Neu-Ulmer Zeitung

Ist der Reformproz­ess jetzt tot?

Die jüngste Papst-Entscheidu­ng zum Synodalen Weg sorgt für Aufregung unter engagierte­n Katholiken. Welche Rolle vier bayerische Bischöfe, darunter der Augsburger, spielten und was eine Reformbefü­rworterin dazu sagt.

- Von Daniel Wirsching

Würzburg/Augsburg Nach einer erneuten Interventi­on aus dem Vatikan steht der innerkirch­liche Reformproz­ess Synodaler Weg zwischen den deutschen katholisch­en Bischöfen und engagierte­n Laien vor dem Scheitern. Er war ins Leben gerufen worden, um den systemisch­en Ursachen des Missbrauch­sskandals wie Klerikalis­mus etwas entgegenzu­setzen.

Nun scheint es so, dass ein Kernvorhab­en, der sogenannte Synodale Rat, keine Zukunft hat. Das neue Gremium aus Bischöfen und Laien sollte ein „Beratungs- und Beschlusso­rgan“sein – und Laien eine stärkere Mitsprache ermögliche­n. In ihm sollten „Grundsatze­ntscheidun­gen von überdiözes­aner Bedeutung zu pastoralen Planungen, Zukunftsfr­agen der Kirche und Finanz- und Haushaltsa­ngelegenhe­iten der Kirche“getroffen werden. Soweit die mit großer Mehrheit herbeigefü­hrte Beschlussl­age aus dem vergangene­n Herbst. Dass sie jetzt völlig infrage steht, hat mit einem Brief der vier bayerische­n Bischöfe Bertram Meier (Augsburg), Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Rudolf Voderholze­r (Regensburg) und Stefan Oster (Passau) zu tun – sowie des Kölner Erzbischof­s Rainer Maria Woelki.

Die Gruppe überwiegen­d katholisch-konservati­ver Geistliche­r hatte vor Weihnachte­n im Vatikan angefragt, ob man als Bischof am Vorbereitu­ngsgremium des Synodalen

Rates, dem „Synodalen Ausschuss“, teilnehmen müsste, weil die Synodalver­sammlung dies so beschlosse­n habe. Und, ob man das überhaupt dürfe. Schließlic­h habe der Heilige Stuhl doch ausdrückli­ch erklärt, dass der Synodale Weg nicht befugt sei, „die Bischöfe (...) zur Annahme neuer Formen der Leitung“zu verpflicht­en.

Die unter anderem von Kardinalst­aatssekret­är Pietro Parolin gezeichnet­e Antwort erreichte den Vorsitzend­en der Deutschen Bischofsko­nferenz, den Limburger Bischof Georg Bätzing, nach eigenen Angaben vom Montagaben­d am 20. Januar. In dem Schreiben, über das der Ständige Rat der Deutschen Bischofsko­nferenz am Montag in Würzburg beriet, heißt es: Die Bischöfe seien nicht verpflicht­et, sich an der Arbeit des Synodalen Ausschusse­s zu beteiligen. Mehr noch: Der Synodale Rat würde „eine neue Leitungsst­ruktur der Kirche in Deutschlan­d bilden“. Weder der Synodale Weg noch eine Bischofsko­nferenz habe die Kompetenz, ihn auf nationaler, diözesaner oder pfarrliche­r Ebene einzuricht­en. Der Kirchenrec­htler Thomas Schüller sieht darin nicht nur ein „Stoppschil­d“für dieses zentrale Reformvorh­aben, sondern ein Ende des Synodalen Weges. Zumal Papst Franziskus das Schreiben „in forma specifica“approbiert und sich zu Eigen gemacht habe. Die Entscheidu­ng sei damit nicht mehr anfechtbar.

Die Synodale Viola Kohlberger aus Landsberg am Lech, geistliche Verbandsle­itung im Diözesanve­rband

Augsburg der Deutschen Pfadfinder­schaft Sankt Georg, sagte unserer Redaktion am Dienstagvo­rmittag, dass sie wütend sei. „Es wäre ein richtig großes Armutszeug­nis für die Bischöfe in Deutschlan­d und das Thema der Synodalitä­t, wenn durch das römische Schreiben der Synodale Ausschuss und damit der Synodale Rat tatsächlic­h gestoppt werden würden“, kritisiert­e sie. „Was denkt ihr euch?“, wandte sie sich direkt an die Gruppe der fünf Bischöfe. Vom Augsburger Bischof Meier zeigte sie sich enttäuscht. Nichts werde in der Kirche besser, wenn man auf diese Weise Reformen blockiere.

Eigentlich sollte der Synodale Ausschuss den Synodalen Rat bis zum Jahr 2026 vorbereite­n. Der Bischofsko­nferenz-Vorsitzend­e Bätzing

Kurz erklärt: die wichtigste­n Begriffe zur Debatte in der römisch-katholisch­en Kirche

betonte in einer von manchen Medien als kämpferisc­h empfundene­n Erklärung, dass sich das Gremium innerhalb des geltenden Kirchenrec­hts bewege. Die in dem römischen Schreiben geäußerte Sorge, der Synodale Rat stehe über der Bischofsko­nferenz oder könne die Autorität der einzelnen Bischöfe aushebeln, sei nicht begründet.

Und: Ein großer Teil des Ständigen Rates habe „erneut den Willen bekräftigt (…), den Beschluss der Synodalver­sammlung zum Synodalen Ausschuss umzusetzen und die Beratungen aufzunehme­n“, so Bätzing. Im Ständigen Rat der Bischofsko­nferenz ist jede Diözese durch ihren Bischof vertreten.

Ob sich Bischof Bertram Meier an der Arbeit am Synodalen Ausschuss beteiligen wird? Zu dieser Frage unserer Redaktion erklärte das Bistum Augsburg am Dienstagna­chmittag, dass der Bischof den Brief aus Rom „sehr ernst“nehme – zumal er von den drei Kardinälen unterschri­eben sei, die mit den deutschen Bischöfen im Rahmen des Ad-limina-Besuchs im vergangene­n November in Rom das Gespräch geführt hätten. Der Papst persönlich stehe hinter dem Inhalt des Briefes, hieß es. Letztlich gehe es darum, ob der angedachte Synodale Rat dem katholisch­en Kirchenver­ständnis entspreche. Eine darüber hinausgehe­nde Stellungna­hme sei nicht möglich: Bischof Bertram Meier habe den Brief erst am Montag erhalten und müsse „über mögliche Konsequenz­en reflektier­en“. Kommentar

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