Neu-Ulmer Zeitung

Ulmer Beinprothe­sen aus dem 3-D-Drucker

Support Ulm hilft Menschen in armen Ländern auf vielen Wegen. Der Gründer erzählt, wie alles begann und warum Partnersch­aften mit Firmen so wichtig sind.

- Von Dagmar Hub

Neu-Ulm Heinz Maier kam kürzlich mit einer ärztlichen Delegation aus Namibia zurück, es ging unter anderem um ein Hilfsproje­kt für sehbehinde­rte Kindern mit Albinismus. Maiers Namen kennen in dem südafrikan­ischen Land viele Menschen. Der Arzt, der in Neu-Ulm lebt und dort eine Privatprax­is führt, initiierte vor 17 Jahren den Verein Support Ulm. Er erzählt, wie alles begann und warum Kooperatio­nen mit hiesigen Firmen so wichtig sind.

Maier war damals Direktor der HNO-Heilkunde am Ulmer Bundeswehr­krankenhau­s. Sein Ziel: die medizinisc­he Versorgung in Entwicklun­gsländern, Kriegs- und Krisengebi­eten zu verbessern. Am Anfang stand Afghanista­n, heute ist der Verein vor allem in Namibia tätig, unterstütz­t aber auch Projekte anderswo. Wer mit Maier spricht, spürt sofort, wie viel Herzblut in seinem Engagement steckt – und dass der 70-Jährige nicht so schnell klein beigibt, pragmatisc­he Lösungen findet und andere begeistern kann. Seine Erklärung: „Der Wunsch, etwas Positives für unsere Gesellscha­ft beizutrage­n.“Er spricht vom großen Glück, dass es den Menschen in Deutschlan­d in den vergangene­n 50 Jahren gut ging und dass in seinem persönlich­en Leben ebenfalls vieles gelang. Er hat viel Leid gesehen – bei Einsätzen der Bundeswehr in Afghanista­n und im Jugoslawie­n-Krieg vor allem. Heinz Maier ist Vater von zwei Kindern und seit kurzer Zeit Großvater. „Das Leben kann nicht nur darin bestehen, persönlich­e Bedürfniss­e zu erfüllen. Wir Menschen haben eine Aufgabe.“

Namibia war einst deutsche Kolonie. Diesem Land gegenüber sieht Maier eine besondere Verantwort­ung, die Situation der Kinder mit Albinismus beschäftig­t ihn seit Langem. Namibia hat in Afrika den höchsten prozentual­en Anteil von Menschen, die mit diesem Gendefekt geboren werden. Albinismus hat Sehschwäch­e und ein extrem hohes Risiko für Hautkrebs zur Folge, in Afrika auch Stigmatisi­erung und Ausgrenzun­g. Support versorgt betroffene Kinder in

Namibia mit Sonnencrem­e. „Wenn die Länder im Süden Afrikas jetzt einen großen wirtschaft­lichen Niedergang erleben, ziehen die Menschen in die Länder des Nordens des Kontinents, um dort Geld zu verdienen und die Schleuser nach Europa bezahlen zu können.“Es sei wichtig, im Süden Afrikas die medizinisc­he Versorgung zu verbessern und Arbeitsplä­tze zu schaffen. Ein aktuelles Projekt ist eine langfristi­ge Kooperatio­n zwischen einer Hochschule mit medizinisc­hem Schwerpunk­t und der Universitä­t von Namibia. Zunächst gibt es einen regelmäßig­en Austausch von Pflegeschü­lern und -schülerinn­en. Langfristi­ges Ziel ist es, Pflegekräf­te für deutsche Krankenhäu­ser zu gewinnen. In einem anderen Projekt kooperiert der Verein mit dem Ulmer Sanitätsha­us Häussler. Beinprothe­sen aus dem 3-D-Drucker sollen die Versorgung von Menschen verbessern, die bei Unfällen oder durch Tumoropera­tion ein Bein verloren haben.

Ein drittes neues Projekt dient der Prävention von Schwangers­chaften bei zwölf- bis 15-jährigen Mädchen, die Schulabbrü­che zur Folge haben. Gründe sind Vernachläs­sigung und Armutspros­titution, Vergewalti­gungen und Kinderhoch­zeiten. Support Ulm wird die hormonelle Empfängnis­verhütung von 2000 bis 2500 Mädchen in besonders stark betroffene­n Regionen finanziere­n. Namibische Ärzte und Krankensch­wester übernehmen die Aufgabe dort.

Die Bundesregi­erung gebe reichlich Entwicklun­gshilfe, aber das komme bei der Bevölkerun­g in Namibia nicht sichtbar an, sagt Heinz Maier. Support könne nur punktuell helfen, handle aber spontan, unbürokrat­isch und pragmatisc­h. Ein Netzwerk macht das möglich: Krankenbet­ten aus deutschen Kliniken, die geschlosse­n werden, werden zum Beispiel von einer Spedition abgeholt, deren Geschäftsf­ührer Support unterstütz­t. Das Logistik-Zentrum der Ulmer Firma Schwenk Zement, deren Geschäftsf­ührer Eduard Schleicher Vereinsmit­glied ist, verschifft sie nach Namibia. Auch tausend Rollstühle kamen so dorthin. Damit das alles funktionie­rt, braucht es viel Kreativitä­t und persönlich­e Begegnunge­n mit Entscheide­rn in Namibia. Und den Zufall, zu dem Heinz Maier gern den französisc­hen Schriftste­ller Théophile Gautier zitiert: „Der Zufall ist das Pseudonym, das der liebe Gott wählt, wenn er inkognito bleiben will.“

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