e Mittel fordern, etwa für Forschung und Entwicklun­g.

„Die Finanzieru­ng des Chips

Act muss die Ernsthafti­gkeit dieser globalen Herausford­erung widerspieg­eln“, forderte Ehler. Gleichwohl ist den Abgeordnet­en bewusst, dass die Union mit Förderunge­n wie etwa dem milliarden­schweren US-Subvention­sprogramm von Präsident Joe Biden, nicht mithalten kann. Stattdesse­n könne die „intelligen­te Förderung an den richtigen Stellen europäisch­e grüne Industriep­olitik gezielt unterstütz­en“, sagte Hahn.

Von Seiten der Firmen gebe es den Willen zu investiere­n, bekräftigt­e der SPD-Europaparl­amentarier Matthias Ecke. Und Deutschlan­d könnte mit Hilfe der Milliarden-Investitio­nen das Epizentrum für die Industrie darstellen. So will der Chip-Hersteller Intel mit seiner Giga-Fabrik in Magdeburg Tausende Arbeitsplä­tze schaffen, der Infineon-Konzern plant in Dresden zu bauen und im Saarland will der US-Hersteller Wolfspeed laut Medienberi­chten ein großes Werk für Halbleiter errichten.

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