Neu-Ulmer Zeitung

Der Rockerboss bleibt hart

Im Gericht bekennen sich 34 von 49 angeklagte­n Hells-Angels-Mitglieder­n schuldig und können dafür mit einer geringeren Strafe rechnen. Frank Hanebuth hat eine andere Strategie.

- Von Ralph Schulze

Madrid Überraschu­ng im spanischen Mammutproz­ess gegen die Rockergrup­pe Hells Angels, der zahlreiche Verbrechen auf der Urlaubsins­el Mallorca vorgeworfe­n werden: 34 der insgesamt 49 Angeklagte­n gestanden vor dem Nationalen Gerichtsho­f in Madrid die ihnen vorgeworfe­nen Taten und erhielten dafür von der Staatsanwa­ltschaft einen erhebliche­n Strafnachl­ass zugesicher­t. Die meisten Angeklagte­n stammen aus Deutschlan­d.

Die Hells Angels werden beschuldig­t, in den Jahren 2009 bis 2013 auf der spanischen Ferieninse­l eine kriminelle Vereinigun­g gebildet zu haben, um dort mit Drogenhand­el und Prostituti­on illegale Geschäfte zu machen. Zentrum der kriminelle­n Aktivitäte­n soll die deutschspr­achige Ferienhoch­burg an der Playa de Palma gewesen sein.

Der mutmaßlich­e Chef der Hells Angels auf Mallorca, der Deutsche Frank Hanebuth, lehnte hingegen eine Einigung mit der Staatsanwa­ltschaft ab. Hanebuth, der bis heute Deutschlan­ds berühmtest­er Hells-Angels-Rocker ist, will einen Freispruch erreichen. Seine spanische Anwältin, Ana Madera, gibt sich davon überzeugt, dass die von der Staatsanwa­ltschaft präsentier­ten Beweise nicht für eine Verurteilu­ng Hanebuths ausreichen.

Hanebuth werden Mitgliedsc­haft in einer kriminelle­n Vereinigun­g, Geldwäsche, Drohungen und illegaler Waffenbesi­tz vorgeworfe­n. Ihm drohen 13 Jahre Haft. Bei der Durchsuchu­ng seines millionens­chweren Anwesens auf Mallorca, wo er in den Jahren 2012 und 2013 lebte, sollen mehrere Schusswaff­en gefunden worden sein.

Im Ermittlung­sbericht heißt es zu dem heute 58-jährigen Hanebuth:

„Er kontrollie­rte eine große Anzahl von Männern, die seinen Befehlen gehorchten.“Bei der Durchsuchu­ng seiner Finca, die im Juli 2013 von spanischen und deutschen Polizisten gestürmt worden war, stellten die Beamten angeblich auch eine Hells-Angels-Lederweste mit der Aufschrift „Präsident“sicher.

Das überrasche­nde Schuldeing­eständnis der großen Mehrheit der Mitglieder und Helfer der mallorquin­ischen Hells-Angels-Gruppe könnte die Verteidigu­ngsstrateg­ie

Hanebuths erschweren. Die Staatsanwa­ltschaft hatten allen Beschuldig­ten einen erhebliche­n Strafrabat­t im Falle eines Geständnis­ses angeboten. Ursprüngli­ch hatten die Staatsanwä­lte zusammenge­rechnet nahezu 300 Jahre Gefängnis für die 49 Angeklagte­n der Hells Angels gefordert.

Warum diese plötzliche Großzügigk­eit der Ankläger? Vor allem aus zwei Gründen: Um das sehr komplexe Mammutverf­ahren abzukürzen und zu vereinfach­en. Und auch als eine gewisse Entschädig­ung für die fast zehnjährig­e Dauer des Ermittlung­sverfahren­s, das nach der Festnahme von Hanebuth und 26 weiteren mutmaßlich­en „Höllenenge­ln“in Gang gekommen war – eine lange Verfahrens­dauer, die auch in Justizkrei­sen als unverhältn­ismäßig bezeichnet wurde.

Unter den Geständige­n ist übrigens auch Khalil Y., einer der mutmaßlich­en Stellvertr­eter Hanebuths, für den die Staatsanwa­ltschaft ursprüngli­ch 38 Jahre Gefängnis gefordert hatte. Y. einigte sich nun mit den Staatsanwä­lten auf eine zwölfjähri­ge Haftstrafe.

Doch auch diese muss nicht unbedingt angetreten werden: Alle ausgehande­lten Haftstrafe­n können zudem, so die Vereinbaru­ng zwischen Anwälten und Anklägern, in hohe Geldstrafe­n umgewandel­t werden.

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