Ist der Reformprozess jetzt tot?
Die jüngste Papst-Entscheidung zum Synodalen Weg sorgt für Aufregung unter engagierten Katholiken. Welche Rolle vier bayerische Bischöfe, darunter der Augsburger, spielten und was eine Reformbefürworterin dazu sagt.
Würzburg/Augsburg Nach einer erneuten Intervention aus dem Vatikan steht der innerkirchliche Reformprozess Synodaler Weg zwischen den deutschen katholischen Bischöfen und engagierten Laien vor dem Scheitern. Er war ins Leben gerufen worden, um den systemischen Ursachen des Missbrauchsskandals wie Klerikalismus etwas entgegenzusetzen.
Nun scheint es so, dass ein Kernvorhaben, der sogenannte Synodale Rat, keine Zukunft hat. Das neue Gremium aus Bischöfen und Laien sollte ein „Beratungs- und Beschlussorgan“sein – und Laien eine stärkere Mitsprache ermöglichen. In ihm sollten „Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung zu pastoralen Planungen, Zukunftsfragen der Kirche und Finanz- und Haushaltsangelegenheiten der Kirche“getroffen werden. Soweit die mit großer Mehrheit herbeigeführte Beschlusslage aus dem vergangenen Herbst. Dass sie jetzt völlig infrage steht, hat mit einem Brief der vier bayerischen Bischöfe Bertram Meier (Augsburg), Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Stefan Oster (Passau) zu tun – sowie des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki.
Die Gruppe überwiegend katholisch-konservativer Geistlicher hatte vor Weihnachten im Vatikan angefragt, ob man als Bischof am Vorbereitungsgremium des Synodalen
Rates, dem „Synodalen Ausschuss“, teilnehmen müsste, weil die Synodalversammlung dies so beschlossen habe. Und, ob man das überhaupt dürfe. Schließlich habe der Heilige Stuhl doch ausdrücklich erklärt, dass der Synodale Weg nicht befugt sei, „die Bischöfe (...) zur Annahme neuer Formen der Leitung“zu verpflichten.
Die unter anderem von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gezeichnete Antwort erreichte den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, den Limburger Bischof Georg Bätzing, nach eigenen Angaben vom Montagabend am 20. Januar. In dem Schreiben, über das der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz am Montag in Würzburg beriet, heißt es: Die Bischöfe seien nicht verpflichtet, sich an der Arbeit des Synodalen Ausschusses zu beteiligen. Mehr noch: Der Synodale Rat würde „eine neue Leitungsstruktur der Kirche in Deutschland bilden“. Weder der Synodale Weg noch eine Bischofskonferenz habe die Kompetenz, ihn auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene einzurichten. Der Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht darin nicht nur ein „Stoppschild“für dieses zentrale Reformvorhaben, sondern ein Ende des Synodalen Weges. Zumal Papst Franziskus das Schreiben „in forma specifica“approbiert und sich zu Eigen gemacht habe. Die Entscheidung sei damit nicht mehr anfechtbar.
Die Synodale Viola Kohlberger aus Landsberg am Lech, geistliche Verbandsleitung im Diözesanverband
Augsburg der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg, sagte unserer Redaktion am Dienstagvormittag, dass sie wütend sei. „Es wäre ein richtig großes Armutszeugnis für die Bischöfe in Deutschland und das Thema der Synodalität, wenn durch das römische Schreiben der Synodale Ausschuss und damit der Synodale Rat tatsächlich gestoppt werden würden“, kritisierte sie. „Was denkt ihr euch?“, wandte sie sich direkt an die Gruppe der fünf Bischöfe. Vom Augsburger Bischof Meier zeigte sie sich enttäuscht. Nichts werde in der Kirche besser, wenn man auf diese Weise Reformen blockiere.
Eigentlich sollte der Synodale Ausschuss den Synodalen Rat bis zum Jahr 2026 vorbereiten. Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Bätzing
Kurz erklärt: die wichtigsten Begriffe zur Debatte in der römisch-katholischen Kirche
betonte in einer von manchen Medien als kämpferisch empfundenen Erklärung, dass sich das Gremium innerhalb des geltenden Kirchenrechts bewege. Die in dem römischen Schreiben geäußerte Sorge, der Synodale Rat stehe über der Bischofskonferenz oder könne die Autorität der einzelnen Bischöfe aushebeln, sei nicht begründet.
Und: Ein großer Teil des Ständigen Rates habe „erneut den Willen bekräftigt (…), den Beschluss der Synodalversammlung zum Synodalen Ausschuss umzusetzen und die Beratungen aufzunehmen“, so Bätzing. Im Ständigen Rat der Bischofskonferenz ist jede Diözese durch ihren Bischof vertreten.
Ob sich Bischof Bertram Meier an der Arbeit am Synodalen Ausschuss beteiligen wird? Zu dieser Frage unserer Redaktion erklärte das Bistum Augsburg am Dienstagnachmittag, dass der Bischof den Brief aus Rom „sehr ernst“nehme – zumal er von den drei Kardinälen unterschrieben sei, die mit den deutschen Bischöfen im Rahmen des Ad-limina-Besuchs im vergangenen November in Rom das Gespräch geführt hätten. Der Papst persönlich stehe hinter dem Inhalt des Briefes, hieß es. Letztlich gehe es darum, ob der angedachte Synodale Rat dem katholischen Kirchenverständnis entspreche. Eine darüber hinausgehende Stellungnahme sei nicht möglich: Bischof Bertram Meier habe den Brief erst am Montag erhalten und müsse „über mögliche Konsequenzen reflektieren“. Kommentar